Textatelier
BLOG vom: 19.05.2005

Referentenschicksale: Störende Katzen und Schnarcher

Autor: Heinz Scholz

Vorträge, die ich teils allein oder gemeinsam mit Apotheker Frank Hiepe (Co-Autor meines Heilpflanzenbuches „Arnika und Frauenwohl“) über Heilpflanzen hielt, waren immer besondere Erlebnisse. Es gab lustige Vorfälle, erheiternde Versprecher und schnarchende Gäste. Für uns war tröstlich, dass die in Morpheus Armen gesunkenen Zuhörer die Ausnahme waren. Hier einige amüsante Geschichten:

Nach einem Vortrag bei Landfrauen unterhielten sich 2 ältere Teilnehmerinnen angeregt über das Gehörte. Aber auch alltägliche Dinge kamen zur Sprache, wie der folgende Dialog unterstreicht:

„Du, in letzter Zeit fühle ich mich nicht so wohl in meiner Haut. Ich schlafe nicht so gut und am Morgen drückt und zwickt es hier und da.“ „Das ist doch ganz normal“, antwortete die Gesprächspartnerin und fuhr fort: „Wenn Du nämlich nichts mehr spürst, bist Du tot!“

Vor Landfrauen sprachen wir auch über den besonderen Schutz, den die Arnika bei uns geniesst. Die Pflanze darf auf keinen Fall gepflückt werden. Als dies eine Landfrau hörte, meinte sie zu ihrer Nachbarin gewandt: „Kräutersammler müssen das 11. Gebot anwenden!“ Als wir nachfragten, was dieses Gebot denn bedeute, prustete die spitzbübische Frau heraus: „Sich nicht erwischen lassen!“

Während eines Vortrags im altehrwürdigen Pflegehaus „Columban“ in Schopfheim passierte mir ein Lapsus. Dieser Versprecher war ein grösserer Lacherfolg als die lustigen Geschichten, die ich über Heilpflanzen zum Besten gab. Das Bemerken des Versprechers zeigte auch, wie hellwach die überwiegend älteren Leute − die älteste Dame hatte ein stolzes Alter von 96 Jahren! − waren. Ich berichtete über einen Brauch mit der Brombeere. Ich sagte nicht: „Dieser Brauch stand bereits vor 100 Jahren in einer botanischen Monatsschrift“, sondern „Diesen Brauch las ich bereits vor 100 Jahren . . . „Nach dem brüllenden Gelächter meinte eine Dame: „Dann müssten Sie sehr alt sein, aber wie ich sehe, haben Sie sich gut gehalten. Oder wollten Sie überprüfen, ob wir noch wach sind?“

Während eines Vortrages in Dossenbach D schlief eine ältere und wohl allzu müde Landfrau in der 1. Reihe ein und begann schon mit dem Schnarchen. Ich wurde etwas lauter und siehe da, sie schreckte auf und lauschte wieder meinen Ausführungen. Als diese Geschichte später einer Frau im Vorstand, die nicht anwesend sein konnte, zu Ohren kam, meinte sie lapidar: „Diese Frau war nicht von uns, die kam aus Maulburg.“ Maulburg ist ein Nachbarort und liegt in der Nähe von Schopfheim.

Auch während meiner beiden Vorträge über Bärlauch am 6. und 10. Mai 2005 im Hotel Arnica, Todtnauberg (www.hotel-arnica.de), gab es einige amüsante Vorfälle. In meinem Vortrag wies ich auf die Verwechslungsgefahr von Bärlauch mit giftigen Pflanzen (Maiglöckchen, Herbstzeitlose) hin. Meine Schilderung war wohl so eindrücklich, dass eine besonders vorsichtige Frau die am nächsten Tag von Olympiakoch Jochen Stückler zubereiteten Bärlauch-Speisen (Suppe, Gnocchies, Pesto, Butter) partout nicht essen wollte. Aber Jochen Stückler redete so lange auf sie ein, bis sie die köstlichen Speisen probierte. Die gute Nachricht: Alle haben den Kochkurs heil überstanden. Auch der Küchenchef.

