Textatelier
BLOG vom: 15.09.2005

Bananenrepublik USA: Kapitale Böcke und arme Teufel

Autor: Heinz Scholz

Als ich am 11. 09. 2005 die alten Ausgaben der „Reservisten-Rundschau“ durchblätterte (die „RR“ gab ich nach meiner Bundeswehrzeit von 1968 bis 1977 in 73 Ausgaben heraus), entdeckte ich in der Ausgabe 1972-03 eine Pressemeldung von Hampit (gp) über die damaligen Zustände in den USA. Nach den unbeschreiblichen Ereignissen in New Orleans nach „Katrina“ ist dieser Bericht aktueller denn je. Hier die Pressemeldung in Auszügen:

„Da in den USA Armut eher Verachtung als Mitleid auslöst, haben Tausende von Arbeitslosen in der amerikanischen Hafenstadt Seattle von ihrer Umgebung nichts zu erwarten. – Schliesslich gibt es 5 Millionen Arbeitslose in den USA. Aber siehe da, plötzlich tauchte ein Retter in der Not auf. Im japanischen Kobe, der Patenstadt von Seattle, sammelte der CVJM für die armen Teufel von Amerikanern und schickte nicht nur Konserven, sondern überwies auch Geldspenden. Daraufhin entdeckte plötzlich auch das amerikanische Landwirtschaftsministerium die Arbeitslosen von Seattle und liess Vorratssilos öffnen. Damit ist es vorläufig mit dem Hunger vorbei (...) Die japanische Spende für bedürftige Amerikaner verursachte jedenfalls einen gehörigen Wirbel. Der demokratische Senator Magnuson fand es ‚beschämend’, dass ein anderes Land mehr für die hungernden Einwohner tat als die zuständigen Behörden in der Heimat. Weniger idealistisch reagierten die Reichen im Lande, wie eine englische Zeitung zu melden wusste. Die Begüterten in Seattle haben sich masslos erregt. Leider nicht über das Elend der Arbeitslosen, sondern über die Tatsache, dass Japaner an Amerikaner Almosen verteilen.

Man bemerke: Gelbe halfen Weissen! Da steht ja die Weltordnung kopf. Aber wenn die USA weiterhin kostenspielige Kriege führen, werden eines Tages die Schwarzen in Afrika für notleidende Amerikaner Bananen sammeln müssen ...“

Nach den Verwüstungen von „Katrina“ wurde wieder die grosse Armut, die besonders in der schwarzen Bevölkerung herrscht, ins Bewusstsein der Weltöffentlichkeit gerückt. Aber auch die Unfähigkeit der Politiker, die lieber Kriege führen wollen als den Armen zu helfen und für deren Sicherheit zu sorgen (so waren zum Beispiel die Dämme nur für einen Hurrikan der Stärke 3 ausgerichtet). Dazu Jean-Jacques Bertschi aus Wettswil am Albis in einem Leserbrief der „NZZ“ vom 12. 09. 2005:

„... Das Ausmass des Versagens wird nur fassbar, wenn man annimmt, dass der Zerfall vieler staatlicher Einrichtungen auch auf die Fähigkeit zum Mitgefühl und zur Solidarität übergegriffen hat. Da der einfache Amerikaner aber – wie ich aus eigener Anschauung weiss – äusserst spontan, zupackend und hilfsbereit ist, ist die dumpfe Gefühlskälte der Regierenden gegenüber dem Schicksal von New Orleans wohl zum ‚Privileg’ der gehobenen, gut gebildeten Schichten geworden. Das muss man im Interesse der Sache (nicht aus Schadenfreude!) beim Namen nennen, bevor die mächtigste Nation der Welt noch kapitalere Böcke schiesst!“

Nachdem die berühmte Bananen- und Tabak-Republik Kuba Hilfe angeboten hat – Fidel Castro tat es höchstpersönlich –, könnte man den Verdacht hegen, dass die USA zu einer neuen Bananenrepublik geworden sind. Dieses marode Land wird die kubanische Hilfe sicherlich nicht annehmen (auch andere Hilfsangebote wurden abgelehnt), denn eine solch überhebliche Nation wird weiterhin die Armut negieren und behaupten: Wir als Weltmacht sorgen auch im eigenen Land für eine soziale Sicherheit (in Wirklichkeit haben die US-Politiker kein Herz für die grassierende Armut im eigenen Land, schon eher für die Rüstungsindustrie).

„Es bleibt zu hoffen, dass in den USA ein Umdenken einsetzt, welches die soziale Zersplitterung nicht einfach als schicksalhaft hinnimmt. Gleichgültigkeit gegenüber einer Kultur der Gleichgültigkeit darf es niemals geben“, so Karl Brunner in einem Leserbrief an die „NZZ“ vom 12. 09. 2005.

Persönlich hoffe ich, dass es kriegsähnliche innerstaatliche Zustände zwischen Reich und Arm in den USA inskünftig nicht mehr geben wird. Aber da bin ich wohl der Einzige, der noch ein Fünkchen Hoffnung hat ... Nach den jüngsten Ereignissen braucht es nicht mehr viel, bis auch dieses erlischt.

Hinweise auf Blogs zum Thema „Armut in den USA 

11. 09. 2005: „Reflexionen über religiöse Dimensionen der US-Kriegswut“

03. 09. 2005: „New Orleans: Katastrophenbewältigung mit Schiessprügeln“

22. 03. 2005: „Die Schulmassaker, deren Vorbilder und die Indianer“

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