Albert Einstein: Vom „Depperl“ zum Genie
Als Pauline Einstein, die grossgewachsen war und vor Gesundheit geradezu strotzte, ihren Sohn Albert nach der Geburt in Ulm D sah, erschrak sie ganz gehörig. Ihr Sohn hatte einen grossen und eckigen Hinterkopf, und sie meinte, es handle sich um eine Missgeburt. Als dieser Albert Einstein (1879–1955) heranwuchs, lernte er das Sprechen erst spät. Alle waren der Ansicht, das Kind sei behindert. Sein bayerisches Kindermädchen soll ihn sogar als „Depperl“ betitelt haben.
In der Schule zeigte er keine guten Leistungen. 1894 verliess er ohne Abschluss das Münchner Luitpold-Gymnasium. Das hatte auch seinen Grund: Er hatte etwas gegen den autoritären Führungsstil der Schulleitung. Aber bald darauf blitzte sein Genie auf. Er besuchte 1895 die Kantonsschule Aarau, da er an der Eidgenössischen Polytechnischen Schule in Zürich studieren wollte. Er schaffte das Abitur mit Bravour. Mit 21 schloss er das Studium in Zürich als diplomierter Fachlehrer für Mathematik und Physik ab. Aber zu jener Zeit war es schwer, einen Job zu finden. 1901 wurde er Schweizer Bürger. Zunächst schlug er sich als Nachhilfelehrer durch. So vertrat er beispielsweise einen Lehrer, der 2 Monate lang zum Militärdienst einberufen wurde. An einer Oberschule in Winterthur unterrichtete er in darstellender Geometrie. Als er hörte, er müsse 30 Stunden in der Woche in einem Klassenzimmer verbringen, meinte er: „Der wackre Schwabe forcht (fürchtet) sich nicht.“
Einstein entwickelte bereits 1905 die Spezielle und 1915 die Allgemeine Relativitätstheorie, welche die Physik revolutionierten. Von nun an ging es auch beruflich bergauf. Zunächst war er am Patentamt in Bern tätig; dann erhielt er eine Professur an der Uni Zürich. 1911 zog es ihn als Professor an die Deutsche Universität in Prag. Später wurde er Leiter des Kaiser-Wilhelm-Instituts für Physik in Berlin, dann Professor in Princeton (USA). 1921 erhielt er den Nobelpreis für Physik, nicht für die damals noch umstrittene Relativitätstheorie, sondern für seine „Entdeckung des Gesetzes für den photoelektrischen Effekt“. Den Preis nahm Einstein erst 1923 entgegen. Das Preisgeld überliess er seiner geschiedenen Frau Mileva. Ein Teil des Geldes wurde für die Pflegekosten des kranken Sohnes Eduard verwendet.
Aus Furcht vor einer deutschen Aggression setzte er sich für den Aufbau eines amerikanischen Nuclear-Forschungsprogramms ein. In einem Schreiben an den damaligen US-Präsidenten Franklin D. Roosevelt teilte er das mit. Er blieb jedoch vom geheimen „Manhatten-Projekt“ ausgeschlossen, weil er angeblich ein „Sicherheitsrisiko“ aufgrund seiner früheren politischen Äusserungen darstellte. Nach dem Krieg trat er vehement für den Abbau von Kernwaffen ein.
Welche Schulnoten für Einstein?
Während des Besuchs des technisch-wissenschaftlichen Zweiges der Kantonsschule in Aarau wohnte Albert Einstein bei Professor Jost Winteler und seiner Frau Pauline im Rössligut. Winteler unterrichtete an dieser Schule Griechisch und Geschichte. Einstein lobte den liberalen Geist in der Schweizer Erziehung und fand keine Spur einer autoritären Haltung. „Die Schüler wurden als Individuen behandelt und ermutigt, selbstständig zu denken“, berichten die Autoren des Buchs „Die geheimen Leben des Albert Einsteins“. Seitdem hatte er eine Abneigung gegen jede Art von Drill und Autorität, also alle die negativen Eigenschaften, die er in Deutschland kennen gelernt hatte. Wohl ein Grund, warum er die deutsche Staatsangehörigkeit aufgegeben hat.
