Textatelier
BLOG vom: 23.07.2012

Syrien: Der Westen päppelt Rebellen und Terroristen hoch

Autor: Walter Hess, Publizist, Biberstein AG/CH (Textatelier.com)
 
Selbst der einfältigste Einfaltspinsel unter den Medienkonsumenten müsste allmählich hellhörig werden: In all den arabischen und mittelöstlichen Ländern, in denen der sogenannte „Arabische Frühling“ (die Arabellion) ausgebrochen ist und Verwüstungen hinterlassen hat, spielt sich im Prinzip genau dasselbe ab: Vom Westen geschürte und angeführte Volksaufstände – woher sollten denn die Rebellen nur alle die Waffen wie Schnellfeuergewehre und Panzerfäuste nehmen? – provozieren das Eingreifen der Armee. Zimperlich geht es auf beiden Seiten nicht zu. Mit den zunehmenden Waffenspenden und den Einmischungen von CIA-Terrorkommandos eskaliert die Schlacht.
 
Die Armee hat den Auftrag, im Lande für Ruhe zu sorgen, in Notfällen eine Aufgabe jeder Armee, auch der schweizerischen Verteidigungsarmee (Aufrechterhaltung oder Wiederherstellung der öffentlichen Ruhe und Ordnung im Inneren = Ordnungsdienst). Über 90 Mal haben Kantons- und Bundesbehörden, vornehmlich im 19. und 20. Jahrhundert, die Schweizer Armee zur Aufrechterhaltung von Ruhe und Ordnung im Innern aufgeboten. Dabei blieb es in etwa einem Fünftel der Fälle allerdings bei blossen Pikettstellungen (wie jeweils am WEF in Davos GR zur Unterstützung der zivilen Behörden).
 
Die Serie der Frühlingsaufstände, bei denen ein namhafter Teil der Länder und Städte verwüstet werden, begann angeblich mit einer Selbstverbrennung als Protest gegen die Polizeiwillkür in Tunesien 2010/11, eine eindrücklich gestaltete Story. Sie erfasste dann Ägypten, schwappte kurz nach Algerien über, und weitete sich auf den Jemen aus, wo die Nato die Unruhen offiziell anheizte. Dann kam Muammar al-Gaddafis Libyen an die Reihe, merkwürdigerweise; denn die Bevölkerung des reichen Wüstenstaats lebte in Wohlstand, war in ihrem Sozialstaat fürstlich aufgehoben. Und jetzt? Durchschnitt wohl, denn solch einen Sozialstaat kann sich niemand (mehr) leisten, in- und ausserhalb von Libyen.
 
Nun wird Syrien mit tatkräftiger Hilfe aus den USA und deren Mitläufern zerstört; bei der Niederschrift dieser Zeilen werden gerade Damaskus und Aleppo bombardiert. Die Bevölkerung wird zunehmend in die Flucht getrieben. Die neue Form des Tourismus, nachdem der branchenübliche in allen Frühlingsländern zusammengebrochen ist.
 
Ein paar Kriegsberichterstatter erzählen weiter, was sie aus sicherer Distanz beobachtet oder was ihnen von der „Beobachtungsstelle für Menschenrechte in London“, die wahrscheinlich mit einem besonders leistungsfähigen Teleskop ausgerüstet ist, zugespielt worden ist. Dieses „Syrian Observatory for Human Rights“ ist ein dubioses Auskunftsbüro, in dem im Wesentlichen ein einzelner Mann mit Namen Rami Adbul-Rahmann, der sich selber als Präsident tituliert, mit Sinn für schlagzeilenträchtige Knaller erfindet oder aufmotzt, was sich in Syrien tut und was Westmedien zu verbreiten haben. Wahrscheinlich stammt viel von ihm ausgestreutes Material aus den Propagandaabteilungen westlicher Geheimdienste. Das wird dann als bare Münze weitergegeben, und daraus zeichnen die Leitmedien, die das Hinterfragen und Überprüfen verlernt zu haben scheinen, das Bild über die Zustände im Lande Syrien. Ob die Meldungen wenigstens zum kleinen Teil zutreffen, spielt den modernen Medienmachern offenbar keine Rolle mehr; journalistische Grundsätze wurden dem Kommerz geopfert.
 
