Textatelier
BLOG vom: 19.11.2006

Hypnose gegen Sorgen: Mit oder ohne Wimpernzucken

Autor: Emil Baschnonga, London
 
Mit einem guten Bekannten und Kollegen teilte ich nach dem Arbeitstag einen Schoppen Wein im Ratshauskeller. Mein Gegenüber war verärgert. Sein Chef hatte ihn – im Beisein von anderen Mitarbeitern – angepöbelt „Das hätte er nicht tun sollen“, gab ich ihm Recht. Dieser von Machtgelüsten getriebene Vorgesetzte hatte auch mich wiederholt aufs Korn genommen.
 
„Ich werde ihm ins Gesicht sagen, was ich von ihm denke“, sagte Hermann, noch immer siedheiss zornig.
 
„Lass dich nicht hinreissen. Es gibt gewiss subtilere Arten, um ihm heimzuzahlen“, befand ich.
 
„Wenn ich ihn nur hypnotisieren könnte“, meinte Hermann und nahm einen tiefen Schluck aus seinem Rotweinkelch.
*
Jetzt rutsche ich in mein Blog: Ich gestand ihm, dass ich einst als 12-Jähriger den ernsthaften Versuch gemacht hatte, ein „Hypnotiseur“ zu werden. Im Nachttischchen meines Vaters ergatterte ich einen vergilbten Leitfaden zur Hypnose. Darin waren allerlei Übungsbeispiele eingeflochten. Ganz am Anfang war eine kreisrunde Scheibe mit schwarzem Mittelpunkt abgebildet, wie eine verkleinerte Zielscheibe. Es galt, den kraftvollen Blick zu stählen. So klemmte ich das Heft in den Notenständer und setzte mich davor. Wie lange konnte ich ohne Wimpernzucken auf den schwarzen Punkt starren? Nach etlichen Wochen brachte ich es auf über 3 Minuten: Kein Lidschlag, selbst als Tränen aus meinen Augen kullerten. (In der Regel blinzelt der Mensch zwischen 10 bis 15 Mal in der Minute.)
 
Dieser Ratgeber empfahl alsdann, den auf diese Weise gestählten Blick auf Vögel, Katzen und Hunde zu richten, verbunden mit der Suggestion „Rührt euch nicht!“. Die Katze vor dem Mausloch tut es ja auch so: Sie blinzelt nicht und suggeriert: „Maus heraus!“
 
Ich hatte einen Anfangserfolg, wie ich unsere Hauskatze anstarrte. Sie schlief zusammengekringelt auf dem Sofa. Verwundert erwachte sie, als ich sie aus etwa 30 Zentimeter Entfernung ins Auge nahm. Wir beide starrten einander ohne zu blinzeln an. Und wirklich, nach einem Weilchen drehte sie den Kopf ab und legte ihn aufs Fell. So hatte ich sie wirklich in Schlaf versetzt. Sie rührte sich nicht mehr. Leider gelang es mir nicht, selbst einen einzigen Vogel zu bannen. Enttäuscht versorgte ich das Heftchen wieder im Nachttischchen meines Vaters.
 
„Wie bist du auf diesen Einfall gekommen?“ wollte Hermann wissen.
 
„Es gab damals einen Lehrer, schlimmer noch als unser Chef, dem ich das ,Handwerk’ legen wollte … er verteilte viele Ohrfeigen und Tatzen (Schläge auf die Hand mit einem Lineal).“
 
Immerhin war Hermanns Zorn inzwischen merklich abgeflaut. „Mal sehen, wer von uns zuerst blinzelt?“ forderte er mich heraus. Wir starrten einander in die Augen. Er verlor innerhalb von 30 Sekunden. „Du siehst, was man einmal erlernt hat, vergisst man nicht“, prahlte ich.
 
*
Das Thema beschäftigte uns über den Schoppen hinweg auf dem Heimweg. „Meines Wissens gibt es keine Psychologie übers Blinzeln“, stellte ich fest. Wir beschlossen das Thema zu untersuchen und über unsere Beobachtungen ein Notizbuch zu führen.
*
Mit Lidschlägen halten wir unsere Augenäpfel feucht. Sie wischen auch Staub aus den Augen. Wer lange vor dem Bildschirm sitzt, bekommt leicht trockene Augen und sollte bewusst blinzeln. Blinzeln wir rasch hintereinander, gelingt es uns nicht mehr, zu lesen. Unsere Vision ist zerhackt. Wer stark ermüdet ist, dessen Lider sinken tiefer und tiefer, bis er einnickt. Er hat ausgeblinzelt.
 
Folgende Fragen will ich abklären: Blinzelt jemand rascher oder langsamer, wenn er lügt, gerügt wird, verlegen, zornig oder entspannt ist, überrascht wurde, aufschreckt? Vorderhand ist diese Untersuchung noch im vollen Gang. Allfällige Befunde werde ich dem werten Leser und der werten Leserin nicht vorenthalten –, und während ich dies schreibe, zwinkere ich listig.
 
Vielleicht werde ich dann auch verraten, wie wir dem machtbesessenen Chef beigekommen sind.
 
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