Textatelier
BLOG vom: 27.11.2005

Raumpläne: Das Fricktal kommt unter keine „Käseglocke“

Autor: Heiner Keller
 
Der Fricker Unternehmer und Gärtnermeister Thomas Stöckli hat in der Rubrik „Fricktaler Stimme“ (AZ, 26. November 2005) mit Bezug auf Post aus der Hauptstadt Aarau („Raumentwicklung Aargau“) über „Das Fricktal unter der Käseglocke“ geschrieben. Die Regierung wird wie folgt zitiert: „Im Rahmen der neuen Regionalpolitik entwickeln ländliche Regionen innovationsfördernde Initiativen, Programme und Projekte, welche u. a. der Verbesserung der Zusammenarbeit zwischen den Agglomerationen und dem ländlichen Raum dienen.“ Dazu Stöckli, unter anderem: „Alles verstanden? Klar doch, wir Fricktaler müssen ‚innovationsfördernde Initiativen’ entwickeln, damit wir es besser mit den Baslern können. Nicht nur an der Fasnacht, an der Herbstmesse oder im Joggeli. Nein, nein, das ganze Jahr über, damit der Aargau endlich ein Problem weniger hat. Denn wir Fricktaler im ländlichen Entwicklungsraum müssen unsere Entwicklung auf unser ‚spezifisches Potenzial’ ausrichten und unsere ‚Funktion im zugeordneten grösseren Agglomerations- und Wirtschaftsraum wahrnehmen’.“
 
Stöcklis Haltung irritiert mich. Ich nehme an, dass der Autor mit meiner Ansicht, die bisherige Raumplanung habe weitgehend versagt, einig ist. Sogar Politiker, die eh nur zugeben, was sie nicht mehr abstreiten können, verbreiten diese Meinung. Nichtsdestotrotz werden „von Aarau“ (Aargauer Regierungs- und Verwaltungssitz) weitere Raumentwicklungsberichte geschrieben, in Vernehmlassungen geschickt und von Gremien eifrig kommentiert. Wieso soll die „dicke Post“ jetzt plötzlich konkrete Auswirkungen auf das Fricktal haben? Weder die Gemeindepolitiker noch die Regionalplanung stellen sich diese Frage. Raumplanung und Regionalplanung werden doch weiterhin wirkungslos bleiben, weil sie keine grundeigentümerverbindlichen Kompetenzen und kein Geld haben. Niemand kann dem Fricktal unter diesen Voraussetzungen eine Käseglocke aufsetzen.
 
Leider tragen diese Art von Planung und die Kolumne von Thomas Stöckli auch nichts zu einer „gesunden“ Entwicklung bei. Was heisst „gesund“ für das Fricktal? Ist es gesund, wenn sich die Regionen Basel und Zürich immer weiter Richtung Bözberg West fressen? Hören sie den Lärm der Autobahn und die Güterzüge nicht? Viel zu viel geschieht absolut ungeordnet, Planung hin oder her. Die Gemeinden wollen keinen gemeinsamen Willen zum Handeln aufbringen. So ist es doch ganz typisch, wenn die Akteure die Aktivitäten von der Regionalorganisation Dreiklang.ch loben, die schöne Fricktaler Landschaft immer wieder verbal umsäuseln: Wer ein Geschäft, Boden oder politische Verpflichtungen hat, will profitieren. Die Natur und Landschaft werden täglich verscherbelt und für neue Vorhaben vorbereitet.
 
Die papierenen Berichte aus Aarau werden im Fricktal gern für persönliche Proteste missbraucht. Mit den unverbindlichen Stellungnahmen dafür und dagegen kann man es denen dort oben wieder einmal zeigen. Man kann seinen Klienten etwas bieten, Stärke zeigen und braucht dabei seine eigenen Hausaufgaben nicht zu machen: Nicht Aarau, sondern die Metropolitan-Regionen Basel und Zürich und die Verkehrsverbindungen bestimmen die Zukunft des Fricktals. Schade, dass sich Thomas Stöckli nicht konkreter dazu äussert, wie er sich eine „gesunde“ Entwicklung vorstellt.
 
Eine Grundlage dafür könnte mein kürzlich erschienenes Buch „Bözberg West“ aus dem Verlag Textatelier.com sein.
 
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