Textatelier
BLOG vom: 23.03.2005

Verflogen: Der Swiss(air) wurde die letzte Ehre erwiesen

Autor: Walter Hess

Wer es sich noch vor einigen wenigen Jahrzehnten leisten konnte, in ein Flugzeug einzusteigen, hatte es zu etwas gebracht. Das Fliegen war von einem unglaublichen Brimborium und Ansehen begleitet. Man musste 2 Stunden vorher am Flughafenschalter anstehen, um sicher zu sein, den Platz aller Plätze rechtzeitig einnehmen zu können. Crews, die wertvolle Lederkoffer mit geheimnisvollem Inhalt im Schlepptau hatten, glitten umher, angeführt von einem mit Goldstreifen üppig dekorierten Kapitän mit hohlem Kreuz. Während des Wartens versank man in Ehrfurcht. Doch auch wir Passagiere wurden nobel bedient. Die Swissair-Bediensteten behandelten ihre Fluggäste als Teil von ihnen, verrenkten sich in Sicherheitsdemonstrationen, servierten gepflegt, lasen Wünsche von den Augen ab. Der Kapitän sprach die Begrüssungsworte höchstpersönlich und wünschte einen guten, angenehmen Flug. Man war eine Familie, eine Schicksalsgemeinschaft auf hohem Niveau. Himmlische Zustände. Das Beste vom Besten.

Die stolze Swissair war am 26. März 1931 aus der liebevollen Vereinigung der Luftfahrtgesellschaften Balair (gegründet 1922) und Ad Astra Aero (gegründet 1919) geboren worden und gedieh anschliessend prächtig, über das Pensionierungsalter hinaus. Aber dann kam die Globalisierung, die als solche unbemerkt und der öffentlichen Diskussion entzogen war, aber ihre Auswirkungen spürte man schon, ohne sie richtig zuordnen zu können. Es wurde zwar innerhalb des Weltendorfs mehr herumgeflogen, wiewohl ja in der Einheitswelt mehr sinnloser, überflüssiger Verkehr erzeugt wird; denn es läuft darin ja ohnehin alles verkehrt.

Das Theater rund ums Fliegen lebte jüngst wieder auf. Es dient heute der Sammlung persönlicher Daten durch die USA, weil wir alle verdächtig sind. Das Fliegen aber wurde billiger, parallel zur Herstellung von Massenprodukten. Der Markt änderte sich nach den Vorgaben aus den USA, wurde brutaler Die Wechselbäder lösten sich ab. Selbst die Billigfliegerei wurde überschattet: Die ölhungrigen Amerikaner machten die ganze Welt verrückt, indem sie einen Terroranschlag als Anlass zu einem permanenten Krieg nahmen. Die daraus entstehenden Unsicherheiten vermiesten der Masse die Freude am Fliegen.

Und weitere Ereignisse wirkten in derselben Richtung; diesmal war die Swissair im Speziellen betroffen: Dort, im kanadischen Halifax, in der Nähe von Alaska, von wo aus die Amerikaner mit ihrem vor allem aus Hochfrequenzantennen bestehenden HAARP-Projekt versuchen, die Gehirne der Weltbevölkerung nach ihrem Gusto zu beeinflussen, stürzte am 2. September 1998 eine Swissair 111 in den Nordatlantik ab und riss 229 Menschen in den Tod. 5 Tage später begann in jenem Umfeld ein Balair-Airbus 310 zu brennen und musste in Halifax notlanden. Die Wissenschaftler Grazyna Fosar und Franz Bludorf waren fast die Einzigen, die daraus naheliegende Schlüsse zogen. Im Übrigen erging man sich in Betroffenheitskultur und -journalismus.

Es brauchte nur noch ein unfähiges und im Zeichen der vielgepriesenen Flexibilitäten ständig ausgewechseltes Management mit dem passenden Verwaltungsrat, um den Niedergang des Unternehmens Swissair hin zum endgültigen Grounding zu bescheunigen. Die Swissair wurde in Portionen verscherbelt. Dem Abbau entsprechend wurde der Name verkürzt: von Swissair auf Swiss (die Luft = air war ja draussen). Von dieser Kurzform wird am Ende wahrscheinlich nicht einmal mehr das S übrig bleiben wird.

