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BLOG vom: 10.10.2017

Geissenpfad, Zauberwald und ein Schweiniwiibli

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D

 


Der Geissenpfad
 

Am 05.10.2017 fuhren wir zu viert nach Menzenschwand, um den Geissenpfad zu begehen. Menzenschwand (550 Einwohner) ist ein heilklimatischer Kurort. Er gehört zur Stadt St. Blasien. Menzenschwand wurde von Mönchen aus dem Kloster St. Blasien besiedelt (1. urkundliche Erwähnung 1328). Daraus hat sich ein Dorf entwickelt. Der Ort besteht aus dem Vorder-, Mittel- und Hinterdorf.
Der 10 km lange Geissenpfad beginnt auf dem Mösle Parkplatz im Hinterdorf.

Kein Klingen der Ziegenglocken
Wir gingen bei herrlichem Sonnenschein und einem kräftigen Wind zunächst an alten Schwarzwald-Höfen vorbei und wanderten auf halber Talhöhe den Geissenpfad entlang. An einigen Stellen ist der schmale Weg steinig. Hier ist Trittsicherheit gefragt. An einer Stelle ragte ein glatter, flacher Fels in den Weg hinein. Hier strauchelte ich, konnte mich jedoch abfangen. Wegen der Geissen ist der Weg beidseitig mit Elektrozäunen versehen. Leider sahen wir keine einzige Geiss (Ziege). Sie waren wohl schon in den Ställen.
Auf einer Tafel wurde der Weg vollmundig angekündigt: „Das Klingen der Ziegenglocken begleitet uns auf dem Weg und manchmal stehen wir wenige Meter entfernt von einer kleinen Herde. Einige Tiere liegen zum Wiederkäuen, einige mampfen frische Bergkräuter und andere hüpfen auf Felsen mit ihren speziellen paarhufigen Zehen.“ Nichts sahen wir von diesen Naturschönheiten. Hier im Tal sind „Burenziegen“, „Deutsche Edelziegen“ und „Thüringer Waldziegen“ zu Hause.

Der Geissenpfad verläuft durch einige Weiden mit Mutterkuhhaltung. Wir wanderten bis zum Rastplatz Flösser`s Rast. Von hier aus hatten wir einen Blick auf den Titlis  (3238 m) mit Sustenhorn (3503 m). Die Berge waren in einem Bergeinschnitt des Feldbergmassivs gerade noch zu sehen.

 


 

Endmoräne und Schafe
In der Nähe befindet sich der Endmoränenwall. Kaum zu glauben, dass der Feldberggletscher, der das Tal formte, eine Mächtigkeit von über 300 m hatte. Im Bereich der Endmoräne graste eine riesige Schafherde. „Schätzt mal die Anzahl der Schafe“ war meine Frage. Ein Wanderfreund hatte eine Idee: „Zählt die Beine, dann teilt sie durch 4. Dann habt ihr die Anzahl.“ Ich schätzte die Herde auf 500 Tiere. In der Nähe unseres Weges sass der Schäfer mit seinen 2 Hunden. Neugierig fragte ich den Schäfer, wieviel Tiere hier grasten. „500 Schafe und einige Ziegen“, antwortete er. Dann  erfuhren wir noch, dass er eine Wanderschäferei betreibt. Er wandert mit seinen Schafen von Ort zu Ort. Wie er uns erzählte, sind die Schafe wichtig für die Pflege der Landschaft.
Wir bemerkten, wie die Hunde sehr aufmerksam waren, sie hatten die Herde immer im Blick. Als vielleicht 10 Schafe über den Weg zu einer saftigen Wiese liefen, sauste einer heran und trieb sie zur Herde zurück. „Bitte streicheln sie nicht den Hund. Er ist ein Arbeitstier“, warnte der Schäfer einen Wanderfreund, der den Hund streicheln wollte. Er bemerkte noch, dass immer wieder Wanderer die Hunde streicheln wollen.
Er muss sie dann immer warnen, da eine Beissattacke folgen könnte.

Wir wanderten nach dem Moränen-Monschderle (ein krakenförmiges Baumwurzelgebilde) auf die andere Talseite bis zum Wasserfall der Menzenschwander Alb. Hier trafen die Gletscherzungen des Alb- und des Krunkelbachtals aufeinander. Der Krunkelbachgletscher war mächtiger als der Albtalgletscher des Feldbergs und hobelte das Tal stärker aus. Es ist eine Klamm entstanden. Auf stabilen Bohlenwegen ist die Klamm gut begehbar. In der Klamm gedeihen verschiedene Moos- und Flechtenarten.
Wir kehrten im Café und Berg-Beizle „Zum Kuckuck“ ein. Dort konnten wir die köstlich schmeckenden Ziegenwürste mit Brägle und gegrillten Ziegenkäse konsumieren. Dann wanderten wir auf direktem Weg zu unserem Parkplatz zurück.
Aus Zeitgründen besichtigen wir nicht das Areal des „Radon Revitalbads Menzenschwand“, das sich rechter Hand von unserem Weg befindet.

