Textatelier
BLOG vom: 16.04.2013

Offshore: Steuerparadies USA schaltet die Konkurrenz aus

Autor: Walter Hess, Publizist, Biberstein AG/CH (Textatelier.com)
 
„Wer über das Geld herrscht, beherrscht die Welt.“
Henry Kissinger, ehemaliger US-Politiker jüdisch-deutscher Herkunft
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Die ganze Welt und insbesondere Europa unter Einschluss der willfährigen Medien sind wieder einmal auf einen tückenreichen Schachzug aus Washington DC bei Delaware an der US-Ostküste (Strassendistanz: knapp 200 km) hereingefallen. Aus unbekannter Quelle, also sozusagen aus dem Nichts, erblickten Tausende von Geheimdokumenten das Licht der Finanzwelt. Einer Washingtoner Organisation, die als „Internationales Konsortium investigativer Journalisten“ (es sind wohl eher handverlesene Publizisten in US-Diensten) bezeichnet wird, wurden Riesenmengen an gestohlenen Daten „zugespielt“ – per Post, ohne Absender, angeblich in Australien aufgegeben. Und dann wieder wird verbreitet, die Festplatte sei in einem kleinen Washingtoner Büro einem deutschen Journalisten übergeben worden. Ich tippe auf ein biblisches Wunder. Die ICIJ (International Consortium of Investigative Journalists) ist klein und spendenfinanziert, sozusagen ein Offshore-Info-Platz, diesmal nicht, um etwas in Sicherheit zu bringen, sondern um etwas zu verbreiten, was interessierte Kreise verbreitet haben wollen. Die einbezogenen Medien lecken gierig jeden Urintropfen auf, den die USA absondern, verpacken ihn feierlich und lassen das daraus entstandene Brechmittel auf ihre Klientel los.
 
Eingehenderes über die edlen ICIJ-Spender zu erfahren, wäre schon aufschlussreich; man weiss erst, dass die politisch links operierende Knight Foundation und die Ford Foundation dahinter stehen. Während meiner mehr als 50 Jahren Journalismus-Erfahrung habe ich bisher noch nie etwas von diesem merkwürdigen Verein gehört, der vor 15 Jahren vom Center for Public Integrity (CPI) ins Leben gerufen worden sein soll und der plötzlich als Datenempfänger in der medialen Virtualität auftauchte, um mit der Frühjahresreinigung in den Oasen ausserhalb der USA zu beginnen.
 
Woher die „aufgetauchten“ Daten stammen, weiss man also nicht. Somit sind sie nach den bisherigen Regeln journalistischer Sorgfaltspflicht unbrauchbar, dubioser Schrott, willkürlich zusammengestellt. Jede wissenschaftliche Arbeit muss Quellen angeben, am Besten primäre, notfalls auch zuverlässige sekundäre. Sonst zählt sie nicht.
 
Ein Staat, der nicht moralisch komplett verludert ist, wird sich niemals hinter unreflektierte Daten unbekannter Herkunft hermachen – abgesehen von Deutschland, das hehlerisch gestohlene Daten zusammenkauft und als Mittel der Abschreckung herumreicht, und abgesehen von der USA-Steuerbehörde, die ihr Interesse an den Offshore-Akten anmeldete. Ihr ist jedes Mittel recht, um nicht nur das eigene Volk und überhaupt alle US-Pass-Inhaber zu knebeln, sondern auch, um ihre anmassende Forderung auf erpresserischer Grundlage erdweit zu verbreiten: Wer keine Daten über Finanztransaktionen franko USA liefert, wird aus den Geschäften mit dem US-Finanzwesen ferngehalten – als ob das ein Landesunglück wäre; alle Erfahrungen haben doch gelehrt, dass es zwingend ist, sich von Geschäften mit dem Schurkenstaat USA mit seinen Heerscharen von professionellen Parasiten fernzuhalten. Die USA wollen das Steueroasengeschäft in ihrem Land allein betreiben und alle Konkurrenz ausschalten.
 