Am 3. Oktober 1896 erhielt Albert Einstein ein hervorragendes Reifezeugnis ausgehändigt. Es ist einmal ganz interessant, welche Noten er für die einzelnen Fächer bekommen hat (die 6 ist in der Schweiz die beste Note!). Hier sind sie:
- Deutsche Sprache und Literatur 5
- Französische Sprache und Literatur 3
- Italienische Sprache und Literatur 5
- Geschichte 6
- Geographie 4
- Algebra 6
- Geometrie 6
- Darstellende Geometrie 6
- Physik 6
- Chemie 5
- Naturgeschichte 5
- Kunstzeichnen 4
- Technisches Zeichnen 4
Der Notendurchschnitt betrug 5,0 (dies entspricht einer 2,0 in Deutschland). Im Zeugnis heisst es dann: „Gestützt hierauf und demselben das Zeugnis der Reife erteilt.“
Schrecklicher Vorfall im Hause Winteler
Die Familie Winteler wurde für Einstein zur 2. Heimat, und er bezeichnete den Aufenthalt in Aarau als eine der glücklichsten Zeiten seines Lebens. Aarau beschrieb er als „eine unvergessliche Oase in der europäischen Oase Schweiz“. Einstein war besonders von der Warmherzigkeit von Pauline, der Frau des Professors, begeistert, eine Warmherzigkeit, die er bei seiner eigenen Mutter vermisste. 1906 passierte ein schreckliches Unglück. Pauline wurde von ihrem geisteskranken Sohn Julius, der als Schiffskoch von einer Amerikareise zurückkehrte, erschossen. Bevor er sich selbst tötete, erschoss er noch den Ehemann seiner Schwester Rosa. Auch Einsteins Jugendliebe Marie, eine Tochter der Wintelers, verbrachte später viele Jahre in einer psychiatrischen Anstalt. Prof. Winteler äusserte, die Geisteskrankheit sei von seiner Frau in die Familie gebracht worden. Auch Einstein suchte die Schuld an der Geisteskrankheit seines Sohnes Eduard bei seiner ersten Frau Mileva.
Einsteins Gehirn
Während der Autopsie von Einsteins Körper entnahm Dr. Thomas Harvey heimlich das Gehirn des Forschers und konservierte es. Es gab einigen Wirbel, da keine Erlaubnis der Familienangehörigen vorlag. Teile des Organs sind heute noch erhalten. Einige davon sind in Formalin aufbewahrt, andere liegen in dünnen Scheiben, eingebettet in einem durchsichtigen Material (Celoidin), vor. Interessant sind die Untersuchungen, die an Einsteins Gehirn durchgeführt wurden. Zunächst war das Gehirn deutlich leichter (1230 g) als ein Durchschnittsgewicht eines männlichen Gehirns (1400 g). Einige Regionen waren jedoch in der vorderen Hirnrinde dicht gepackt gewesen. „Er hatte genauso viele Nervenzellen wie andere, nur kompakter und dadurch möglicherweise effizienter“, berichtet Britt Anderson, eine US-Neurowissenschaftlerin. Wissenschaftler von der kanadischen McMasters-Universität sahen, dass eine seitliche Region der Grosshirnrinde stark entwickelt war. In dieser Region ist das mathematische Denken lokalisiert. Auch fehlte bei Einstein eine Furche in der Gehirnregion, was auf mehr Nervenverbindungen hindeuten könnte.
Einige Anekdoten über Einstein
Als er auf seiner Japanreise erfuhr, dass er den Nobelpreis erhalten hatte, erwähnte er dieses Ereignis mit keinem Wort in seinem Tagebuch.
Als der 2-jährige Einstein ein Schwesterchen bekam, hielt er dieses Wesen für eine Art Spielzeug. Er soll Folgendes geäussert haben: „Wo hat es denn seine Rädchen?“
Als ihm 1952 die israelische Präsidentschaft angeboten wurde, lehnte er dankend ab. Er betonte, er habe zu wenig Erfahrung im Umgang mit Menschen und von der Politik.
In einem Brief, den Ann G. Kocin 1951 an Einstein schrieb, war folgendes zu lesen:
„Lieber Herr Einstein, ich bin ein Mädchen und sechs Jahre alt. Ich habe Ihr Bild in der Zeitung gesehen. Ich glaube, Sie sollten sich Ihre Haare schneiden lassen, dann könnten Sie besser aussehen.“
Was Einstein in einem Züricher Hotel erlebte
Als der junge Albert Einstein in einem Zürcher Hotel übernachten wollte, musterte ihn der Hotelmanager wegen seiner schäbigen Kleidung von Kopf bis Fuss. Er war wohl felsenfest überzeugt, ein solch heruntergekommener Mensch könne hier keine Bleibe finden. So kam es, dass er abgewiesen wurde. Es wäre einmal interessant zu erfahren, um welches Hotel es sich handelte. Hätte Einstein dort ein Zimmer bekommen, dann hinge heute eine Gedenktafel am Hoteleingang.
Hofierter Medienpapst
Einstein war in aller Welt ein hofierter Medienanziehungspunkt. Alle Frauen wollten von ihm die Relativitätstheorie erklärt bekommen, obwohl sie von Physik sonst keine Ahnung hatten. Eines Tages wurde er vom Londoner Palladium eingeladen, um eine 3-wöchige Show zu gestalten. Bei den Vorgesprächen tauchte auch die Tochter des Veranstalters, Lord Haldane, auf, und als sie Einstein gewahrte, fiel sie in Ohnmacht. Andere Mädchen versuchten, ihm Haarsträhnen abzuschneiden. Auch wurden Kinder, Zigarren, Teleskope und Türme nach ihm benannt. Wie die Einsteingalerie (www.einsteingalerie.de) berichtet, kamen täglich unzählige Briefe von religiösen Fanatikern und von Schnorrern. Auch Kinder wollten von Einstein profitieren: Sie waren der Ansicht, Einstein würde ihnen bei den Hausaufgaben helfen. Ein kleines Mädchen schrieb zweifelnd: „Gibt es Dich wirklich?“
Einstein genoss es sichtlich, wenn er von Frauen umschwärmt wurde, aber es war ihm lästig, wenn ihn die ganze Welt bewunderte.
