Textatelier
BLOG vom: 30.10.2016

Pfälzerwald (4): Burgen - stille Zeugen der Geschichte

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D

 


Burg Berwartstein
 

Während unserer Wanderwoche im Pfälzerwald hatten wir Gelegenheit auch einige Burgruinen zu besichtigen. In der Tat sind solche Burgen stille Zeugen der Geschichte. „Bei der Erkundung der baulichen Zeugen aus der Ritterzeit gibt es Geschichte zu entdecken oder der Fantasie freien Lauf zu lassen, wenn auch von mancher ritterlichen Anlage nur noch wenige Reste erhalten sind“, dies wurde im Magazin „Südwestpfalz“ treffend geschildert.
Die damaligen Baumeister wussten die natürlichen Gegebenheiten gut zu nutzen. Viele der Burganlagen wurden in und auf einen Felsen gebaut. Einige dieser Felsenburgen besichtigten wir. 3 davon sind in diesem Blog beschrieben.

In der Pfalz gibt es etwa 80 ehemalige Wehranlagen. Kaum ein Landstrich in Deutschland hat so viele Burganlagen wie die Pfalz. Als wir von Aussichtsplattformen bei unseren Wanderungen über den Pfälzerwald schauten, sahen wir immer irgendeine Burg. Man kann sagen, es war eine grenzenlose Burgenvielfalt im Pfälzerwald und im nahen Elsass soweit das Auge reichte.

Raubritterburg Berwartstein
Auf der uneinnehmbaren Felsenburg Berwartstein hauste  einst  Hans von Droth (Hans Trapp), der berühmte Marschall und Heerführer der gesamten kurpfälzischen Streitkräfte. Er unternahm Raubzüge. So vermehrte er den Besitz auf Kosten der Abtei Weissenburg. Die Weissenburger  mussten ihm nach und nach ganze Ortschaften überlassen. Über Hans Trapp wurde Reichsacht und Kirchenbann verhängt. Doch er scherte sich nicht darum, er blieb streitlustig, überfiel Kaufleute, die durchs Lautertal gegen Weissenburg zogen, lähmte den Handel, nahm Knechte der Abtei gefangen und forderte hohe Lösegelder aus ihrer Freilassung. Er liess das Wasser der Lauter stauen, so dass keine Flössung des Holzes mehr möglich war, auch wurden Mühlen zum Stillstand gebracht.
Hans Trapp besass die Gunst seines kurfürstlichen Herrn, so dass er lange wüten konnte. 1503 starb der Ritter ungebeugt und unbesiegt. Die Nachfahren sind heute die von Trotha.

Schon vor Hans von Droth hausten auf der Burg Raubritter und Wegelagerer. Sie handelten 1256 nach dem Wahlspruch „Reiten und Rauben sind keine Schande, das tun auch die Besten im Lande.“

Anlässlich einer Burgführung wurden wir über die Geschichte und Besonderheiten der Burg informiert. So berichtete unser Führer, dass Hans Trapp in der Volkssage und Legende auch im Elsass lebendig ist. „Unartige Kinder werden im Elsass mit dem Spruch ‚Wenn Du nicht brav bist, kommt der Trapp’ eingeschüchtert“, erklärte unser Burgkenner.
Eine grosse Leistung der Baumeister war die Schaffung eines 104 Meter tiefen Brunnens mit 2 Meter Durchmesser. Akustisch demonstrierte der Burgführer durch das Hineingiessen von Wasser die Tiefe des Brunnens.

 


Burg Berwartstein Folterkammer
 

Unser redegewandter Burgexperte führte uns dann an der Folter- und Waffenkammer und später an der Küche vorbei. In der Folterkammer war eine Streckbank und andere Folterinstrumente zu sehen. Bevor wir die Folterkammer näher in Augenschein nahmen, sagte der Burgführer: „Hier sehen Sie die Folterkammer, heute ist das bei einigen das Schlafzimmer.“

Besonderheiten waren der Gang bei Kerzenlicht (es waren Teelichter in Nischen aufgestellt) durch die unterirdischen Anlagen und die Durchschreitung der im Fels gehauenen Kasematte mit einer mächtigen Steinsäule in der Mitte. An der Decke befand sich ein Eingang zur Burg. In diesem Raum konnten Fremde nicht in die Burg eindringen, da eine Strickleiter bei einem Feindangriff nach oben gezogen wurde.

An der mächtigen Steinsäule hing ein witziges Schild mit folgender Aufschrift:
„Geizsäule: Hier stand einst ein Besucher der ob seines Geizes dem Burgführer kein Trinkgeld gab, vom Berggeist zu dieser Säule versteinert wurde.“
Wir wurden nicht zu Stein erstarrt, da wir unserem Burgführer zum Schluss ein ansehnliches Trinkgeld gaben.

Uns wurde auch der ehemalige Burgeingang im Fels (Aufstiegsschacht) gezeigt. Wenn Feinde auftauchten, wurde die Strickleiter oder eine Holztreppe nach oben gezogen. Dadurch war eine Einmannverteidigung des Aufganges und damit der Burg gewährleistet.

Die Burg ist als einzige im Wasgau bewohnt und auch bewirtschaftet. Wir verzehrten vor der Führung im Rittersaal aus dem 13. Jahrhundert hausgemachten Pflaumenkuchen und tranken Kaffee. Der Saal ist mit 4 Kreuzgewölben überspannt. Die Südwand des Saales besteht aus gewachsenem, altersgrauen Fels mit einem eingehauenen Aufzugsschacht. Dieser führte in die darüber gelegene Küche. Noch heute ist dieser Aufzug in Betrieb.

