Textatelier
BLOG vom: 02.11.2010

Liebe zur Barock-Musik: Die Leier-Konzerte von Haydn

Autor: Emil Baschnonga, Aphoristiker und Schriftsteller, London
 
Ein Stapel von alten Schallplatten luden mich am letzten Samstag auf dem Ramschmarkt, wie so oft zuvor, zum Stöbern ein. Dort fand ich die 3 „Lira Concerti“ von Joseph Haydn, die er im Auftrag des Königs Ferdinand von Neapel komponiert hatte.
 
Diese Schallplatte der Marke „turnaround“, in London wohl um 1966 gepresst, war tadellos erhalten. Sie hat auf mich gewartet, um erstmals auf den Plattenteller gelegt zu werden. Diese Concerti wurden von deutschen Instrumentalisten gespielt. Jigo Rolf spielte die Laute, von Violinen, Violen und einer Viola da Gamba (Kniegeige) begleitet.
 
Meine Vorliebe für Barockmusik, auf alten Instrumenten gespielt, hat mir auch diesmal einen Ohrenschmaus bereitet. Es ist das 1. Mal, dass ich die Klänge dieses uralten – und heute vergessenen –Instruments* hörte. Die Ausdrücke Leierkasten und Leierei werten das Instrument, sprachlich wenigstens, auf monotones Gefasel ab.
 
Diese Leier, auch „lira organizzata“ genannt, wurde auf den Knien gehalten. Der Spieler dreht mit der rechten Hand die Kurbel des Instruments – man denkt dabei unwillkürlich an eine Drehorgel – und bedient mit der linken die Tasten, die jenen eines Pianos gleichen. Auf diesem kurbeligen Umweg erklingen bald dunkel-kehlige Orgelklänge oder langgezogene Laute, die eher an den Dudelsack erinnern, bald entlocken die Finger Töne, wie von Streichinstrumenten ausgelöst. Ich unterbreche hier diese eher technisch anmutende Beschreibung, damit die Töne nicht verharzen …
 
Nein, die Leier ist keineswegs ein Soloinstrument und muss sich folglich bescheiden ins „Ensemble“ einfinden, ganz im Gegensatz etwa zu Haydns 3 Orgel-Konzerten. Haydn hat dennoch für die Leier einige kurze Soloeinlagen eingefügt. Damit hat er gewiss seinen Spass gehabt, als er diese 3-sätzigen Stücke komponierte und dabei auch Teile aus anderen seiner Kompositionen eingeflochten hat. Obendrein wurde er vom König von Neapel fürstlich bezahlt … Leider lässt sich dieser Ohrenschmaus nicht in Worte fassen.
 
Ich traue mir zu, dass ich dieses Instrument, Engelsgeduld vorausgesetzt, halbwegs in den Griff bekommen könnte, obwohl es eine gewisse Fingerfertigkeit erheischt. Irgendwo in einem Schober oder Estrich mag eine verstaubte Leier herumliegen. Ich wäre ein Abnehmer für eine solche alte Leier, sofern die mechanischen Teile einigermassen funktionieren. Vielleicht kann mich ein Leser, eine Leserin damit beglücken.
 
*Anmerkung: Eine neu gestaltete Leier, die „Gärtner-Leier“ wird heute in Dornach (CH) vom Atelier für Leierbau hergestellt.
 
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