Textatelier
BLOG vom: 01.01.2006

Souveränitätszeichen: Neujahrsempfang 2006 in Biberstein

Autor: Walter Hess
 
In der Schweiz bezeichnet man die Gesamtheit der selbstbewussten Stimmbürger gern als „Souverän“. Im auswärtigen Sprachgebrauch ist der Souverän der Fürst eines Landes oder sonst ein unumschränkter Herrscher – aber das wissen wir Schweizer nicht. Und weil wir alle der Souverän sind, möchten wir die Souveränität (die Unabhängigkeit) auch gern behalten; denn wer will sich schon gern selber abschaffen ...
 
Am heutigen Neujahrstag 2006 begann in meiner Wohngemeinde Biberstein AG um 16 Uhr der Neujahrsempfang im Gemeindehaus unter der Türmchenuhr, zu dem der Gemeinderat (Exekutive) den Souverän, ob stimmberechtigt oder nicht, eingeladen hatte. Ich hatte die Einladung, die vor einigen Tagen im Briefkasten gelandet war, offenbar zu flüchtig gelesen und war der Ansicht, der Apéro beginne um 17 Uhr. Ich kam also eine Stunde zu spät, und der Gemeindeammann Peter Frei hatte, wie ich mir von Mitbewohnern übereinstimmend sagen liess, die Ansprache bereits gehalten.
 
Ich wandte mich zuerst einmal der Theke mit dem Weiss- und Rotwein und den Zopfscheiben zu, prostete nach allen Seiten und fragte dann den Gemeindeammann, ob er seine Rede nicht für mich nochmals halten könne ... Schliesslich bin ich ja ein Teil des selbstbewussten Souveräns. Peter Frei reagierte souverän und fasste für mich zusammen. Da er im abgelaufenen 725-Jahre-Jubeljahr genügend zu Worte gekommen sei, habe er sich kurz gefasst. Er habe an Erinnerungen erinnert, an bleibende Erlebnisse aus dem abgelaufenen Jahr, die wohl jeder Einwohner auf seine Weise erfahren habe. Und er habe an den Wert der Gemeinschaft auf Gemeindeebene erinnert, an die Wohltaten eines selbstbestimmten Lebens hier am sonnigen Jurahang, an dem gerade leichter Regen einsetzte. Ich fasse sinngemäss aus dem Gedächtnis zusammen.
 
Ich unterbrach seinen rhetorischen Extrakt mit der Frage, ob das eine Absage an Gemeindefusionen im Speziellen und an die Globalisierung im Allgemeinen gewesen sei. Seine von einem gewinnenden, strahlenden Lächeln begleitete Antwort habe ich so interpretiert, dass dem im Prinzip so sei.
 
Weiter kamen wir mit der Retrospektive nicht mehr, da sich der vorgerückten Stunde wegen – es war bereits Zeit zum Abendessen – einige Eingeborene, Alt- und Neuzuzüger zu verabschieden begannen, immer mit kräftigen Händedrücken und den besten Wünschen.
 
Hilfsbereite Damen und Herren räumten die Becher zusammen, die ihren Dienst geleistet hatten. Ich verabschiedete mich ebenfalls, auch beim Gemeindeammann. Vielleicht heisst er nicht umsonst Frei.
 
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