Medien scheuen nicht mehr  zurück, bewusst Falschinformationen in die Welt zu setzen. So zeigte die BBC-Webseite Ende Mai 2012 ein Bild mit langen Reihen von Leichen, die in weisses Leinen eingewickelt waren, als Beweis für die offizielle syrische Gewaltherrschaft. Truppen des Despoten al-Assad hätten am 25.05.2012 beim Dorf Hula 108 Zivilisten umgebracht, darunter viele Frauen und Kinder, hiess es im Begleittext dazu, eine Schreckensbotschaft. Die Fotografie zeigte allerdings gar nicht die Toten des angeblichen Regierungsmassakers, sondern Leichen aus dem Irak. Das Bild war 9 Jahre alt. So werden wir informiert. Der Fotograf dieses Bilds, Marco di Lauro, erkannte seine missbrauchte Aufnahme und deckte den Schwindel auf.
 
Der Medien-Mainstream verschweigt wohlweislich den Umstand, dass Waffen aus Nato-Beständen an die Terroristen geliefert werden, damit das von ihnen gezeichnete Schreckensbild nicht modifiziert werden muss. Die Weglassung ist eine perfide Form der Lüge, die heute gern mit einem angeblichen Zwang zur Kürze begründet wird (für grossformatige, nichtssagende Bilder ist immer genügend Platz da).
 
Die erwähnten Frühlingsländer waren und sind nach wie vor alles andere Musterdemokratien; sie wurden und werden von korrupten Herrschern oder Militärmachthabern mit starker Hand geführt. Aber was bisher durch ständige Bombardierungen, Bürgerkriege mit Söldner- und Weststaaten-Beteiligung herausgekommen ist, kann nicht im Sinne der Erfinder sein. Es ist weitgehend das Zerstörungswerk im Hinterhalt agierender, ausländischer Neokolonisatoren aus den selbsternannten Herrennationen, die mehr Einfluss in den rohstoffreichen Staaten erzwingen wollen und die natürlich auch geostrategische Ziele verfolgen (Stichwort: Israel-Nähe). Die Bevölkerung ist in den betroffenen Ländern ärmer und bedrängter denn je, beklagt zahllose Tote, ist von einem unermesslichen Leid und Leiden erfasst und hat die Folgen der kaputten Wirtschaft zu tragen.
 
Die in die US-Interventionen eingebetteten Westmedien verurteilen die Regimes, die angeblich aufs eigene Volk schiessen lassen, die Zivilisten ermorden, weil sie sich auf der Seite der Guten fühlen. Das Spiel wiederholt sich in allen Ländern; man braucht nur Namen und geografische Begriffe auszutauschen. In all den Ländern waren ganz offensichtlich dieselben Regisseure am Werk, die an ihrer Handschrift zu erkennen sind.
 
Der Tatbestand, dass der gierige Westen mehr Einfluss in den rohstoffreichen Ländern will, kann nicht in die Schandecke der Verschwörungstheorien verwiesen werden. Das wäre etwas schwierig, nachdem die New York Times (NYT) vom 21.06.2012 im Artikel „C.I.A. Said to Aid in Steering Arms to Syrian Opposition“ bestätigt hat, was jedermann bereits wissen konnte. Unter Anleitung der Kriegsmacht USA liefern westliche Länder Waffen in die Golfstaaten an die Rebellen, vor allem an die Muslimbrüderschaft, zum Teil über den Nato-Mitgliedstaat Türkei, wie die NYT ebenfalls berichtete. Auch Söldner, ausländische Kämpfer und religiöse Extremisten werden mit Waffen und Geld ermuntert, den sogenannten Bürgerkrieg und das Chaos zu vergrössern. Denn überall ist offensichtlich, dass sich längst nicht alle Landesbewohner den vom Westen unbesehen verherrlichten Rebellen angeschlossen und untergeordnet haben.
 
