Textatelier
BLOG vom: 18.03.2007

Erinnerungen an erste Erfahrungen mit meinem Computer

Autorin: Rita Lorenzetti, Zürich
 
Elsbeth wollte von mir wissen, wie ich mit der digitalen Fotografie umgehe. Es interessierte sie vor allem, wie Bilder aus dem Fotoapparat herausgeholt und zum Entwickeln in ein Labor geschickt werden. Sie war ungeduldig, weil ihre 900 Aufnahmen von einer Asienreise im Moment nur am Bildschirm des Computers ihres Mannes angeschaut werden können.
 
Ich zeigte ihr den ganzen Vorgang in allen Schritten. Langsam. Sie staunte und fand, das sei ja Zeitverschwendung. Schon trauerte sie der klassischen Fotografie nach. Andererseits hatte sie aber begriffen, dass die digitale Fotografie den Vorteil besitzt, schlechte Bilder einfach löschen zu können. Der Schein trügt uns oft. Auch ich schaute vor Jahren noch wie ein Kind auf die Hände, die eine Tastatur bewegten und in Windeseile Informationen hervorbrachten. Der Computer erschien als Teufelskerl, der alles weiss, alles greifbar machen kann. Subito. Welche Illusion!
 
Elsbeth vergass auch, dass sie in ihrem Beruf als Batik-Künstlerin ebenso viele vorgegebene Schritte befolgen muss, wenn ihr Werk gelingen soll. Aber gerade weil sie gerne experimentiert und Grenzen überschreitet, erscheint ihr die strenge Logik des Computers extrem zeitaufwendig. Ich holte meine Notiz-Bücher hervor und zeigte ihr, wie ich vorgehen gelernt habe. Jeder Schritt wurde aufgeschrieben, damit er in immer gleicher Art wieder nachvollzogen werden kann. Sie schüttelte nur den Kopf. Nein, darauf wolle sie sich nicht einlassen.
 
Dieses Gespräch hallt nach und führt mich an die Anfänge meines persönlichen Computer-Zeitalters zurück. Auch ich war einmal unsicher und voller Vorurteile.
 
Es wurde mir zu jener Zeit eine Stelle angeboten, für die der vertraute Umgang mit dem Computer zwingend war. Die beiden vorgängigen Versuche, in Kursen zur sicheren Handhabung des Computers zu gelangen, waren kläglich gescheitert. Ich gehöre zu jenen Personen, die einzelne Schritte erst verinnerlichen, wenn sie über längere Zeit geübt werden können. Eine allgemeine Vermittlung prallt an mir ab. Ich brauche Praxis und persönliche Hilfe. Ich muss Fehler machen dürfen und daraus lernen. Das ist für mich der erfolgreiche Weg. Nur mit einem Handbuch allein hätte ich es nie geschafft, mich in der Computer-Welt einzurichten. Hilfreich waren das Wissen und das pädagogische Geschick unserer Tochter Letizia, die mich geduldig anleitete, unterstützte und ermunterte. Zu Abstürzen oder Blockaden sagte sie nur: „Mami, das ist Alltag!“ Das durfte ich so hinnehmen und jeweils neu beginnen.
 
Jener Augenblick, als ich ihr wegen der angebotenen Arbeit anrief und zur Begrüssung „Hilfe!“ rief, ist uns in lebendiger Erinnerung geblieben und markiert die Zeitenwende meiner Stellung als Mutter. Plötzlich konnte das „Kind“ die Mutter an der Hand nehmen.
 
Ich erinnere mich auch, wie ich den Computer gefühlsmässig in mich aufnahm. Ich fühlte diesen viereckigen Allerweltskerl schwer auf meiner Brust. Seine Starrheit und seine Bedingungen waren nicht anzutasten. Darum erschien er mir anfänglich wie ein Gefängnis. Manchmal hätte ich ihn am liebsten aus dem Fenster geworfen, doch wusste ich immer, dass ich es wäre, die alles Zerschmetterte wieder auflesen und zurücktragen müsste. Oft genügte es in solchen Augenblicken, dass ich vom Schreibtisch aufstand, weglief, zurückkam und weitermachen konnte.
 
Es gefiel mir aber mehr und mehr, dass er nach Ordnung verlangte und der Jugend das Folgen (Gehorchen) wieder beibrachte.
 
Anfänglich fühlte ich mich aber losgelöst von allen Erfahrungen, schwebend im Kosmos. Ich fand Halt an den guten alten Begriffen wie Datei, Dokument, Ordner, Papierkorb oder im E-Mail „senden“ und „empfangen“. Diese gab es hier also auch. Ganz besonders freute mich, dass ich im „Word“ mit Menus zu tun hatte, wie in meiner Küche.
 
Mittlerweile sind wir gute Freunde geworden. Er weiss, was ich brauche und offeriert mir die für mich und meine Aufgaben wichtigen Domänen und manchmal flüstert er mir zu, es gäbe noch soooo viel zum Entfalten, wenn ich nur wollte.
 
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