Textatelier
BLOG vom: 15.10.2011

Sympathien oder Antipathien im Alltags- und Eheleben

Autor: Emil Baschnonga, Aphoristiker und Schriftsteller, London
 
Im Anschluss an mein Blog vom 10.10.2011 „Wie kann man die Gewohnheiten und Vorurteile ändern?“ kann ich nicht anders, als nochmals einige Gedanken zu äussern, diesmal zum Thema „Sympathien und Antipathien“.
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Finden Sie sich auch so sympathisch wie ich mich selbst? Wir mögen uns alle, aber nicht unbedingt andere. Gewisse Leute können wir nicht riechen. Sie verhalten sich vielleicht grundsätzlich quer zu unserer Lebensauffassung und wollen imponieren, Eindruck schinden, wo immer sie auftreten. Sie verhalten sich ostentativ, herausfordernd. Hinzu kommt die Galerie der Neider, die uns verdriessen, ob sie ihren Neid bemänteln oder nicht. Gewisse Leute jedoch haben Freude daran, von Neidern umringt zu sein … Das bläht ihr Ego.
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Ich kannte und musste verschiedentlich Lehrer dulden, die einen Schüler im Klassenzimmer blossstellten und lächerlich machten. Das treibt manchen betroffenen Schüler zur Rache. Er kann ihm natürlich nicht ins Gesicht sagen, was er von ihm denkt. Aber er unterlässt keine Gelegenheit, ihm hinterrücks „eins auszuwischen“. Eine Möglichkeit ist, diesen Lehrer so weit als möglich zu ignorieren und sich nicht anmerken zu lassen, wie wenig Sympathie man für ihn übrig hat. Aber das hat seine Kehrseite: Der Lehrer hat sein Opferlamm gefunden. Er zerpflückt es bei jeder Gelegenheit. Zum Glück kann man ihm Bubenstreiche spielen. Sie gelingen, wenn man dabei nicht erwischt wird. Der Lehrer ahnt vielleicht, wer es ist, doch kann er nichts beweisen und wird sich ein neues Opferlamm suchen.
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In vielen Lebenslagen tut man gut daran, sich die Frage „Sympathisch oder nicht?“ gar nicht zu stellen. Sachlich auf neutralem Boden eine Aufgabe anzupacken, verhindert oder vermindert störende Nörgeleien unter Kollegen im Geschäft. Wer Abstand hält, gewinnt Respekt. Dispute sollen sachbezogen bleiben, frei von Emotionen.
 
Das ist einfach gesagt. Manchmal platzt einem der Kragen, wenn sich ein Querulant immerfort bemerkbar macht. Dann ist es gut, wenn man eine Chefstellung hat und seine eigene Autorität unterstreichen kann. Und wenn nicht? Dann 3 x leer schlucken und sich ihretwegen nicht von der Aufgabe ablenken lassen.
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Auch im Privatleben kann manchen potenziellen Konflikten leicht ausgewichen werden, solange man sich auf Tatsachen abstützen kann. Angenommen, ein Nachbar will uns zwingen, einen Gartenhag zu ersetzen, einen Baum auf unserem Grund und Boden zu fällen, weil ihn überhängende Zweige stören – hier gibt es gesetzliche Regelungen. Solche Hinweise genügen in der Regel. Und stört ihn der Schattenwurf des Baums, zeige ich mich konziliant und erlaubte ihm, dass er die Äste auf seine Kosten stutzen kann.
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Es ist ein Glück, wenn man selbst keinen Hang zur Ostentation, zur Prahlerei hat. Der Aufschneider ist damit auf Anhieb ausgeblendet. Ist hingegen jemand stolz auf seinen schönen Garten, auf ein Bild oder Sammelstück, dann zolle ich ihm gern mein Lob. Das sichert mir seine Sympathie.
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In meinem Leben ist es einige Male vorgekommen, dass mich jemand um meine Stelle beneidete und hinterrücks versuchte, mich auszubooten. Komme ich mit meinem Vorgesetzten gut aus, kann der Neider nichts ausrichten. Die Sympathie meines Vorgesetzten bleibt mir gesichert, und meine gehört ihm. Gegenseitige Sympathien sind in diesem Fall ein guter Impfstoff gegen potenzielle Stellenräuber und andere Spielverderber.
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Der Haken ist, dass heute Firmen laufend übernommen werden – nach dem Prinzip „Grosse Fische schlucken die kleinen“. Das Management wird ersetzt, bestehende Abteilungen werden aufgelöst oder durch neue ersetzt. Guter Rat ist schwer, wie man, entlassen und verlassen und seines Beschützers beraubt, sich wieder auffangen kann. Die Stellensuche beginnt. Darauf verzichtete ich und eröffnete meine eigene Firma. Einige treue und sympathische Kunden konnte ich für mein Geschäft gewinnen und war gerettet.
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Die Ehe ist der engste Bund zwischen Frau und Mann. Man liebte sich einst und fand sich sehr sympathisch. Das änderte sich im Verlauf der Jahre, weil Sympathien verscherzt werden, sich Antipathien einschleichen und zuletzt gar in Hass ausarten. Es kommt zur Scheidung. Wer zählt die Scheidungsgründe? Immer wieder ist eine der Hauptursachen, wenn Mann oder Frau neue Liebe ausserhalb der Ehe findet. Gemahl oder Gemahlin werden wie alte Autoreifen ausgewechselt. Ob man auf neuen Reifen besser fährt? Manchmal, doch längst nicht immer. Es sollte dabei nicht vergessen werden, dass sich neben den finanziellen Belangen einer Scheidung auch der Kreis von Freunden und Bekannten zwangsläufig verändern wird, wiederum von Sympathien und Antipathien gesteuert. Auch Kinder werden vom ehelichen Dilemma hin und her gerissen.
 
Höflichkeit und kleine Aufmerksamkeiten stärken Zuneigungen, mangelnder Takt und mangelnde Anteilnahme bewirken Abneigungen. Sympathien müssen gewonnen und gepflegt werden, um das Alltagsleben zu bereichern. Sie zu verscherzen, ist schlicht gesagt dumm.
 
Hinweis auf das vorangegangene Blog zum Thema Sympathien
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