Textatelier
BLOG vom: 04.01.2007

Natascha Kampusch: Das Schweigen des Opferlamms

Autor: Emil Baschnonga, London
 
„Natascha Kampusch: Das Schweigen des Opferlamms“: So lautete der Titel eines weitschweifigen Artikels am 10. Dezember 2006 im „Sunday Times Magazine“, den ich erst heute zuerst flüchtig und dann nochmals aufmerksamer gelesen habe.
 
Das unverhoffte Auftauchen des verschollenen10-jährigen Mädchens Natascha Kampusch als 18-jähriges Geschöpf beschäftigt die Medien weiterhin. Sie soll vom damals rund 35-jährigen Wolfgang Priklopil auf ihrem Schulweg abgefangen worden sein. Über 8 Jahre lang war sie seine Gefangene im Bunker seines Hauses an der Heinestrasse in Strasshof ausserhalb Wiens.
 
Sie entfloh ihm, als er ihr, von einem Handyanruf abgelenkt, den Rücken kehrte. Sie war dabei, sein Auto, einen roten BMW, auf dem Standplatz am Ende des Gartens zu reinigen. Um die Mittagszeit des 23. August 2006 gelang ihr die Flucht. Im Verlauf des Nachmittags fuhr Priklopil mit dem Auto ins Donauzentrum und telefonierte seinem Freund, damit er ihn dort dringend abhole. Dieser erschien innert 10 Minuten beim Donauzentrum.
 
Eine Minute vor 9 Uhr wurde Priklopil von einem Zug aus dem Nordbahnhof in Wien überfahren. Hatte er wirklich Selbstmord begangen? Es gab eine Zeitlücke von 4 oder 5 Stunden nach dem letzten Treffen mit seinem Freund und Geschäftspartner Ernst Holzapfel.
 
An einer Pressekonferenz, von seiner Schwester straff überwacht, las Ernst Holzapfel von einem vorbereiteten Text ab, wonach ihm sein Freund gestanden habe, wegen eines leichten Autounfalls einem Streifenwagen entflohen zu sein … Er verweigerte jede weitere Auskunft.
*
Es liegt mir nicht, hier in die Sensationshascherei der Presse einzugehen. Ich erinnere mich jedoch an den spannenden Kriminalroman von Friedrich Dürrenmatt „Der Richter und sein Henker“, und ich bedaure nur, dass der alte Kommissär Bärlach nicht mehr da ist, um den Spuren des wahren Geschehens nachzustöbern und diese zu sichern. Ich kann mir vorstellen, dass Bärlach viele Fingerzeige im Fall „Kampusch“ entdeckt hätte, etwa in folgende Fragen umgemünzt:
 
Wie kommt es, dass Natascha wusste, wo Priklopil ihren Pass versteckt hatte? Ich nehme nicht an, dass Natascha ihren Pass im Schulränzel gehabt hatte.
 
Das wirft die Frage auf: War Nataschas Mutter, Frau Brigitta Sirny, dem Entführer ihrer Tochter begegnet, etwa in der Grill-Bude „Christine’s Schnellimbiss“?
 
Warum gelang es Natascha nicht, Priklopils Handy zu ergattern und die Polizei zu alarmieren?
 
Der technisch bewanderte Priklopil – zuletzt ein Installateur von Alarmanlagen – hat wahrscheinlich Natascha während der 8 Jahre öfters gefilmt und fotografiert. Wurden solche Aufnahmen gesichert?
 
Wie viel wusste Ernst Holzapfel über Natascha? Schliesslich hatte Priklopil sie ihm vorgestellt. Die Freunde kannten einander ja seit 20 Jahren. Das dürfte einen Rattenschwanz von weiteren Fragen auslösen.
 
Was ist/war die Rolle ihres Mediaberaters Dietmar Ecker?
 
Hatte Priklopils Mutter wirklich keine Ahnung, dass ihr Sohn im Hause, das sie regelmässig aufsuchte, eine Gefangene hielt? Sie bereitete viele Mahlzeiten vor und kochte, laut Bericht, für Tage vor. Sie übernachtete auch in diesem Haus, steht in der Presse geschrieben.
 
Eine Frisörin suchte regelmässig das Haus auf und sah nach dem Haar der Mutter und des Sohns. Wer pflegte Nataschas Haare? Wer besorgte ihre Wäsche? Wie kam die heranwachsende Natascha zu neuen Kleidern?
 
Konnte Natascha schwimmen, Rad oder sogar Ski fahren? Wie oft kam sie während den 8 Jahren an die frische Luft und unter die Sonne – und während gemeinsamen Einkäufen mit Priklopil auch unter die Leute? Schade, dass es ihr dabei nicht in den Sinn kam, einen Ladendiebstahl zu begehen, um Alarm auszulösen.
*
Damit ist der Fragenkatalog keineswegs erschöpft für einen künftigen Bärlach oder Sherlock Holmes.
 
Offen gestand Natascha während ihres 2. Interviews am 11. Oktober 2006, dass sie gern Journalistin und Buchautorin werden möchte und erst noch Schauspielerin.
 
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