Stimmungsleuchtkörper – ein kleines Sammlerbrevier
Autor: Emil Baschnonga
Der Winter hält allmählich Einzug. Frühabends schon wird das Licht angeknipst. Ich unterscheide zwischen praktischen Lichtquellen, seien es Ständer- oder Pultlampen, die es etwa zum augenschonenden Lesen und Arbeiten braucht, sowie Stimmungslichtern zur Entspannung. Dieses Blog ist letzteren gewidmet, von Kerzenständern, Petroleumlampen bis zu den Jugendstil- und Art-Déco-Lichtquellen.
In meinem Elternhaus hing eine so genannte „Lampe belge“, von meinem Vater elektrifiziert, von der Decke. Sie stammt aus dem Elternhaus meiner Mutter. Unter dieser Lampe mit milchweissem Glasschirm, die sich tief hinabziehen lässt, hatte sie als Kind nach Herzenslust gemalt. Jetzt hat die Lampe den Ehrenplatz über dem Esstisch bei uns in Wimbledon. Wie ein rohes Ei hatte ich sie von Basel nach London transportiert und verstehe noch immer nicht, warum ihr unterwegs nichts geschehen ist. Auch ist mir unbegreiflich, wie es meinem Vater gelingen konnte, die Kabel innerhalb der Messingröhrchen, die das Lampengebilde tragen, „durchzufädeln“.
In wenigen Wochen, wenn die Weihnachtszeit heranrückt, werde ich allerlei Kerzenständer aus dem Schrank holen. „Aber nicht alle auf einmal“, bittet meine Frau. Sie sind aus Bronze oder Messing, einige mit Eidechsen- oder Blumenmotiven umrankt, und haben eine dunkle Patina gewonnen. Sie sind Flohmarkt-Funde, anders kann es bei mir nicht sein, aus Paris, Brüssel, Genf und anderswo. Solche aus Messing sind noch längst nicht selten geworden. Sie finden sich in Ramschläden und auf Flohmärkten, besonders in England. Nur gilt es dabei zu beachten, dass es sich nicht um billige Massenware handelt. Es gibt unseriöse Händler, die sie im Garten überwintern lassen, damit sich Patina ansetzen kann …
Ein Paar Kerzenständer aus „Sèvres“-Porzellan, mit feinen Blumenmotiven bemalt, haben auf dem Kaminsims ihren Standort gefunden. Sie stammen vom Basler Petersplatz. Bis auf den heutigen Tag weiss ich nicht, ob sie echt sind oder nicht, denn die Meinungen gehen auseinander. Immerhin sind sie aus Weichporzellan, also aus der Zeit, mit der Jahresmarke ‚M’ in der Zierschlaufe. Manchmal ist es am besten, nicht allzu sehr nachzuforschen, besonders beim weit verbreitet imitierten „Sèvres-Porzellan.
Gehämmerte, schmiedeiserne Art-Déco-Lampen aus Frankreich mit mehrfarbig getöntem „Pâte de verre“-Leuchtaufsätzen (oft orange/gelb vermischt) verbreiten ein besonders stimmungsvolles Licht, das zum Träumen einlädt. Ein dreiarmiges Exemplar leuchtet bei uns von der Decke; eine kleinere Tischlampe hat auf einem Eckschrank ihre Bleibe gefunden.
Hinter jedem Fund verbirgt sich eine kleine Geschichte. Einem kleinen Daum-Lämpchen mit zwiebelförmiger Glashaube mit geätzter Cameo-Landschaft aus Paris (um 1900) fehlte ein Teil des dritten Standfusses. Es stand wankelmütig schief. Mein Vater, ein Tausendsassa, nahm einen Nagel und bearbeitete ihn mit Schweisskolben und Hammer. Im Nu hatte er den Schaden unsichtbar behoben.
Von einer Gallé-Zierlampe, wiederum aus geätztem Überfangglas, diesmal mit Klematis-Dekor, ist bloss der lang gezogene vasenförmige Lampenfuss übrig geblieben. Darin habe ich eine kleine Kerzenbirne eingefügt und den Lampenfuss aufs untere Tablar eines Gallé-Tischchens platziert. Wie das leuchtet! Schade nur, dass diese Klematis nicht weiterwächst. Ich muss beifügen, dass ich zu diesen Funden kam, als man sie noch spottbillig auftreiben konnte. Vorsicht ist geboten: Viele werden jetzt täuschend gut imitiert. Der Kenner hingegen fällt nicht auf sie herein.
Was tut ein Sammler, wenn solche Kleinode zu teuer geworden sind? Er weicht aus. In den 50er-Jahren kamen schwungvoll gewundene Kristalltischlampen in Mode, von Manufakturen wie Baccarat oder Sèvres entworfen und ausgeführt. Auch von diesen sind einige im Haus und mir ans Herz gewachsen. Kristall saugt das Licht auf und wirft es schillernd in den Raum.
Kerzenlichter sind das ganze Jahr über beliebt, draussen im Garten oder in Innenräumen. Die schwedische Glasmanufaktur Orrefors hat viele entworfen, die qualitativ bestechen und nach wie vor zu vernünftigen Preisen auffindbar sind. Auch moderne Versionen sind nicht zu unterschätzen.
In England findet man noch immer die schalenförmigen Deckenleuchter mit 3 Kettchen an der Zimmerdecke befestigt: Sie verbreiten ein nostalgisch verbrämtes Licht. Ähnliche Deckenleuchter aus Pressglas von Lalique und Sabino (beide französischer Herkunft) sind heute ungleich seltener zu finden, einfach weil sie zu schwer auf der Börse lasten.
Entwerfer aus Italien haben hochmodernen Lichtzauber geschaffen, der mir in seiner funktionellen Einfachheit gefällt. Leider sind sie für mich unerschwinglich teuer. Hier könnte es sich vielleicht lohnen, nach billigeren Imitationen Ausschau zu halten, so sie handwerklich gediegen ausgeführt sind.
Wie gut wir es heute doch haben, nicht mehr mit russig-flackerndem Kienspan ein armselig bisschen Licht gewinnen zu müssen!
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Hinweis auf die Art-Déco-Webseite von Emil Baschnonga
http://www.art-deco-nouveau.com/
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