Textatelier
BLOG vom: 05.02.2012

Roman-Polanski-Film The Ghost: Korruption durchs Band

Autor: Emil Baschnonga, Aphoristiker und Schriftsteller, London
 
„Das Privatleben eines Künstlers ist belanglos, solange es nicht sein Werk behindert.“
Emil Baschnonga
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Am vergangenen Sonntagabend schaute ich mir den Film „The Ghost“ von Roman Polanski an, der zuerst in 2010 in Berlin gezeigt worden war.
 
Ein Ghostwriter erhielt den Auftrag, die Autobiografie eines englischen Premierministers zu überarbeiten. Roman Polanski taufte ihn Adam Lang, aber meinte damit den ehemaligen Premier Tony Blair. Lang wird als Kriegsverbrecher bezichtigt, wie er im Verbund mit den USA den Krieg im Irak entfesselte und verdächtigte Terroristen an ausländische Gefängnisse auslieferte, wo sie grausam gefoltert wurden.
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Der Meistercineast Polanski wurde 1977 angeklagt, die 13-jährige „Lolita“ (Samantha Geimer) während einer (übrigens von ihrer Mutter bewilligten) Fotosession in Los Angeles vergewaltigt zu haben. Die amerikanische Justiz bestand darauf, dass er nach Amerika ausgeliefert werden müsse. Als französischer Staatsangehöriger floh er im Jahr 1978 nach Paris. 2009 reiste er in die Schweiz, um am Filmfestival in Zürich teilzunehmen. Er wurde prompt verhaftet und unter Hausarrest gestellt. (Die immer zu Unterwerfungsgesten gegenüber dem Ausland bereite Bundesrätin Eveline Widmer-Schlumpf wollte dem Interpol-Auslieferungsgesuch stattgeben, doch das Bundesgericht lehnte das Gesuch ab.) Das bedeutete, dass sich Polanski endlich wieder unbehelligt seinem Schaffen widmen konnte, wie von diesem Film bezeugt. Aus naheliegenden Gründen musste der Film ausserhalb von Amerika, in Nordfriesland (Sylt), gedreht werden.
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Der Ghostwriter flog nach Amerika. Er begann seine Aufgabe in einem abgesicherten Gebäude in der Nähe des Küstendorfs Old Haven, wo Adam Lang und seiner Frau Ruth samt Dienstpersonal Unterkunft von der CIA eingeräumt wurde. Die Witterung war dem Film angepasst: Es regnete auf dieser Insel beim Meer fortzu.
 
Am nächsten Tag erschien ein Pressebericht des britischen Aussenministers, der Aufruhr und Demonstrationen auslöste: Lang wurde wegen illegitimer „Geiseltransporte“ von angeblichen Terroristen angeklagt. Ein Schwarm von Journalisten und Demonstranten nistete sich in Old Haven ein. Die USA (CIA) weigerten sich, Lang an den Internationalen Gerichtshof in Den Haag (NE) auszuliefern. In Washington begann Lang seine Reinwäsche, von vielen Anwälten unterstützt. Langs Lügengewebe wurde dennoch fadenscheinig.
 
Der Ghostwriter fühlte sich bedroht, nachdem er von einem alten einheimischen Mann erfahren hatte, dass sein Vorgänger an einer unwahrscheinlichen Stelle tot am Meeresgestade angeschwemmt worden war. Die Umstände dieses mysteriösen Todesfalls wurden vertuscht.
 
Ruth und ein Sicherheitsbeamter fanden den Ghostwriter beim Strand auf seiner Zeugensuche und brachten ihn ins Haus zurück. Er entdeckte dort, im noch nicht ausgeräumten Zimmer seines Vorgängers, einen Umschlag. Fotoindizien waren angeheftet, die den Ghostwriter zur abgelegenen Villa von Professor Paul Emmett führte. Aufgrund der Fotos musste der Professor zugeben, dass er mit Lang oberflächlich bekannt war. Auch konnte ihm der Ghostwriter den Besuch seines Vorgängers nachweisen: Die im Navigator gespeicherte Fahrtstrecke seines Vorgängers im Auto des Ghostwriters war erhalten geblieben und führte ihn direkt zu Professor Emmetts Villa … Kaum hatte der Ghostwriter die Villa verlassen, verfolgte ihn ein Auto auf seiner Rückfahrt.
 
Ein bisschen „James-Bond-Verfolgungsjagd“ erhöht die Spannung. Kaum hatte der Ghostwriter den Wagen in der Fähre parkiert, sprang er im letzten Augenblick von diesem Schiff und fand in einem Hotel, nächst der Brücke zur Fähre, Unterschlupf.
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Hier soll der Inhaltsabriss dieses Films unterbrochen werden. Die Seiten des Manuskripts entflatterten zuletzt bei heftigem Regen und Wind im Zentrum von London … Die üblen Machenschaften von Adam Lang waren entblösst. Polanskis Absicht mit seinem Film braucht nicht hinterfragt zu werden. Die meisten Filmkritiker konzentrierten sich bloss auf den Unterhaltungswert des Films.
 
 
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