Textatelier
BLOG vom: 02.06.2013

Körpergewichtiges: Ist ein Speckbauch wirklich gefährlich?

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D
 
Ein Speckbauchträger sagte kürzlich zu mir, er sei jetzt wieder ganz verwirrt. Früher hatte er nämlich gelesen, ein Speckbauch sei aus gesundheitlicher Sicht nicht gut. Dann wurde in einer Studie berichtet, etwas Übergewicht sei gar nicht so schlecht, und nun äusserte der Krebsforscher Rudolf Kaaks vom Deutschen Krebsforschungszentrum Heidelberg in einem Interview mit der „Badischen Zeitung“ vom 24.05.2013, dass die Gefahr im Speckbauch lauere. Es gibt nämlich Untersuchungen, die darauf hinweisen, dass zwischen Übergewicht und Anstieg der Krebserkrankungen ein Zusammenhang bestehen könnte. Es wurde eine Empfehlung ausgesprochen, man solle Übergewicht vermeiden. Betrachten wir einmal in diesem Blog, welche Faktoren zu einer Krebserkrankung führen könnten.
 
Ansicht der Mediziner
In meinem Blog vom 30.03.2006 Die Gentechniker wollen gesunden Bauchspeck erzwingen (gemeint war der Schweinespeck!) publizierte ich nicht nur die Vorzüge eines gewölbten Bauchs, sondern brachte auch die Ansicht der Mediziner zu „Papier“. Die Mediziner sind der Ansicht, dass zu viel Bauchfett (man spricht von „innerem Bauchfett“) die Bildung von Hormonen und Botenstoffen (Adipokine) bedingen, die an der Ausbildung eines hohen Blutdrucks und an Stoffwechselstörungen beteiligt sind. Schon ein Bauchumfang von mehr als 88 cm bei Frauen und 102 cm bei Männern soll das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Typ-2-Diabetes erhöhen, wobei natürlich auch die Körperlänge einbezogen werden müsste.
 
„Übergewichtige Frauen haben einen höheren Östrogenspiegel, der das Wachstum von Tumoren in der Brust oder Gebärmutter fördern kann“, so Rudolf Kaaks.
 
Bei Übergewichtigen sind auch der Insulinspiegel und die Entzündungsfaktoren zu hoch. Bei Übergewichtigen kommen besonders häufiger Darmkrebs, Nierenzellkarzinome und Speiseröhrenkrebs vor.
 
Aber auch hier gibt es unterschiedliche Meinungen. Es leben nämlich ganz gesunde Leute auf unserem Trabanten, die einen beachtlichen Speckbauch herumtragen (der anfangs erwähnte Speckbauchträger, der sich optimal bewegt, hat normale Blutwerte!). Es kommen nämlich noch ganz andere Risikofaktoren dazu, um die genannten Krankheiten auszulösen.
 
Meine Meinung: Natürlich darf man es mit dem Futtern nicht übertreiben und ein nicht zu hohes Gewicht anstreben. Wer ein Bäuchlein sein eigen nennt, sich sonst gesund ernährt und auch bewegt, braucht sich keine Sorgen zu machen. Er wird so manchen Untergewichtigen, der dazu noch bequem und frustriert, unzufrieden ist, wohl überleben.
 
Weitere Risiken
Welche Risiken für Krebs gibt es noch? Neben Übergewicht sind das Rauchen, das übermässige Trinken von Alkohol und der Mangel an körperlicher Bewegung wichtige Auslöser. Die Ernährung spielt natürlich auch eine Rolle. Vor etlichen Jahren wurde vor dem Verzehr von rotem Fleisch gewarnt. Alle stürzten sich dann auf Geflügel, Kalbfleisch, und sie waren fest überzeugt, dass der Verzehr dieser Nahrungsmittel gesund sei. Die Studien ergaben damals, dass der Verzehr von rotem Fleisch einen Anstieg von Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und bestimmte Krebsarten bewirkt. Man berücksichtigte nicht, dass die Esser von rotem Fleisch häufig übergewichtig sind, öfters rauchen und sich weniger bewegen. „Es kann also sein, dass nicht das rote Fleisch, sondern das Gesamtverhalten der entscheidende Risikofaktor ist“, resümierte Kaaks sehr richtig.
 
Wie gesund sind Obst und Gemüse?
Ernährungswissenschaftler empfahlen schon vor einiger Zeit den reichlichen Konsum von Obst und Gemüse. Sie forderten sogar den Verzehr von 5 Mahlzeiten am Tag. Da waren viele Verbraucher überfordert, so viel in sich täglich hineinzustopfen.
 
Laut der EPIC-Studie, die zwischen 1992 und 2000 an 519 000 Teilnehmern in 23 Zentren in 10 europäischen Ländern durchgeführt wurde (im Anschluss folgten 10 Jahre danach Blut- und medizinische Untersuchungen), kam das Folgende heraus: „Es wird allgemein angenommen, dass man Krebs durch eine hohe Aufnahme von Obst und Gemüse vorbeugen kann. Leider haben die uneinheitlichen Ergebnisse vieler Studien es nicht erlaubt, eine solche Beziehung zwischen dem Obst- und Gemüsekonsum und dem allgemeinen Krebsrisiko zu etablieren.“ Diese Aussage wurde von EPIC-Forscher in einem Artikel des Fachmagazins „Journal of the National Cancer Institute“ publiziert.
 
