Textatelier
BLOG vom: 05.07.2006

Warten auf waschechte Gewitterfreuden in Wimbledon

Autor: Emil Baschnonga
 
Nach stickig heissen Tagen ballen sich heute Mittwoch die Wolken über London. Ich warte jetzt darauf, dass sie mir einen Platzregen in den Garten schicken. Dieses Geschenk des Himmels kostet nichts, ebenso gratis sind die sie begleitenden Zugaben – Blitz und Donner. Hier bejubele ich im Voraus die Wohltat eines rassigen Gewitters. Von den üblen Folgen will ich diesmal nichts wissen.
 
Die herrlichsten Gewitter genoss ich u. a. in Delémont, Basel, Paris, Granada und selbst in Marrakesch. Jetzt ist die Reihe an London, genauer der Randbezirk Wimbledon, wo ich das Spektakel erwarte. Wird es über die Tennisplätze herunter prasseln? Mannschaften werden blitzrasch die grünen Plastikrollen über die Plätze ausrollen. Die Rasen werden ums Nass geprellt, nicht so die Zuschauer.
 
Bis auf den gestrigen Tag warnten die Zeitungen vor Hitzeschlag und rieten zu Schutzmassnahmen. In den Bussen und Untergrundbahnen kletterte die Temperatur auf über 40 ºC. Die Leute suckeln ihre Wasserschoppen.
 
Wie soll ich mir die Wartefrist verkürzen? Auf dem Gartentisch schmirgle und schabe ich eine lange verschnörkelte Kleiderablage aufs Holz zurück. Ich hatte sie aus einem Skip (Abfallcontainer) gerettet. Sie ist handgeschnitzt und stammt aus der englischen „Arts & Crafts“-Periode. Was die Leute nicht alles wegwerfen, um mich zu unterhalten!
 
Es beginnt zu tröpfeln, und ich bringe die Ablage ins Trockene. Die Farbbüchsen stelle ich vorsorglich unter den Gartentisch. Fehlalarm. Soll ich es jetzt wagen, den Grundanstrich zu pinseln? Ich lasse es bleiben, denn aus Erfahrung weiss ich, dass der Himmel ausgerechnet dann die Schleusen aufdrehen würde. Schliesslich will Petrus am grossen Wasserhahn seinen Spass haben. Ich glaube, er hat es persönlich auf mich abgesehen und lässt mich im Ungewissen zappeln: Nichts geschieht.
 
Wenn nichts geschieht, ist meine heutige Blog-Absicht durchkreuzt, es sei denn, ich erfinde das überfällige Gewitter. Also denn: Wimbledon liegt auf einem Hügel, doch die Tennisplätze sind in einer Mulde, die das Wort Talsohle nicht verdient. Ich radle ins Wimbledon Village.
 
Über dem Kriegsdenkmal beim Common hat sich eine Wolke dunkel aufgebläht. Jedes Kriegsdenkmal verdient eine solche Wolke, denke ich, wie ein Blitz zuckt und es fast gleichzeitig donnert. Pflotschnass erreiche ich den Unterstand beim „Dog & Fox“.
 
Dahinter sind Stallungen. Die Pferde und Ponys mit Reitern sind allesamt auf Ausritt im Common. Sie haben (ich meine damit nur die Rösser und nicht die Reiter) auf dem Vorplatz des Pubs ihr Fallobst – saftige Pferdeäpfel − hinterlassen. Diese duften himmlisch und sind vom Regen weich gepeitscht. Die Brühe erreicht den Rinnstein und treibt mit Schluckauf gegen die Dohle. Eine Riesenlache entsteht. Daraus springen die Tropfen empor und gleichen dabei Schachfiguren – vom Bauer bis zur Dame und zum König, wohl von der Pfützentiefe bestimmt. Auch der Asphalt duftet. Einige rücksichtslose Fahrer von „Chelsea tractors“ (Traktoren) verspritzen Wasserfontänen. Ich springe zurück. Mein vom Dreck verkrustetes Velo wird dabei blitzblank gewaschen.
 
Ich brauche jetzt wirklich ein waschechtes Gewitter, um meine Erinnerungen aufzufrischen! Ich habe noch eine Stunde Zeit, um mich meinen Farbtöpfen zu widmen, ehe Roger Federer gegen den Kroaten Mario Ancic ins Spiel kommt – und er hat den 4. Wimbledon-Titel in Serie geschafft.
 
Wenn kein Gewitter über Wimbledon nieder geht, wird es gewiss anderswo geschehen. Gegen Abend werde ich mich aufs Velo schwingen, um beim „News Agent“ die Zeitung zu holen. Wer weiss, vielleicht prasselt es dann los, genau so, wie hier beschrieben.
 
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