Als US-Quelle der 260 Gigabyte Daten wurden 2 Finanzdienstleister, die auf Offshore-Firmen und –Trusts vor allen in der paradiesischen Südsee spezialisiert sind, angegeben (laut NDR, einem der Datenauswerter: Portcullis TrustNet und Commonwealth Trust Limited CTL). Aufgrund dieser Grundlagen wurde dann weltweit nach Grossanlegern und Geldverschiebungen gefahndet. Der Datendiebstahl beschränkte sich also nicht einfach auf die Übertragung auf eine Festplatte; sondern dahinter steckt eine umfangreiche Arbeit. So kamen willfährige Medien in 46 Ländern zu 2,5 Millionen vertraulichen Dokumenten aus 10 Steueroasen und konnten dann „einzigartige Recherchen“ („SonntagsZeitung“) vorlegen. Und sogleich wurde daraus ein „Offshore“-Skandal aufgrund eines investigativen (enthüllenden, aufdeckenden) Journalismus zusammengebastelt. Doch sind aus meiner querdenkerischen Sicht die verschleierten Quellen, für die sich niemand zu interessieren scheint, das Skandalöse daran. Darum kümmern sich die auserwählten Investigativen offensichtlich nicht, die sich sonst doch so leidenschaftlich gern mit Aspekten der Anonymität herumschlagen.
 
Man muss kein ausgesprochener Verschwörungstheoretiker sein – obzwar diese meistens näher bei der Wahrheit als Offizielle sind –, um herauszuspüren, dass ein „Leck“ von derartigen Dimensionen nur von einer Grossorganisation, die den internationalen Finanzkrieg führt, kommen kann. In Frage kommt zum Beispiel die amerikanische National Security Administration, eine leistungsfähige Spionageorganisation, oder etwas Ähnliches. Das ist eine reine, naheliegende Vermutung, die ich nicht belegen kann.
 
Von der Schweiz aus könnte man sich über die wohl zweckgerichtet zusammengestellten Daten im Prinzip nur freuen, zumal dieses Land in dem Datenmüll nur eine marginale Rolle spielt, nachdem es schon lange kniefällig von den US-Anmassungen herumrutschte. Diesmal geht es in erster Linie um die Geldparadiese, die unter britischer Kontrolle stehen und welche die fruchtbare Oase Schweiz in ihrer Bedeutung weit in den Schatten der Alpenlandschaft stellen. Die österreichische Finanzministerin Maria Fekter griff Grossbritannien hart an: Dort seien die wahren Steueroasen in der EU zu finden (etwa Cayman Islands, Virgin Islands oder Gibraltar). Und Grossbritannien sei „die Insel der Seligen für Steuerhinterziehung und Geldwäsche“. Österreich war bisher in Oasenfragen auch nicht eben zimperlich.
 
Frau Fekter war eine der Wenigen, die vor den USA nicht kuschen: „Die Bundesstaaten Delaware und Nevada seien Steuerparadiese und ,Paradiese für die Geldwäsche’, die trockengelegt werden müssten.“ Und die FAZ registrierte am 11.04.2013 unterwürfig und frei von jedem kritischen Anflug unter dem Titel: „Friede den Hütten, Krieg den Oasen“: Die Amerikaner unternehmen zwar nichts, um die Steuersparmodelle ihrer internationalen Konzerne zu beenden. Aber dafür haben sie anderen Ländern die Zusage abgetrotzt, sie umfangreich über die Kapitalerträge ihrer Bürger zu informieren.“ Ein wirklich toller Ausgleich, vor bilateraler Gerechtigkeit strotzend. Die eingeschüchterten europäischen Steueroasen knacken intern ihre Archive tapfer auf, Bankgeheimnisse werden aufgeweicht – auf Druck der USA und ausschliesslich ausserhalb von diesen.
 
Bisher kamen die britischen Giga-Tresore weitgehend ungeschoren davon – schliesslich sind Grossbritannien und die USA eng befreundet. So musste man ennet des grossen Teichs eben aus dem Hinterhalt heraus operieren. Selbst das machte den gewünschten Eindruck: Gleich reihenweise kapitulieren die Inhaber von Bankgeheimnissen – sogar Luxemburg ist auf den US-Gag hereingefallen und ist nun plötzlich mit schlotternden Knien, die gerade noch einen Kniefall aushalten, für den obligatorischen Datentausch zu haben.
 
In all den bisherigen Berichten zur Offshore-Blase wurde, von kleinen Ausnahmen, wie erwähnt, abgesehen, das dicht zugemauerte Steuerschlupfloch Delaware in den USA kaum erwähnt, wo die grössten US-Konzerne ihre Gewinne vor Steuervögten in Sicherheit gebracht haben. Es ist ja möglich, dass einige Offshore-Dokumente diese Oase Number One betreffen, um den begründeten Verdacht zu zerstreuen, dass alles aus den USA heraus in Szene gesetzt wurde. Delaware und die US-Banken stehen nach der bisherigen häppchenweisen Herausgabe von bearbeiteten, eingespeichelten  Informationen noch immer mit einer blütenweissen Weste da.
 