Meine Meinung: Gemüse und auch Obst können zweifellos Stoffwechselvorgänge beeinflussen, unsere Abwehr stärken, die Nieren anregen, den Blutdruck und die Verdauung normalisieren, Durchfälle und Verstopfung beseitigen, Hauterkrankungen günstig beeinflussen, Würmer austreiben, die Leistung steigern und eine vorbeugende Wirkung auf Krebs- und Herz-Kreislauf-Erkrankungen entfalten. Wichtig ist jedoch, dass wir Obst und Gemüse aus Bioanbau bevorzugen. Diese Produkte sind fast rückstandsfrei. Von 475 Obst- und Gemüseproben, dies berichtete „Schrot&Korn“, waren 84,4 % rückstandsfrei, 7,6 % wiesen nur sehr geringe Spuren auf. Die Spuren stammen meistens aus Altlasten aus dem Boden und sind keinesfalls Folgen einer direkten Anwendung.
 
Beim konventionellen Anbau von Gemüse und Salat werden oft zur Bekämpfung von Krankheiten, Schädlingen und Beikräutern bestimmte Chemikalien eingesetzt. Diese Rückstände können Krebserkrankungen auslösen. Dies wurde wahrscheinlich bei den bisher vorliegenden Studien nicht berücksichtigt.
 
Wichtige Empfehlungen
Die wichtigsten Empfehlung habe ich in meinem Buch „Richtig gut einkaufen“ (Die moderne Lebensmittelkunde für den Alltag, erschienen im Verlag Textatelier.com, Biberstein 2005; das Buch ist vergriffen!) aufgeführt. Hier einige Empfehlungen, um den Gehalt von Nitrat, Nitrit und Nitrosaminen gering zu halten.
 
O Reduzierung von nitrat- und nitrithaltigen Lebensmitteln (z. B. gepökelte und geräucherte Fleisch- und Wurstwaren, Gemüse aus stark überdüngten Anbau und nitratreiches Trinkwasser).
O Vermeidung einer intensiven Düngung (Reduzierung des Nitratgehaltes in Pflanzen).
O Saisongemüse und Freilandprodukte kaufen.
O Salate und Gemüse aus biologischem Anbau bevorzugen.
O Öfters Obst essen, denn Obst ist in der Regel nitratarm.
O Salat und Gemüse frisch verarbeiten.
O Aufnahme von Vitamin C. Empfehlenswert ist das Trinken eines Glases frisch gepressten Orangensafts oder das Essen von Obst. Vitamin C kann nämlich die Bildung von krebsauslösenden Nitrosaminen verhindern.
O Kochen, Blanchieren, Dämpfen und Wässern senkt den Nitratgehalt.
O Durch das Entfernen von Stielen, Stängeln, Strünken, Rippen und den Aussenblättern wird eine Senkung des Nitratgehaltes erreicht.
 
Anmerkung: Das Nitrat ist relativ harmlos. Es wird über die Nieren ausgeschieden. Ein Teil wird durch eine Bakterienschar schon in der Mundhöhle in Nitrit umgewandelt. Wenn der Magen zu wenig Salzsäure produziert oder eine Magenschleimhautentzündung vorliegt, dann siedeln sich gerne Bakterien, die diese Nitrat-Nitrit-Umsetzung bewerkstelligen, an. Nitrite bilden sich auch bei zu langer und unsachgemässer Lagerung von Salat und Gemüse und wenn gekochte Speisen, wie beispielsweise Spinat, zu lange herumstehen und wieder aufgewärmt werden.
 
Besonders gefährlich kann Nitrit für den Säugling werden. Erhielten Säuglinge nitrithaltige Nahrungsmittel, entwickelte sich eine Blausucht infolge Hemmung der Sauerstoffübertragungstätigkeit der roten Blutkörperchen.
 
Nitrit kann mit Eiweissbestandteilen (Aminen) zu den krebserregenden Nitrosaminen reagieren. Nitrosamine bilden sich übrigens auch in der Pfanne, wenn nitrithaltiger Schinken mit dem eiweisshaltigen Käse erhitzt wird.
 
Kleines Fazit
Meine Meinung: Eine Krebserkrankung entwickelt sich meistens bei Vorhandensein mehrerer Faktoren. Der erwähnte Krebsforscher empfahl eine Mässigung in allem. Dies entspricht auch meiner Meinung. Wichtig ist, dass wir die richtigen Nahrungsmittel in Massen zu uns nehmen, nicht rauchen (das Paffen einer Zigarre ab und zu zur Entspannung ist sicherlich erlaubt) und uns dem Alter entsprechend regelmässig bewegen. Dann schadet auch ein kleines Bäuchlein nicht. Frauen, so habe ich mir sagen lassen, bevorzugen solche „gepolsterten“ Männer lieber als knochige Hungerhaken.
 
Literatur
Karisch, Karl-Heinz: „Die Gefahr lauert im Speckbauch“, Interview mit dem Krebsforscher Rudolf Kaaks, „Badische Zeitung“ vom 24.05.2013.
Scholz, Heinz: „Richtig gut einkaufen“, Verlag Textatelier.com, Biberstein 2005.
 
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Twitter
(Heinz Scholz @HSderSchreiber), 24.05.2013:
„Rotes Fleisch kein Krebsrisikofaktor, jedoch der Speckbauch, das Rauchen, Übergewicht, viel Alkohol, Bewegungsmangel.“
 
 
 
 
 
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