Textatelier
BLOG vom: 27.10.2009

Gartenkreuzspinne im Fokus: Lebensgefahr fürs Männchen

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D
 
Anfang Oktober 2010 wurde ich von unserer Nachbarin Karin Greiner auf das Netz einer Kreuzspinne in ihrem Vorgarten aufmerksam gemacht. Sie sagte, sie füttere die Spinne öfters mit Schaben aus einem alten Holzstamm. Das vielleicht 25 cm grosse kreisrunde Radnetz befand sich zwischen 2 Blütenständen einer Canna-Pflanze. Am Rande des kunstvoll gesponnenen Netzes lauerte die Spinne auf Beute. Eine weitere Spinne war in ihrem Netz in einer Hecke zu sehen.
 
„Schaut her, ich will Euch einmal zeigen, was die Spinne mit ihrer Beute macht“, sagte die Nachbarin zu meinen Enkelkindern, die das „Schauspiel“ ebenfalls betrachten wollten. Karin warf eine kleine Schabe in das Netz. Sofort kam die Spinne herangekrochen und umwickelte die Beute mit ihrem Spinnenfaden zu einem Paket. „Die Spinne umwickelt immer ihre Beute so, wenn sie keinen Hunger hat“, erklärte meine Nachbarin. Erst später, wenn sie der Hunger plagt, saugt die Spinne ihre eingepackte Beute aus. Im Netz sahen wir kleine Fliegen, aber auch unverdauliche Reste von früheren Mahlzeiten. Diese Reste verschwanden später, wohl deshalb, wie die Spinne ihr Nest immer sauber hält.
 
Bald darauf zückte ich meine Digitalkamera und machte Aufnahmen. Die zwischen den Canna-Stengeln befindliche Spinne liess sich durch eine Blitzaufnahme nicht stören, während die andere auf der Hecke blitzschnell an den Rand ihres Netzes sauste.
 
Wie ich mir sagen liess, wartet die Spinne am Rande des Netzes auf Beute. Sie kann aber auch ausserhalb des Netzes auf Beute lauern. Sie wird dann mit Hilfe eines Signalfadens, der mit dem Schlupfwinkel verbunden ist, sofort informiert, wenn sich eine Fliege oder anderes Getier im Netz verfängt.
 
Meine Enkelkinder waren hellauf begeistert. Sie hatten so etwas wohl noch nie gesehen. Es war ein lebendiger Naturkundeunterricht.
 
Ich erklärte dann den Kindern noch, warum die Spinne Kreuzspinne heisst. Sie hat typische Kreuzflecken auf dem vorderen Hinterleib. Das Kreuz besteht immer aus 5 Flecken, nämlich 4 länglichen und einem weissen kreisrunden Fleck in der Mitte.
 
Als Blogger wollte ich jedoch mehr über die Kreuzspinne wissen. Und da gab es in der Tat einige Überraschungen.
 
Das Blumenrohr
Zunächst informierte ich mich über die Canna-Pflanze, die ich unter diesem Namen noch nicht kannte. Die Pflanze wird auch als Blumenrohr bezeichnet. Die Canna ist die einzige Gattung der Familie der Blumenrohrgewächse (Cannaceae). Auch das wusste ich nicht: Die Pflanze gehört zur Ordnung der Ingwerartigen (Zingiberales). Es gibt 10 bis 20 Arten. Manche sind in den Tropen zu Hause, andere wachsen bei uns als Zierpflanzen in Parks und Gärten. Das Blumenrohr wurde schon 1570 als Zierpflanze in Europa eingeführt.
 
Ist der Biss für den Menschen gefährlich?
Weltweit gibt es etwa 38 000 Webspinnen und Echte Spinnen. Die meisten kommen in den Tropen vor. Bisher wurden 1300 Arten in Europa entdeckt (Deutschland: 1004, Österreich: 984, Schweiz: 945, Stand vom 26.02.2005). Nur 30 Arten haben ein Gift, das auch für den Menschen gefährlich ist. Aber konzentrieren wir uns auf die Kreuzspinne.
 