Die Schweiz verbutterte 2,1 Milliarden CHF Milliarden an Steuermitteln in die Swiss, als im November 2001 das Ende schon absehbar war; die Industrie warf ebenfall Geld hinaus. SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli schrieb in der „Aargauer Zeitung“ vom 3. März 2005 treffend: „Das teuerste Beschäftigungsprogramm aller Zeiten erweis sich als Riesenflop.“ Das Debakel nahm seinen Lauf; die unbeschreiblichen Fehlleistungen auf Verwaltungsrats- und Managements-Ebenen wurde nicht aufgearbeitet, sondern mit immer neuem Unsinn angereichert. Teure Sterbehelfer aus den USA wurden eingeflogen. Wir feiern gerade das Jubiläum „15 Jahre Missmanagement.“ Ich verschone unsere Nutzer hier mit den ärgerlichen Details, mit den Sargnägeln, die geschmiedet wurden, um das letzte Geleit der Swiss vorzubereiten.

Es ist unfassbar, dass aus dem stolzen Unternehmen mit seinen hinterbliebenen 80 Flugmaschinen nun nur noch ein Schrotthaufen im Wert von 70 Mio. CHF und hohe Schulden übrig geblieben sein sollen. Wenn alles gut geht, gibts zwar etwas mehr, wahrscheinlich aber nicht. Wo sind denn all die Werte hingekommen?

Die Lufthansa hat Druck gemacht, sich gleichwohl anständig verhalten, die Schwächen des Swiss-Managements aber gnadenlos ausgenützt. Sie konnte zum Schnäppchenpreis zulangen. Nur in der Schweiz sieht man keine Alternative mehr, obschon es aussah, als ob die Swiss gerade in die schwarzen Zahlen fliegen würde. Die Schweizer Regierung (Bundesrat) hat als Grossaktionärin einem Verkauf des Bundesanteils an der Fluggesellschaft Swiss an die deutsche Lufthansa zugestimmt, und alle anderen auch. Und sie alle sind glücklich, dass das jahrelange Leiden der Swiss, auch so eine Koma-Patientin ohne Aussicht auf Genesung, sein Ende findet.

Der Name Swiss soll gewissermassen als Grabinschrift vorläufig noch erhalten bleiben. Die Swiss ruhe als „Qualitäts-Airline“ (so Präsident Peter Bouw) in Frieden. Die feierliche Unterzeichnung des Vertrags beziehungsweise der Todesbescheinigung im Hotel „Hilton“ beim Flughafen Zürich am Dienstagabend, 22. März 2005, garniert mit Geschenkli-Tauschen und Managersprüchen, machte einen peinlichen Eindruck. Medien-Schau. Man mag solches nicht mehr sehen und miterleben.

Die Globalisierung geht weiter. Wenn die Lufthansa (zusammen mit den Swiss-Fragmenten) von den American Airlines übernommen sein wird, ist der letzte Beweis erbracht, dass sie funktioniert, diese Globalisierung. Dann ist der Name Swiss, falls er noch an einigen Flugzeugrümpfen kleben wird, in der richtigen Sprache abgefasst. Die in die Amerikanisierung (das treffendere Wort für Globalisierung) eingebundenen Medien finden folgerichtig, es sei alles perfekt gelaufen, die Endlösung sei gut, sehr gut. Ein Meisterstück der Verhandlungskunst. Und niemand weiss, was daraus wird.

*

PS: Die Globalisierungs-Folgen sind in meinem Buch „Kontrapunkte zur Einheitswelt“ kritisch dargestellt. Es kann nicht schaden, zu hinterfragen, was auf dieser Welt denn überhaupt abläuft, jenseits von den spasskulturellen Ablenkungsmanövern aus dem angepassten Medieneinheitsbrei. Man tut gut, sich mit den wirklich entscheidenden Vorgängen zu befassen.

 


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