Als Steine von Bäumen fielen…
Er sass auf seinem Lieblingsast seines Lieblingsbaums, schaukelte und lauste sich in einem. Beides langweilte ihn. Überdies durfte er nicht zuviel kratzen, denn er war schütter behaart und hatte ohnehin schon genug blanke Stellen, die den Affenweibchen nicht gefielen. Deswegen wurde er verlacht und blieb allein ein Aussenseiter und Einzelgänger.
Vermerkt sei jener Tag, als er mit einem Stein in der Hand zu seiner Astgabel hochkletterte und, anstatt sich zu scharren, diesen von einer Hand in die andere hin und her warf. Dies war ein ungewöhnlicher Zeitvertreib, zumal für einen Affen. Zur üblichen Zeit wurde er hungrig. ‚Abendbrot' dachte er und liess dieses dringlichen Lebensinhaltes wegen den Stein kurzerhand fallen, der nicht anders konnte, als scharfkantig auf einen Affenschädel unter ihm zu prallen. Einzig der dichte Haarwulst hat diesen Affen vor Ärgstem bewahrt; gleichwohl jagte der Getroffene mit Schmerzgeheul auf seinen Dreien davon, mit einer Hand die schwellende Beule reibend.
Dem auf dem Ast schien dies drollig, und er kam auf Gedanken. Wen erstaunt es, dass er fortan lauernd mit einem Stein zur Hand auf dem Baume sass. Allmählich lernte er zielfertig die Wirkung zu steigern. Den Menschenaffen wurde dieses Unwesen immer unheimlicher. Mit eingekniffenen Schwänzen schlichen sie geduckt umher, wurden nervös, mager und bös. Wer nervös, mager und bös ist, kommt auf Gedanken. Eines unter ihnen, ein Weibchen, war besonders böse, seit ein wuchtiger Stein ihr die Hälfte des Schwanzes und Stolzes beraubt hatte – eine Fehlleistung des Schützen, der nach Köpfen zielte.
Das Opfer schämte sich seiner verschandelten Zierde und sass seit dem Unglück vor einer Höhle sein Hinterteil der Welt ab- und dem Höhleneingang zugekehrt. Es begann sich herumzusprechen: Dem Stummelaffen vor der Höhle trifft kein Stein mehr. Andere suchten in ihrem Unterschlupf Zuflucht. Sie hatte nichts dagegen, da sie nachtsüber allein arg fror auf dem kühlen Gestein. Dies wurden die ersten Höhlenbewohner, denen die neue Behausung bald zu enge wurde. Die Schwächsten unter ihnen wurden vertrieben, darunter der Stummelaffe und der schüttere Unhold, der seines Spasses verlustig nicht auf dem Baume zurückbleiben wollte.
Schliesslich fanden die beiden eine geräumige Grotte. Doch der Stummelaffe war inzwischen noch böser geworden und brütete finster über sein Leid. Gedanken kamen.
Eines Nachts, der Mond warf einen zaghaften Schein in die Grotte, beäugte die Stummlige den ruppigen Schweif des Schütteren. Damit sie selber die Stummligste nicht mehr sei, wählte sie eine Stelle nahe am Rumpf, hob den Stein hoch, hielt inne, frohlockte, setzte ihn nochmals ab, weil sie zu sehr bebte, sammelte sich, stemmte hoch und liess fallen den Stein. Das Gekreisch und den Tumult zu schildern, dies versagt die Sprache. Jetzt wussten 2 um Ursache und Wirkung. In einer Woche hatten es 5 erfahren, nach einem Monat 20. Nach soviel Jahren, wie Sie sich innerhalb von 2 Sekunden ausdenken können, hatte die Natur das Anhängsel den undankbaren Affen schon bei der Geburt abgenommen. Alle anderen Tiere hatten ihren Schweif, Schwanz, Wedel oder Rute und wollten keinen zweiten, am allerwenigsten Affenschwänze. (Ausser der Elefant, der etwas seiner Grösse angemessenes haben wollte. 20 Affenschwänze hatte ihm die Natur zusammengenäht und ihm vorgehängt.)
Fortan müssten wir vom Urmenschen sprechen, wäre die Geschichte hier nicht zu Ende.
Emil Baschnonga
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