Textatelier
BLOG vom: 14.05.2013

Schriftsteller und Essayist Max Sebald: Koinzidenzen

Autor: Emil Baschnonga, Aphoristiker und Schriftsteller, London
 
Den Schriftsteller W.G. (Max) Sebald (1944–2001) habe ich in der Telegraph Review vom 04.05.2013 unter dem Titel „The incurable life of writing“ (Das unheilbare Leben des Schreibens) zufällig entdeckt. In Wertach (Bayern) geboren, wanderte er nach seinem Literaturstudium in Fribourg CH nach England aus und wurde nach seinem Ordinariat an der University of East-Anglia zum Professor ernannt.
 
Als Schriftsteller und Essayist blieb er seiner angestammten deutschen Sprache treu. Sein Name klingt mir vertraut; doch habe ich bisher keines seiner Werke gelesen. Folgende Bücher werden mir den Weg zu ihm weisen: „Schwindel Gefühle. Die Ausgewanderten“ und sein Spätwerk „Austerlitz“. Er prangte den Kulturzerfall an und die von den Nazi-Schergen begangenen Massenmorde. Gleich mir, schätzte er Johann Peter Hebel, Eduard Mörike, Gottfried Keller und Robert Walser, und er hat sie in seine Essays aufgenommen.
 
Dieser Satz ist mir haften geblieben: „Kleinigkeiten, die sich unserer Wahrnehmung entziehen, entscheiden alles“. Ich glaube, diese dringen nachträglich teilweise in die Erkenntnis, gleich den von Sonnenstrahlen durchleuchteten Pollen, vom Wind getragen, und sichtbar werden. Oft habe ich mich gedanklich mit der Bedeutung von „Zufälligkeiten“ auseinandergesetzt. Jetzt habe ich, dank Sebald, dieses Wort durch „Koinzidenzen“ ausgetauscht. Auch meine späte Begegnung mit Max Sebald ist eine Koinzidenz. Ich kann ihm nachempfinden, weshalb er sich aus seiner Heimat lösen musste.
 
Auch er ist ein Beobachter der Umwelt, abseits des Mittelpunkts der Geschehnisse. Daraus schöpft er seine Einfälle, die er mit sich in Bezug bringt. Der Leser weiss nicht, wo er seine Fantasie walten lässt und wieweit er dabei sein Selbst durchschimmern lässt. Der Schriftsteller wahrt, nein beharrt, auf eine gewisse Distanz als seine persönliche Schutzhülle.
 
Folgende seiner Sätze habe ich unter dem Titel „W.G. über Max – Selbstauskünfte der Ich-Erzähler“ herausgepickt, da sie einen Anklang in mir auslösen:
 
„Achtung.
Ich habe immer versucht, in meiner eigenen Arbeit denjenigen meine Achtung zu erweisen, von denen ich mich angezogen fühlte, gewissermassen den Hut zu lüften vor ihnen, indem ich ein schönes Bild oder ein paar besondere Worte von ihnen entlehnte, doch ist es eine Sache, wenn man einem dahingegangenen Kollegen zum Andenken ein Zeichen setzt, und eine andere, wenn man das Gefühl nicht los wird, dass einem zugewinkt wird von der anderen Seite.
 
Handwerk
Weil Angst um vieles leichter zu machen ist als Freude, war eine überzeugende Repräsentation des Himmels auch in der Theologie immer das schwierigste Geschäft.
 
Kindheit
Der Blick herab auf die Erde könnte fremder nicht sein, und doch liegt die Kindheit, die wir auf ihr verbrachte, kaum weiter zurück als der gestrige Tag.
 
Störung
Man könnte das Schreiben auch verstehen als eine stets weiter sich forttreibende Zwangshandlung, die beweist, dass der Schriftsteller von allen am Denken erkrankten Subjekten vielleicht das unheilbarste ist.“
 
Schon hier zeigt sich Max Sebald als Organist der Sprache mit ihren Finessen. So ist mein Vorsatz gefasst, mich ihm anzunähern.
 
 
Hinweis
Unter www.literaturkritik.de: „Abschied von Max zur Erinnerung an W.G. Sebald von Franz Loquai“.
 
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