„Haltet Euch von Kreuzspinnen fern, die sind giftig“, so wurden wir in jungen Jahren immer wieder gewarnt. Auf Grund dieser Äusserung hielten wir respektvollen Abstand von dieser Spinne. Dazu ist zu sagen, dass der Kreuzspinnenbiss für den Menschen ungefährlich ist. Der Biss kann die Haut nicht immer durchdringen. Dünnhäutige Menschen jedoch, wie dies bei Kleinkindern der Fall ist, kann ein Biss schmerzhaft sein. Es besteht jedoch auch hier keine Gefahr einer Vergiftung.
 
Das Gift wird übrigens aus den kleinen Fangarmen, die innen hohl sind, in die Beute gespritzt. Nach der Lähmung der Beute spritzt die Spinne Verdauungssäfte hinein, um die essbaren Nahrungsbestandteile innerhalb der Chitinschicht aufzuschliessen. Dann kann sie mit dem Festmahl beginnen, indem sie die Nahrung heraussaugt.
 
Schon in meiner Jugend bewunderte ich immer wieder die schönen Netze der Spinnen. Damals machte ich mir noch keine Gedanken, wie die Spinne dieses Kunstwerke der Natur fertig bringt. Erst im Naturkundeunterricht erfuhr ich Näheres. Vieles wurde dann im Laufe der Zeit vergessen. Nun war wieder eine Auffrischung des Wissens angesagt, zumal ich wissbegierige Enkelkinder habe.
 
Die Spinne gibt die Spinnfäden aus ihren Spinnwarzen ab. Damit ist sie befähigt, das schöne Radnetz zu schaffen und auch Beute einzuwickeln. Wenn die Spinne im Herbst die Eier in Kokons packt, benutzt sie Spinndrüsen am Hinterleib. Die Spinne produziert nicht nur eine Sorte Fäden, sondern mehrere. Sie kann klebrige Fäden für das Fangnetz, feste Fäden zur Befestigung der Netze und sehr feine Fäden zum Bau des Eikokons herstellen. Da kann man nur so staunen, wie wunderbar die Abläufe in der Natur sind.
 
Männliche Spinnen in Todesgefahr
Im August beginnt die Paarung, die für das kleinere Männchen lebensgefährlich ist. Das Weibchen ist Ihrem „Ehemann“ nach der Begattung nicht gerade wohl gesinnt: Danach ist nämlich das grosse Fressen angesagt. In den meisten Fällen wird das Männchen „gefressen“.
 
„So soll es auch sein“, meinte meine Nachbarin als ich ihr das erzählte. Und ich entgegnete, dass ich zum Glück kein Spinnenmännchen sei.
 
Wie geht die Paarung vor sich? Wenn das Männchen seine Spinnenfrau ausgesucht hat und zur Paarung bereit ist, zupft der Spinnenmann an einem Bewerbungsfaden am Netz. Durch die Erschütterung kann das Weibchen das Männchen durch „Hörhaare“, die sich an den Beinen befinden, erkennen. Die Paarung dauert nur wenige Sekunden. Sie kann je nach Lust und Laune des Pärchens wiederholt werden.
 
Im Herbst legt die Spinnenfrau ihre Eier in gelben Kokons ab. Hat die Spinne ihren letzten Kokon abgelegt, stirbt meistens auch das Weibchen.
 
Die Spinnen haben nur Vögel als natürliche Feinde. Es gibt jedoch parasitäre Schlupfwespen, die ihre Eier am Körper junger Spinnen festheften können. Dann wird es für die Spinne gefährlich: Sie wird von der Schlupfwespenlarve aufgefressen.
 
So schön und wunderbar, wie die Natur ist, kann sie auch grausam sein. So hat alles ihren Lauf in dieser Welt. „Die Natur macht nichts vergeblich“, äusserte einst der weise Aristoteles.
 
Wir sollten die Spinnen schützen und diese nicht jagen und zerdrücken. Johann Wolfgang von Goethe sagte in „Divan, Buch der Sprüche“ dies: 
„Als ich einmal eine Spinne erschlagen,
dacht ich, ob ich das wohl gesollt?
Hat Gott ihr doch wie mir gewollt
einen Anteil an diesen Tagen!“
 
Internet
de.wikipedia.org/wiki/kreuzspinnen
 
Hinweis auf einen weiteres Blog zur Kreuzspinne
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