Textatelier
BLOG vom: 30.04.2016

„Love is in the air“? – Staub ist in der Luft!

Autor: Richard Gerd Bernardy, Dozent für Deutsch als Fremdspache, Viersen/Deutschland

 

Aus Film und Fernsehen sind sie bekannt: Staub- und Sandstürme in der Wüste. Eine dunkle Wolke, die vom Boden bis in die Höhe reicht, rollt heran, verdunkelt den Himmel, behindert die Sicht und die Atmung, denn überall dringt Staub und Sand ein. Bei einem Sandsturm wird der Sand über weite Distanzen über den Boden getrieben, er ist zu schwer, um in grosse Höhen zu gelangen.

Wenn Staub aufgewirbelt wird, macht er Aufsehen!

Auf der Autobahn in Norddeutschland entdeckte ich vor einigen Tagen verschiedene Schilder, die sowohl vor Stau, als auch vor Staub warnen. (Vor „Love“ übrigens noch nie!) Es ist nur ein kleiner Konsonant, der angehängt ist, aber die Konsequenzen, die daraus die Autofahrer ziehen sollten, sind die gleichen. Sie sollten ihre Geschwindigkeit anpassen und aufmerksam sein. Beides, Staub und Stau können schnelles Bremsen erfordern. Staus treten manchmal plötzlich auf, vielleicht hinter einer Kurve, vor Baustellen, unerwartet bei hoher Verkehrsdichte und nach einem Unfall. Staub tritt auf, wenn es windig ist. Im Frühjahr sind viele Felder noch nicht bestellt oder die Pflanzen noch klein, wodurch der Wind die frei liegende trockene Erde leicht abtragen kann. Es kann täuschen, auch wenn es ein paar Tage vorher noch stark geregnet hat, die Sonne trocknet die oben liegenden Erdschichten schnell. Plötzlich ist die Sicht auf den Vorausfahrenden eingeschränkt, es wird instinktiv gebremst und der Abstand reicht nicht aus. So kommt es zu Massenkarambolagen, ähnlich wie bei plötzlich auftretenden Nebelbänken in der Nähe von Gewässern.

Staub ist in unserem Leben allgegenwärtig. Staub kann aus organischen oder anorganischen Materialien bestehen, Blütenpollen, Bakterien, Pilzsporen einerseits und Gesteinsstaub, Mineralfasern andererseits.

Was uns meistens nicht bewusst ist, bei jedem Atemzug inhalieren wir auch Staub. Es ist Feinstaub, kleiner als 10 Tausendstel Millimeter, der in unsere Nasen eingeatmet wird, dort in den Schleimhäuten des Nasen- und Rachenraumes hängen bleibt oder über die Luftröhre in die Bronchien und bis in unsere Lungen eindringt.

Viele Menschen leiden unter Staub-Allergien. Besonders hervorzuheben sind dabei Pollen (die Heuschnupfen und anderes hervorrufen) und Hausstaub. Auch Zigaretten- und Zigarrenrauch gehört dazu.

Staub kann tödlich sein. Im Ruhrgebiet sind viele Bergleute an einer Steinstaublunge gestorben, auch Asbeststaub kann zu Lungenkrankheiten führen, die mitunter tödlich verlaufen.

Ein Gemisch aus Feinstaub und warmer Luft kann bei einer Zündung zu Staubexplosionen führen, sogar bei grösseren Mengen von Hausstaub!

Im Haus kann man leicht auf Staubwollmäuse stossen! Sie verstecken sich gern hinter und unter Schränken und Kommoden oder auch unter Betten. Es handelt sich nicht um Lebewesen (oder doch, etwa um ganz viele?), wie Mäuse, die Staub vertilgen und ein wolliges Fell haben, sondern um grössere Staubflocken, die umgangssprachlich so genannt werden.

Hausstaub kann aus verschiedenen anorganischen und organischen Stoffen bestehen:
Hautschuppen von Tieren und Menschen, Fasern und Fusseln, Haare, Pflanzenteile (Pollen, Blatt- und Blütenpartikel, Samen und Samenfasern, etwa von Pappeln), tote und lebende (!) Hausstaubmilben und ihr Kot, tote und lebende (!) Bakterien, Viren, Schimmelpilze, Einzellertierchen; Spinnweben der Zitterspinne und ihre Beutereste, Überreste von Kleinstlebewesen, wie Weberknechte, Fischchen, Staubläuse; Schadstoffe, wie z.B. Weichmacher aus Teppichen; Strassenstaub und Feinstaub aus verschiedensten Quellen, wie von Vulkanausbrüchen, winzigen Steinchen, Saharastaub, Russ, usw. Gewarnt wird auch vor Feinstaub aus den Tonern der Laserdrucker.

Da kann man sich nur schütteln und ekeln! Es sei denn, es ist Sternenstaub, was aber schwierig zu ermitteln sein dürfte. Aber wenn wir an die vielen Tausend Milben denken, die in unseren Betten hausen und die wir nicht „verjagen“, geschweige denn endgültig vernichten können, igitt!

Wie finden die Staubwollmäuse und Staubflocken ihren Weg hinter und unter die Möbel? Ganz einfach! Der Staub wird nach oben gewirbelt. Da es an den Wänden kühler ist, fällt er dort wieder hinunter, hakt sich an den (Schrank-)Wänden usw. fest oder sinkt auf den Boden, wo er sich sammelt und durch de Luft verteilt wird.

Ganz zur Verzweiflung der Hausmänner oder Hausfrauen. Sie greifen zu einem Staubsauger und versuchen, in alle Ecken zu gelangen, was aber häufig nicht besonders effektiv gelingt.

Offenbar wird das bei Renovierungen und Umzügen, bei denen die Möbel entfernt werden. Manch einer schämt sich bei der Sichtung des Staubes, dabei ist er ganz natürlich und gehört zu unserem Leben!

Etymologisch sind die Verben „stauben, stäuben, stöbern und stieben“ miteinander verwandt. „(Zer-)stieben“ bedeutete schon mittelhochdeutsch „sich schnell bewegen, fliegen“. Das Verb „abstauben“ in der Bedeutung „sich fremdes Gut aneignen“ ist erst spät in unseren Wortschatz eingeflossen, hat aber Sinn, denn nach der Tat muss sich der Übeltäter „aus dem Staube machen“, also sich möglichst schnell entfernen.

Vielleicht interessieren Sie sich insbesondere für Staub aus Köln? Dann müssen Sie unbedingt in das Kölnische Stadtmuseum gehen. Dort präsentiert der Kölner Künstler Wolfgang Stöcker Staub aus öffentlichen Gebäuden (auch aus dem Kölner Dom!), aus Speichern und aus stadtbekannten Bauwerken. Alle Fundstellen wurden sorgfältig fotografiert und geben einen Einblick in ansonsten unzugängliche Orte. Übrigens, in der Ausstellung wird auch eine „künstlich gezüchtete riesige Staubwollmaus“ gezeigt!

Was zitiert der christliche Geistliche bei einer Beerdigung?
„Erde zu Erde, Asche zu Asche, Staub zu Staub. Bedenke, aus Staub wirst du und zu Staub wirst du werden.“ – Ein interessanter Gedanke, wenn Sie sich das nächste Mal ein Staubkorn aus dem Augenwinkel entfernen!

Ich hoffe, dieser kleine Exkurs in den Staub wird nicht allzu schnell verstauben!

Quelle
http://www.museenkoeln.de/koelnisches-stadtmuseum/default.aspx?s=4466

 


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