Genau um dieses heisse Thema drücken sich die Medien in der Regel feige herum. Meine Anfrage an den sympathischen ehemaligen UBS-Boss Oswald Grübel, der in der Zeitung der „Sonntag in der Schweiz“ Fragen beantwortet, hat diese meine Frage unbeantwortet gelassen: Warum lässt sich die Schweiz von einen Land (USA) mit eigenen Steueroasen erpressen, ohne sich zu wehren und ein gleichartiges Verhalten zu verlangen?
 
Die USA seien bisher mit einem Lächeln über die Kritik an ihren eigenen Oasen und der Führungsposition in Korruptionsangelegenheiten hinweggegangen, vernahm man aus diplomatischen Kreisen in Bern. Ja, die USA gleichen einem gewalttätigen Prediger, der weder glaubt noch praktiziert, was er von anderen verlangt. In den USA hat das Thema Offshore-Steuertrickserei deshalb kaum Resonanz gefunden. Das geht nur die Restwelt an.
 
Dass die Schweizer Banken und die Politik nicht gegen die übrigen Steueroasen in aller Welt auftreten, die auch Schlupflöcher sein können, mag im Umstand begründet sein, dass das internationale Finanznetzwerk sozusagen alle Akteure auf irgendeine Weise einbezogen hat und nirgends ein Interesse daran besteht, daran mehr zu beschädigen als unvermeidlich ist. Sonst erhöht sich die Gefahr, dass die Beteiligten noch erpressbarer werden. Netzwerke sind vorteilhaft: Wie im Internet, suchen sich die Finanzen andere Wege, wenn eine Route unbrauchbar geworden ist.
 
Im Prinzip sind die ganzen Diskussionen um Offshore (= küstennahe Inseln) und Trusts – die angelsächsische Version der schweizerischen Stiftungen, die gern zur Nachlassplanung eingesetzt werden – eine Modeerscheinung innerhalb einer Zeit, die den Datenschutz und die Persönlichkeitsrechte der Überwachung durch die Zentralmacht USA unterstellen will. Und jene Staaten, die sich in erster Linie durch Kriege und Wiedergutmachungen nach der Förderung sozialer Miseren masslos verschuldet haben, wollen jetzt die Möglichkeit erhalten, die gesamten Geldströme exakt zu kontrollieren, um zugreifen zu können, wenn immer Not am Staate ist (also immer) – viele Grüsse aus dem Lehrstück Zypern!
 
Wohlhabenheit und Reichtum, auch wenn sie mit anständigen Mitteln aufgebaut werden konnten, werden heutzutage per se als kriminell betrachtet, als ein Verstoss gegen ein merkwürdiges Gleichheitsgebot, das dem Faulen ebenso viel zuschanzen will wie dem Fleissigen. Die 130 000 Anleger, die im Datenklüngel aus dem Offshore-Leck namentlich erwähnt sind, gelten unbesehen als Steuerhinterzieher, selbst wenn sie nur die legalen Möglichkeiten zur Steueroptimierung nutzten, eine durch nichts zu rechtfertigende, unseriöse Vorverurteilung.
 
Eines der Opfer ist der vor 2 Jahren aus dem pompösen Leben geschiedene Millionenerbe und Gentleman-Playboy Gunter Sachs, der von einer legalen Vorzugsbesteuerung profitierte. Er lebte während seiner letzten Jahre in Gstaad BE, war in England als „Resident but not domiciled“ registriert und nützte die damit verbundenen Vorteile aus, ähnlich wie die Pauschalbesteuerten in der Schweiz. Nichts deutet auf ein Verbrechen hin.
 
Steueroasen, umgeben von ausgetrockneten Steuerwüsten, und Steueroptimierungsmöglichkeiten waren seit Menschengedenken legale Werkzeuge im Rahmen des internationalen Wettbewerbs. Dieser Steuerwettbewerb verhindert zudem zu einem guten Teil, dass die Länder beliebig auf das Geld ihrer Bürger zugreifen können. Das soll nun geändert werden, ein gewaltiger Eingriff ins globale Finanzgeschehen. Natürlich gibt es darin zahllose Betrügereien; doch müssten diese gezielt angegangen werden. Wenn ein Dieb sein Unwesen treibt, bestraft man auch nicht die gesamte Bevölkerung seines Wohnorts.
 
Das ganze System ausserhalb der USA, wo weiterhin alles erlaubt sein wird, auszuhebeln, ist nur zum Vorteil für die geldmafiösen Weltherren im Wallstreet-Umfeld, die so die Mittel für den zusätzlichen Ausbau ihres Waffenarsenals und weitere gewaltsame Umstürze eintreiben können. Den Rest holen die Banditen über ihre Klageindustrie herein.
 
 
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