Er streckte die Zunge heraus
1952 gelang einem Reporter wohl das lustigste und ungewöhnlichste Bild seiner Karriere. Er lichtete Einstein, als dieser die Zunge herausstreckte, ab. Er nahm die Jagd der Fotoreporter stets humorvoll hin. In einem Gedicht schrieb er Folgendes:
„Umsonst ist’s nicht, dass die Natur/ Uns schenkte eine Zung’ nicht nur/ Sondern dazu die Fähigkeit/ Sie rauszustrecken ziemlich weit!“
Schweizer „Dienstbuch“ hielt er in Ehren
Einstein, gebürtiger Deutscher, Wahlschweizer und US-Bürger (1940), bezeichnete sich als Weltbürger. Stolz war er auf sein Schweizer „Dienstbuch“. In diesem Buch wurde ihm Dienstuntauglichkeit bescheinigt. In dem Buch stand als Grund für die Untauglichkeit „Plattfüsse“ und „Krampfadern“ (in einigen Berichten taucht als Grund „Fussschweiss“ auf).
Die Frage nach der Erbmasse
Auf die Frage, welchem Elternteil er die grosse Begabung zu verdanken habe, sagte Einstein: „Ich habe keine besondere Begabung, sondern bin nur leidenschaftlich neugierig“, dann fuhr er weiter fort: „Damit entfällt also die Frage nach der Erbmasse.“
Moralpredigten über gesunde Lebensweise
Einstein mokierte sich über die Moralpredigten seiner Kusine zum gesunden Leben. Er äusserte einmal: „Ich werde mit einem Minimum an medizinischer Hilfe ins Gras beissen, wenn mein Stündlein gekommen ist. Bis dahin werde ich drauf los sündigen, wie es meine ruchlose Seele eingibt. Diät: Rauchen wie ein Schlot, Arbeiten wie ein Ross, Essen ohne Überlegung und Auswahl, Spazierengehen nur in wirklich angenehmer Gesellschaft, also leider selten, Schlafen unregelmässig usw.“
Er nannte sich selbst einen „unverbesserlichen Mistfinken“, da er von Körperpflege nicht viel hielt.
Keine gute Meinung von Amerika
Im Frühjahr 1933 war Einstein überzeugt, die Nazis würden in Berlin bald die Oberhand haben und aufrüsten. Dann sprach er folgende Warnung aus: „Wenn sie noch ein oder 2 Jahre haben, wird die Welt wieder durch die Hand der Deutschen etwas Schönes erleben.“
Im Oktober 1933 fuhren Elsa (2. Frau) und Helene Dukas (Sekretärin) in die USA. 10 Jahre zuvor schrieb Einstein an seinen Freund Michele Besso von seinen Eindrücken von einer Amerikareise: „Um Europa erfreulich zu finden, muss man Amerika besuchen. Zwar sind die Menschen dort freier von Vorurteilen, aber dafür meist hohl und uninteressant, mehr als bei uns.“
Und hier noch 2 Anekdoten, die man sich über Einstein erzählt. Es lässt sich nicht nachweisen, ob diese der Wahrheit entsprechen oder nicht. Diese und weitere Anekdoten über berühmte Physiker unter www.physik.uni-augsburg.de
Einstein und Marilyn Monroe
Die berühmte amerikanische Schauspielerin Marilyn Monroe (1926–1962) soll einmal zu Albert Einstein Folgendes gesagt haben: „Was meinen Sie, Professor, sollten wir nicht zusammen ein Kind machen. Stellen Sie sich vor, das Kind hätte mein Aussehen und ihre Intelligenz.“ Darauf entgegnete Einstein: „Es tut mir leid, aber es könnte auch anders herum sein.“
„Zerstreuter“ Professor
Es gab und gibt sie immer noch, die „zerstreuten“ Professoren. Als Albert Einstein einen Kollegen traf, meinte er: „Kommen Sie doch heute Abend zu mir, Professor Smithson wird auch da sein!“ Der verblüffte Gelehrte entgegnete: „Aber ich bin doch Smithson!“ Darauf Einstein: „Das macht doch nichts! Kommen Sie trotzdem.“
Zitate von Albert Einstein sind auch unter dem Titel „Explosives von Albert Einstein“ im Textatelier aufgeführt.
Heinz Scholz
Quellen
„100 Jahre Relativitätstheorie“ , Einstein Spezial, PM-Heft (2005-1).
„Brockhaus, Personen der Menschheitsgeschichtevon A–Z“, Brockhaus Verlag, Mannheim, 2000.
„Die geheimen Leben des Albert Einstein“, eine Biographie von Roger Highfield und Paul Carter, marixverlag GmbH, Wiesbaden 2004.
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