Textatelier
BLOG vom: 31.08.2016

Der Schaft und "-schaft": in einer Erzählung und historisch

Autor: Richard Gerd Bernardy, Dozent für Deutsch als Fremdsprache, Viersen/Deutschland

 

Ich will etwas anschaffen und gehe mit der Silbe "S/schaft", ins Geschäft.
"Haben Sie Schäfte?"
"Ja, wollen Sie, einen Schaft oder mehrere Schäfte und wofür?"
"Ja, mein Wirtschaften ist das Schäften! Mein Hobby ist die Altertumswissenschaft und Schäften ist eine Errungenschaft seit der Steinzeit."
"Was schäften Sie denn?"
"Ich schäfte Werkzeuge!"
"Warum und wieso?"
"Bei der Beschäftigung mit Werkzeugen kann man sich, wenn sie einen Schaft haben, nicht mehr so leicht verletzen!"
"Sagen Sie doch gleich, Sie wollen einen Stiel einstielen!"
"Ich bleibe lieber bei meinem Schaft, den ich schäften will!"
"Wo benötigen Sie einen Schaft?"
"Ich schaffe in der Landwirtschaft in der nächsten Ortschaft, also in einer Bauernschaft."
"Schön zu wissen, und haben Sie auch Viehwirtschaft?"
"Ja haben wir auch, ich will meiner Nachkommenschaft zeigen, wie man schäftet."
"Also für verschiedene Werkzeuge mit unterschiedlichen Eigenschaften?"
"Und mit guter Beschaffenheit!"
"Selbstverständlich! Und geschaffen für welchen Zweck?"
"Richtig, beginnen wir mit der Fischwirtschaft!"
"Sie wollen also eine Harpune schäften?"
"Sie haben es erschafft, eh, pardon, ich meine erfasst.
Ausserdem hat meine Sippschaft noch nach einem Schaft für eine Axt gefragt!"
"Einen langen oder einen kurzen Stiel?"
"Für die Holzwirtschaft ist ein langer Schaft geeigneter!"
"Das sind 2, sonst noch etwas?"
"Für den Jungen will ich eine Feuersteinspitze schächten!"
"Ist das eine Leidenschaft von ihm, mit Pfeil und Bogen?"
"Auch das und er will die Mitgliedschaft in einem Schiessverein bekommen!"
"Das ist bestimmt eine interessante Gesellschaft!"
"Richtig, und es gibt darin ein echtes Gemeinschaftsgefühl!"
"Zurück zu unserem Geschäft mit den Schäften! Reicht Ihre Barschaft?"
"Ich hatte das Glück, eine kleine Erbschaft zu machen!" (Zahlt.)
"So eine Botschaft hört man gern!"
"Und noch vielen Dank für Ihre Gesprächsbereitschaft!"
"Ich habe zu danken, bitte empfehlen Sie mich in Ihrer Nachbarschaft!"

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Schäftung

In der ur- und frühgeschichtlichen Archäologie versteht man unter Schäftung verschiedene während der Vor- und Frühgeschichte angewendete Verbindungstechniken. Mehrere (meist zwei) Teile werden durch Schäftung zu einem komplexeren Gerät verbunden. In der Vor- und Frühgeschichte wurden Werkzeuge oder Waffen mit einem Griffteil verbunden. Durch die Schäftung wurde die Handhabung des Geräts ermöglicht oder die Wirksamkeit erhöht. Bei Jagdwaffen wurden Kraftwirkung und Reichweite verbessert.
Der Griffteil des Werkzeugs oder der Waffe wird als Schaft bezeichnet. Ein länglicher Werkzeugschaft wird auch Stiel genannt. In der Steinzeit bestanden Schäfte aus Holz, Geweih, Knochen, Horn oder Elfenbein. Der Schaft ist mit der Klinge oder Spitze verbunden, die ab der Bronzezeit aus Metall bestehen kann.

 

Die Nachsilbe -schaft: (-scaf/-scaft)

- ursprünglich zwei selbstständige Nomen:
a) althochdeutsch (ahd.). scaf Beschaffenheit, Ordnung, Plan.
b) ahd. giscaf(t)‚ Schöpfung, Erschaffung, Geschaffenes, Geschöpf; Beschaffenheit, Zustand, Gestalt, Form, Wesen.

Beide sind Abstraktbildungen zum starken Verbum ‚schaffen’, ahd. skephen, und können auf germ. *skafti-  zurückgeführt werden.

- ahd: -scaf, später -scaft; mittelhochdeutsch (mhd.) -schaft; ursprünglich eigenständiges Substantiv

- gi-scaft (feminin, Abstraktbildung zum starken Verb skephen bzw. scaffan) mit der Bedeutung ‘Geschöpf’, ‘Gestalt’ (‘Erschaffenes‘) trat zunächst in Komposita auf, entwickelte sich dann aber bald zum Kompositionssuffix. In Verbindung mit Adjektiven, Präteritalpartizipien und (seltener) infinitiver Bildung von Abstrakta, die eine Tätigkeit, einen Zustand oder ein Verhalten ausdrücken, sowie Kollektivbegriffe [Beispiel: mhd. bereit-schaft, mhd. gevangen-schaft, spätmhd. wizzen-(t)-schaft]. Seit dem 18. Jh. überwiegen gegenständlich-konkrete und kollektive Bedeutungen,

Gemeingermanische Nachsilbe, die sich aus einem ursprünglich selbstständig oder in gleichwertigen Kompositionen auftretenden Substantiven entwickelt hat. Die germanische Wurzel *skafti dieses Substantivs findet sich in ahd. scaf (Dekl., mask.) = „Beschaffenheit, Form“ und ahd. (gi)scaft (Dekl., fem.) = „Geschöpf, Gestalt, Bildung, Beschaffenheit, Eigenschaft“ wieder; diese Substantive wiederum sind Abstraktbildungen zum Verbum „schaffen“, das als ahd. skephen = „(er)schaffen, bewirken, gestalten“ und ahd. scaffon = „tun, bilden, anordnen, zustandebringen“ auftritt.

Ein weiteres wichtiges Bedeutungsfeld, das sich sich aus obiger Grundbedeutung entwickelte, sind die Kollektivbegriffe (X-scaf(t) = Menge, Schar aller X):
- bruederscaf = Schar der Brüder
- heriscaf = Heerschar.

Seit dem 18. Jhd. herrschen diese kollektiven Bedeutungen sowie gegenständlich konkrete vor, wie in z.B.: Gerätschaft, Errungenschaft, Lehrerschaft, Dienerschaft.

Quellen:
https://de.wikipedia.org/wiki/Schäftung_(Vor-_und_Frühgeschichte)
https://homepages.uni-tuebingen.de/henrike.laehnemann/suffixe.htm#schaft

 


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