Im Menzenschwander Krunkelbachtal wurde von 1961 bis 1991 Uran abgebaut. Es wurde nur ein „Uranaufsuchungsbetrieb“ eingerichtet. Dieser diente zur Erkundung und nicht zum Abbau.

 


Riesenpilze im Zauberwald
 

Riesenpilze im Zauberwald
Wir fuhren nach Bernau und von dort zum Naturschutzgebiet Taubenmoos. Hier befindet sich der Zauberwald-Pfad. Auf schmalen und zum Teil befestigten Waldwegen bekamen wir Einblicke in das Moorgebiet. Dieses  entstand aus Sümpfen und Tümpeln durch die Ablagerungen und Geschiebe der Gletscher während der letzten Eiszeit. Der 2,5 km lange Weg durchquert Wälder mit üppigen Moospolstern, kleinen Quellen und Rinnsalen. Für Kinder ist dieser Pfad ein abenteuerliches Erlebnis. An einigen Stellen sind eine Vielzahl Tiere des Waldes in Form von Figuren zu entdecken. Der Weg führt an eine Stelle, an der regelmässig die tiefsten Temperaturen von Baden-Württemberg gemessen werden. Das Taubenmoos wird deshalb als der Kältepol bezeichnet. Im Zauberwald gedeihen einige seltene Pflanzen wie der weissblühende Siebenstern. Wir sahen auch die Riesenbinse und Zwergsträucher wie die Rauschbeere. An ihren Blättern nagt die Raupe des gefährdeten Hochmoor-Gelblings. Der gelb leuchtende Tagfalter ist im Juli auf Flügelginsterweiden zu entdecken.
An einer Stelle kamen wir Riesenpilzen, die der Natur nachgebildet waren, vorbei. Es war eine super Idee, solche Pilze an einem schönen Waldareal aufzustellen.

Wir kamen auch an einer 250 Jahre alten Fichte, die 2011 durch Borkenkäferbefall abgestorben ist, vorbei. Zahlreiche Schnitte wurden mit der Motorsäge eingefügt und mit erklärenden Worten versehen. So konnte man in einem durchgehenden Schnitt seinen Kopf hineinstecken und die Stimme erheben. Es schallte gewaltig. An den anderen Stellen war eine Schwarzfärbung und der Muttergang eines Pilzes und ein typischer Hakengang er Larve des Fichtenbocks zu sehen.

Das Schweinewiibli
Eine Tafel an einem Bohlenweg erregte unsere besondere Aufmerksamkeit. Es handelte sich um eine Bernauer Sagengestalt namens „Schweinewiibli“. Sie hatte es auf den Inhalt von Taschen und Körben der Besucher abgesehen. Sie war keine liebliche Sängerin wie die Loreley, sie erschreckte vielmehr alle Vorbeikommenden mit einem kreischenden Lachen, mit schrecklich krächzendem Gesang. Einigen Bernauern, die nach einem Gasthausbesuch in Todtmoos nach Mitternacht nach Haus wankten, soll die Frau erschienen sein. Sie berichteten von einem kreischenden Weib, das an einem Geisterbrunnen sass und sich die struppigen Haare mit einem Besen kämmte. Ob die Burschen dann einen anderen Weg im angesäuselten Zustand suchten?
Hier ein Vierzeiler, der über das Schweinewiibli existiert:

„S`Schweinewiibli isch zue üs cho,
S`hät üs alle Beere gno,
S`Chrättele isch leer,
wenn i nu deheim bliebe wär.“

Das versunkene Kloster
Nach der Durchquerung des Zaubewald-Pfades gingen wir wieder an unserem Ausgangspunkt zurück. Dort befindet sich auch ein Pavillon mit der lebensgrossen Figur des „Schweinewiiblis“. Natürlich hielten wir uns nicht zurück und fotografierten uns mit dieser Sagenfigur. Auch einige Infotafeln nahmen wir unter die Lupe. So erfuhren wir wichtige Fakten  über das Naturschutzgebiet Taubenmoos und eine Inschrift über die Geschichte des versunkenen Klosters im Taubenmoos. Hier kurz die schaurige Geschichte: Als der Abt eines Tages verreiste, feierten die Mönche ausgelassen, wurden unsittlich, gottlos und speisten unmässig und soffen kübelweise Bier und Wein. Als der Abt zurückkehrte trieben die Mönche es weiter, sie feierten wohl den Hexensabbat. Mitten im Tanz, erhob sich ein dumpfes Grollen, Blitze zuckten, die Mauern des Klosters zerfielen und versanken für ewige Zeiten im Moor.

Fazit: Der Geissenpfad war ein schöner und attraktiver Weg. Hier hatten wir immer wieder herrliche Ausblicke ins Tal und die umliegenden Berge. Der Zauberwald ist besonders für Kinder eine Attraktion. Aber auch Erwachsene können interessante Dinge erblicken und sich vom Schweinewiibli  in Gedanken erschrecken lassen.

Internet
www.schwarzwald-wandern.net
www.kuckuck-schwarzwald.de
https://de.wikipedia/org/wiki/Menzenschwand
https://www.bernau-schwarzwald.de
www.schluchtensteig.de

 


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