Gleichzeitig machen westliche Politiker und vor allem die in den USA unendlich beliebte Aussenministerin Hillary Clinton die syrische Regierung unter Baschar al-Assad dafür verantwortlich, die von den Vereinten Nationen geforderte Waffenruhe zu „verletzen“ und seiner „Schutzverantwortung gegenüber seiner Bevölkerungnicht nachzukommen: das aus anderen Ländern hinlänglich bekannte schmutzige Spiel – kein Land hat Waffenruhen häufiger verletzt als die USA. Diese Krieger unterstützen dank ihrer hinlänglich bekannten Güte gewalttätige Herrscher und Terrororganisationen, wenn immer sie das Gefühl haben, dass ihr eigener Einfluss über eine rohstoffreiche Region wachsen könnte. Sie lassen Stellvertreterkriege führen, betätigen sich als Heizer einer Dampflokomotive, an deren Frontspitze andere den Kopf hinhalten müssen. Um das Schicksal der Bevölkerung, welche Abschlachtungen gewiss nicht sucht, kümmert man sich nicht; sie wird auf dem Altar der Demokratieverherrlichung und Korruptionsbekämpfung geopfert. Derweilen die sich notabene die US-Politiker im Wahlvorfeld mit Milliardensummen bestechen lassen, was dort ganz normal und aktenkundig ist. Wie wär’s, wenn die Araber einmal hingingen, die grassierende, legitimierte Korruption in den USA mit Waffengewalt zu bekämpfen? Ein Amerikanischer Frühling, der bestenfalls noch ein Spätherbst sein könnte, wäre fällig.
 
Unter solchen Voraussetzungen habe ich Verständnis dafür, dass Russland und China in der Uno am 19.07.2012 mit ihrem Veto eine von Grossbritannien eingebrachte Resolution blockierten, die dem syrischen Regime Sanktionen androhen wollte. Die Botschafter von Russland und China warfen den westlichen Staaten bei dieser Gelegenheit Arroganz vor. Es gehe den USA darum, durch die Hintertür einer militärischen Intervention den Weg zu ebnen, worauf auch alle übrigen Aktivitäten und Äusserungen aus den USA hindeuten. Die beiden Veto-Staaten aber streben eine politische Lösung an, wollen das Blutvergiessen nicht noch fördern.
 
„In einem Moment, wo eine Schlacht um die syrische Hauptstadt Damaskus tobt, wäre die Annahme von Sanktionen eine einseitige Unterstützung von Revolutionären“, hatte der russische Aussenminister Sergej Lawrow vorab erklärt. Genau das war ja von den Resolutionsentwerfern so vorgesehen.
 
Die westlichen Kriegsnationen, die dem US-Kommando unterstehen, senden bedenkliche Signale aus. Aus Grossbritannien, eng mit Amerika verbündet, kommen Hinweise, wonach der Syrien-Krieg ohne Einbezug der Uno gefördert werden soll. So werden direkte Waffenlieferungen an die Opposition erwogen, nachdem die bisherigen Lieferungen eher über Umwege erfolgt sind, was vom russischen Aussenamtssprecher Alexander Lukaschewitsch als „Alarmsignal“ gewertet wurde.
 
Beim Studium der westlichen Medien-Reaktionen auf die abgeschmetterte Uno-Resolution ist mir aufgefallen, dass sich kein Kommentator im US-hörigen Teil der Welt aufgerafft hat, nachzufragen bzw. zu hinterfragen, ob nicht vielleicht die Russen und Chinesen doch Recht haben. Die Völker werden in einen paranoiden Zustand versetzt – eine Version von Medienzensur. Das Schweizer Fernsehen DRS tut sich jetzt, in der Sauregurkenzeit, gerade an Spekulationen gütlich, ob al-Assad wohl Chemiewaffen einsetzen werde (ohne Bezugnahme auf die chemische Verseuchung von ganz Vietnam durch die USA) – solche Spekulationen, auch wenn sie durch nichts motiviert sind, dienen immer der Kriegsvorbereitung nach US-Muster. Die Schüler an den Mikrofonen und vor den Kameras sind gelehrig.
 
Wahrscheinlich wäre es nicht schlecht, wenn westliche Länder zuerst bei sich selber beginnen würden, bevor sie mit Vorwänden wie Meinungs- und Medienfreiheit, Korruption sowie Demokratie-Vorstellungen ihre Feldzüge veranstalten, denen sie im Interesse der Rüstungsindustrie komplett verfallen sind.
 
Hinweis auf ein weitere Blogs über Syrien
30.05.2012: Syrien – fremdgesteuertes Machtspiel und das Volksleid
Hinweis auf weitere Blogs von Scholz Heinz
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