Textatelier
BLOG vom: 18.05.2018

Sicherheit und Risiko

Autor: Richard Gerd Bernardy, Dozent für Deutsch als Fremdsprache, Viersen/D


Was es seit dem Anfang der Menschheit bis heute nie gegeben hat, aber wonach seitdem gestrebt wird und das von unserer Regierung immer konsequenter eingefordert wird, wird mit dem Wort Sicherheit umschrieben.

Die meisten Menschen sind der Meinung, es ist möglich, Sicherheit beinahe absolut zu erreichen. Natürlich ist sie nur mit Gesetzen, Vorschriften und Regeln zu erhalten, jedenfalls bis zu einem bestimmten Ausmass.

Sicherheit im Strassenverkehr gibt es nicht ohne Verkehrsregeln, an die sich alle Verkehrsteilnehmer halten müssen. Sicherheit im Konsum gibt es nicht ohne Verbraucherschutzgesetze. Sicherheit im täglichen Leben gibt es nicht ohne Strafgesetze, wozu auch Antiterrorgesetze zählen.

Wozu unterwerfen sich Menschen Gesetzen, die ihre tägliche Freiheit beschneiden und eingrenzen? Die meisten Menschen empfinden sie nicht als Einschränkung ihrer persönlichen Freiheit, denn ihrer Meinung nach, so glauben sie, wird vor allem die Freiheit der Anderen eingeschränkt, die etwas von mir wollen und die der Meinung sind, das dürfe und könne man unbegrenzt tun.

Ein weiteres Merkmal des Menschseins ist die Angst vor Leid und Tod. Das eine will man möglichst vermeiden und das Unvermeidliche möglichst weit hinausschieben. Der Mensch ist ein Teil der Natur und den Naturgesetzen unterworfen. Um ein vermeintlich sicheres Leben führen zu können, wird versucht, die Gesetze, die schaden können, so weit wie möglich zu beherrschen.

Andere Einschränkungen nehmen die Menschen gern in Kauf. Sie zeugen Kinder, ziehen sie auf und gehorchen damit den Naturgesetzen, auch wenn dies die Sicherheit nicht gerade erhöht, weil damit immer auch Leid verbunden ist und man angreifbarer wird. Das dadurch eingegangene Risiko wird gern auf sich genommen, nicht weil den meisten Menschen in den Sinn kommt, dass sie sich durch ihr Tun den Naturgesetzen unterwerfen, sondern weil sie dem evolutionären Drang nachgeben.

Auch wenn das Risiko im Leben des Einzelnen in vielen Gebieten der Erde kleiner geworden ist, denn früher war es durchaus gefährlicher zu leben, und die Möglichkeit, von vor der Geburt an bis zum Tod vielerlei und mehr als heute Gefahren ausgesetzt zu sein, hat sich in einer zivilisierten Welt minimiert, ganz ohne unvorhersehbare Risiken kann niemand leben.

Dass es weniger Lebensrisiken als früher sind, lässt sich klar am medizinischen, hygienischen und zivilisatorischen Fortschritt festmachen. Das Risiko einer Mutter, schon bei der Geburt des Kindes zu sterben, ist ebenso gesunken, wie allgemein an einer Seuche. Einige Risiken haben sich erhöht: die Chance an Krebs zu sterben, ist ein Beispiel davon und verbunden mit dem Erreichen eines langen Lebens.

Statistisch gesehen ist das Risiko, im Strassenverkehr zu sterben, viel höher, als etwa durch einen Terroranschlag. Seltsamerweise fürchten viele Menschen mehr den Terror als sich auf die Strasse zu begeben.

Tiere wissen nichts von Sicherheiten und Risiken. Instinktiv versuchen sie, ihre Brut vor anderen zu schützen, bis die Jungen selbst für sich sorgen können, aber Bewusstsein davon, wie gefährlich Leben sein kann, haben sie nicht.

Wie fast in jedem Jahr haben auch dieses Mal wieder ein Kohlmeisenpaar sich in einem von mir bereitgestellten Nistkasten für Familiennachwuchs gesorgt. Der Kasten steht ganz oben auf einem Regal für Gartengeräte.
Das Männchen versorgte fleissig das Weibchen, als es auf den Eiern sass und nach dem Schlüpfen der 5 Jungen sah man beide pausenlos kleine Raupen heranschleppen und Kot heraus.

Wir beobachteten das Geschehen 3 Wochen lang.

Eines Morgens fanden wir den Nistkasten auf dem Terrassenboden liegend, das Dach war abgesprungen. Eine Katze hatte ihn gefunden und einfach heruntergeschleudert, um an seine reichhaltige Beute zu kommen.

Vermeintliche Sicherheit und Risiko, Falschbeurteilung und eine streunende Katze aus der Familie der Raubtiere, haben alles zunichte gemacht.
Das Elternpaar, während der Fütterungszeit immer laut schimpfend, wenn wir uns auf der Terrasse bewegten, denn dann flog es nicht zum Nest, lässt sich nicht mehr blicken.

Ob die beiden leiden oder alles hinnehmen? Wer weiss es. Bei grösseren Tieren kann das Verhalten beim Verlust eines Partners oder Kindes als Trauer von uns interpretiert werden.

Ob sie im nächsten Jahr wiederkommen? Die Natur erlaubt nur den Menschen die Einschätzung, ein Risiko einzugehen oder nicht. Tiere und Pflanzen sind dazu nicht imstande

Bringt das die Menschen dadurch in eine vorteilhaftere Lage? Ist Angst vor der Zukunft sinnvoll? Vor einer Zukunft, die wir zwar meinen, voraussagen zu können, aber die sich oft genug ganz anders gestaltet?

Im Grunde bleibt uns wenig anderes übrig, als Ungewissheit und Risiko in Kauf zu nehmen. Denn wenn wir das nicht tun, beschneiden wir damit unsere Freiheit noch mehr, als sie schon beschnitten wird.

Es ist sogar dringend erforderlich, gegen die Sicherheitsfanatiker anzugehen, gegen die Einschränkungen durch global wirkende Unternehmen, gegen die Bevormundung durch Staat, Wirtschaft, Kirche und Medien, gegen Kampagnen, die die Menschen verdummen und unmündig halten wollen.

Nicht die Sorgen um unsere Sicherheit stehen im bei ihnen im Vordergrund, sondern die Ausübung von Macht und finanzielle Vorteile in Politik und Wirtschaft. Fordern wir die Medien auf, die Hintergründe des Tuns aufzudecken!

Einige Menschen sind inzwischen wach geworden. Gegen die Einführung der Sicherheitsgesetze, die die persönliche Freiheit einschränken, zum Beispiel im Freistaat Bayern, gab es heftige Proteste.

 


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