Am Ende der Führung hatten wir auf der Aussichtsterrasse einen wunderschönen Panoramablick auf den Pfälzerwald und den Turm „Kleinfrankreich“. Dieser wurde von Hans von Drodt als Vorwerk errichtet. Er diente als Beobachtungsposten und als Verteidigungsstützpunkt. Angreifer der Burg konnten dann unter ein Kreuzfeuer genommen werden. Nachweislich soll auch ein Verbindungsgang zwischen diesem Vorwerk und dem Berwartstein bestanden haben. Der Gang ist teilweise eingebrochen und nicht mehr zugänglich.

 


Burg Trifels
 
 


Trifels Kaisersaal
 

Reichsburg Trifels
„Schatzkammer und Staatsgefängnis. Nirgendwo ist Geschichte spannender“, lasen wir schon beim Studium diverser Prospekte über die Burg Trifels. Wir wollten uns diese prächtige Burganlage auf dem 494 hohen Sonnenberg nicht entgehen lassen,  fuhren zur Stauferstadt Annweiler, parkierten in der Nähe der Burg und wanderten innert 20 Minuten zum Eingang.
Die erste Burganlage entstand im 11. Jahrhundert zur Zeit der Salier. Die Baumeister nutzten nicht nur hier, sondern im ganzen Pfälzerwald und im Wasgau Buntsandsteinfelsen als Fundament. Der Felsen, auf dem Trifels thront, hat eine Abmessung von 145 m Länge, 40 m Breite und 50 m Höhe.

 


Burg Trifels Reichskrone
 

Im darauffolgenden Jahrhundert wurde die Burg durch die Staufer zu einer repräsentativen Reichsburg umgebaut. 1125 übergab Kaiser Heinrich V. die Reichskrone, den Reichsapfel, das Reichskreuz, das Zepter, das Reichsschwert und die Lanze zur Aufbewahrung auf Burg Trifels. Die sehr guten Nachbildungen der Reichsinsignien von Prof. Erwin W. Huppert konnten wir in einer Schatzkammer im Burgturm besichtigen. Die Originale werden seit 1796 in der Schatzkammer des Kunsthistorischen Museums  in Wien aufbewahrt.

Die Burg diente einige Zeit als Gefängnis. Der prominenteste Gefangene war der englische König Richard Löwenherz. Er war hier 1193 wohl nur 3 Wochen inhaftiert.

Wir besichtigten sämtliche Räume, wie die nicht originalgetreue  Rekonstruktion des grossen Kaisersaals, die Burgkapelle und, wie schon erwähnt, die Schatzkammer. Vom Plateau des Bergfrieds konnten wir die Aussicht auf Annweiler, den Pfälzerwald und die in der Nähe befindlichen Burgen Anebos und Scharfenberg geniessen.

 


Drachenfels
 

Ruine Drachenfels
Die im 12. Jahrhundert erbaute Burg wurde 1523 in der Sickinger Fehde vollständig zerstört und nicht wieder aufgebaut. Heute präsentieren sich die Burgreste mit den im Fels gehauenen Aufgängen und Kammern sehr abenteuerlich. Es wurde einem etwas mulmig zu Mute, als wir die steilen Treppen, die bis zur Felskanzel der Ruine reichten, sahen. Später beim Aufstieg auf den mit Geländern gesicherten schmalen Treppenaufgängen kam uns das nicht mehr so gefährlich vor. Gutes Schuhwerk war gefragt. Eine Frau, die mit ihrem Freund, die Burgruine bestieg, hatte nur flache Schuhe an. Sie musste doppelt vorsichtig sein, um wieder heil nach unten zu gelangen.
In der Ruine sind noch einige Baureste und Felskammern erhalten. Diese Kammern dienten im französischen Reunionkrieg 1678 als Schutzräume der Bewohner der umliegenden Gemeinden. Nicht zu beschreiben waren die Ausblicke vom Plateau auf den Wasgau.

Nach der Herumkletterei, die wir alle ohne Blessuren überstanden hatten, gingen wir zur Drachenfelshütte und von dort auf dem Busenberger Holzschuhpfad zum Buchkammerfels und Heidelberg. Von diesen Aussichtspunkten hatten wir einen phantastischen Blick auf die Burg Berwartstein und auf die Ruine Drachenfels. Auf einem „Waldsofa“ (Liege für 3 Personen) konnten wir Burschen uns etwas Ruhe gönnen. Nach der Ruhepause wanderten wir um den Heidelberg herum, dann ging es auf dem Holzschuhpfad wieder zurück zum Parkplatz an der Drachenfelshütte. Leider war auch diese Hütte geschlossen, so dass wir unseren Hunger in Landau stillen mussten.

Während unserer Wanderwoche besichtigten wir noch die imposante Burgengruppe Alt-Dahn, Landeck (dort speisten wir den von Wanderfreund  Karl Heinz empfohlenen Flammkuchen). Wir hatten noch Zeit, auch Landau und das elsässische Wissembourg und den Tierpark Silz zu besuchen.
Über diesen einmaligen Tierpark werde ich abschliessend noch einen Blog verfassen.

Internet
www.dahner-felsenland.de
www.wanderportal-pfalz.de
www.wanderarena.com

Literatur
Titz, Jörg-Thomas: „Pfälzerwald und deutsche Weinstrasse“, Rother Wanderbuch, Buchverlag Rother GmbH, Münchzen 2016.
„Südwestpfalz Magazin“, Herausgeber: Südwestpfalz Touristik e. V., Pirmasens 2016.
Wadle, Theo:  „Burg Berwartstein“, Verlag Theo Wadle, Burg Berwartstein 1978.

 


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