Ich brachte nicht nur den Bärlauch den Zuhörern in Wort und Bild näher, sondern auch einige typische Heilpflanzen der Region. Ich würzte die Erläuterungen mit amüsanten Geschichten. Hier eine der Anekdoten: Eine Ärztin verordnete einer nervösen und überforderten Hausfrau Weissdornsaft. Sie wurde mit diesem Naturmittel tatsächlich ruhiger und gelassener. Der Ehemann dieser Frau hatte ebenfalls Probleme, und zwar nicht mit seiner Angetrauten, sondern mit seinem unausstehlichen Chef. Als der Vorgesetzte ihn eines Tages wieder anschreit, platzt ihm der Kragen, und er schreit zurück: „Nehmen Sie Weissdornsaft, damit Sie endlich wieder ein Mensch sind!“ Eisiges Schweigen folgte diesem Gefühlsausbruch. Der Chef jedoch befolgte den Rat und siehe da, er wurde verträglicher.

In einem anderen Fall wurde ein unausstehlicher Ehemann mit Borretschsaft besänftigt. Nachdem ich dies verlauten liess, meinte eine Frau: „Herr Stückler könnte diese Säfte herstellen für den eigenen Gebrauch, wenn er muffig ist oder unerträglichen Gästen verabreichen.“ Es gibt ja nichts Schöneres als zufriedene und friedliche Gäste. Und wenn man etwas nachhelfen muss, ist dies im Sinne aller.

Jochen Stückler überlegt nun, ob er die erwähnten Säfte herstellen soll.

Während des I. Internationalen Fusstherapeutischen Symposiums 1999 in Friedrichshafen (hier hielt auch ich einen Vortrag) hatten 2 Damen ihre Hunde dabei. Die Vierbeiner wurden überall mitgenommen, auch in den grossen Vortragssaal. Hier wurde referiert, diskutiert und Beifall gespendet. Als ein Vortragender an einer Stelle seiner fulminanten Rede auf Beifall wartete − und dieser nicht kam −, bellte der Hund Beifall heischend in den Saal. Nun hatte der Redner seinen Beifall und die Zuhörer etwas zum Schmunzeln.

Bei dieser Gelegenheit möchte ich Begebenheiten, die der Dichter Ludwig Finckh (1876−1964) während seiner Lesungen erlebt hat, anfügen.

Als Finckh einmal gerade mit seinen zarten Gedichten begann, schlich sich eine Katze auf die Bühne und schnurrte vertraulich um seine Beine. Die Zuhörer schmunzelten, und der Dichter las mit „Todesverachtung“ weiter. In der Pause wollten 2 Damen das Kätzchen einfangen, aber es war und blieb verschwunden. Als der Dichter wieder begann, tauchte die Katze wieder auf, wurde jedoch jetzt unternehmungslustiger. Sie kletterte einen Vorhang hinter dem Redner hinauf, zerrte daran und kratzte mit den scharfen Krallen herum. Ludwig Finckh: „Alle meine Sünden fielen mir ein. Sollte ich aufhören und eine Jagd veranstalten? Ich las und hörte das Kätzchen spielen und sah die Hörer schmunzeln, und tat, als wenn ich das Tierchen mitgebracht hätte, als Reisekatze.“

Ein anderes Mal wurde der Vortrag durch Blasmusik im Nebenraum gestört. Die Feuerwehrkapelle übte, dass es eine wahre Freude war. In einer anderen Stadt beschwerte sich der Redner über den störenden „Luftsauger“. Er bat den Veranstalter, doch den Luftsauger abzustellen. „Wir haben keinen Ventilator“, sagte einer, „das ist die Lauter. Sie fliesst hinter dem Haus und führt Hochwasser.“ Der Dichter liess sich nicht aus der Ruhe bringen; er las eben lauter. Der rauschende Fluss liess sich eben nicht abstellen.

Störende Blasmusik und Katzen habe ich nicht erlebt, dafür wurde ich ab und zu mit menschlichen Schwächen konfrontiert. Aber das kann auch mir bei anderer Gelegenheit passieren.

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