Textatelier
BLOG vom: 10.03.2006

Weltfrauentag-Nachtrag: Was machen die Frauen anders?

Autor: Heinz Scholz
 
Der Weltfrauentag oder Internationale Frauentag (International Womens Day) wird weltweit von den Frauenorganisationen am 8. März begangen. Die Idee dazu kam von der deutschen Frauenrechtlerin und Sozialistin Clara Zetkin. Ihr Vorschlag wurde am 27. August 1910 auf der Internationalen Sozialistischen Frauenkonferenz angenommen.
 
Die zentralen Forderungen waren damals: Kampf gegen den Krieg, Wahl- und Stimmrecht für Frauen, Arbeitsschutzgesetze, ausreichend Mutter- und Kinderschutz, der Achtstundentag, gleicher Lohn bei gleicher Arbeitsleistung und Festsetzung von Mindestlöhnen. Etliche dieser Forderungen wurden inzwischen erfüllt; aber es gibt noch eine Menge Benachteiligungen. So verdienen Frauen 20 bis 30 % weniger als Männer mit gleicher Bildung. Trotz besserer Schulbildung bleiben die Potenziale ungenutzt. So sind Frauen in Vorständen (2 in 30 DAX-Unternehmen, 4 in den 100 grössten deutschen Unternehmen) und im Management (10,43 % in allen Unternehmen) in der Minderzahl. Erfreulich ist, dass jetzt weltweit von den Regierungschefs schon 11 weiblich sind. Erstaunlich ist, dass sogar in den Ländern, wo die Emanzipation noch in den Kinderschuhen steckt, weibliche Regierungschefs an der Macht sind. Meist ist es dann so, dass diese Frauen auch keine andere Politik machen. Sie entwickeln den gleichen Machthunger wie Männer. Ob sie auch weisere Entscheidungen treffen, bleibt dahingestellt. Wir werden es bald sehen, wenn Hillary Clinton den unseligen George W. Bush allenfalls ablösen wird.
 
Da blicken so manche Frauen hierzulande verwundert auf die Länder Ukraine, Aserbaidschan, Kasachstan und Weissrussland. Dort ist nämlich der Frauentag ein Feiertag, und in China bekommen Arbeiterinnen am Nachmittag frei.
 
Anlässlich des Weltfrauentags luden Redakteurinnen der „Badischen Zeitung“ 18 Frauen ein, um mit ihnen an diesem Tag eine Zeitung zu machen. Unter den Anwesenden waren Wissenschaftlerinnen, Autorinnen, Geschäftsführerinnen, Sportlerinnen, eine Schauspielerin, eine Winzerin und eine Landwirtin. Die „Badische Zeitung“ wollte herausfinden, ob Frauen eine andere Zeitung machen als Männer.
 
Die Gastautorinnen wollten unbedingt mehr positive Berichte bringen (leider gibt es zu wenige solcher Meldungen). Eine andere wandte ein, man müsse sich an den Eingang von Nachrichten orientieren. Dann ärgerte sich eine Frau, warum Besserverdienende Kinderbetreuungskosten absetzen können und schlechter gestellte Familien nicht.
 
In der Ausgabe vom 8. März 2006 wurden dann auch viele Frauenthemen abgehandelt. So wurde über eine Frau mit 5 Kindern berichtet, die zur Familienmanagerin wurde; dann folgte ein Bericht über Köchinnen. Die Küchen in Sterne-Restaurants sind fest in Männerhand. Einige Frauen wollen dies ändern. Interessant ist auch der Bericht „Wenn Frauen Frauen ausbeuten“. Laut dieser Arbeit beschäftigt eine Frau in Deutschland nicht selten eine Kinderfrau und Putzhilfe aus Osteuropa, der Dritten Welt oder Asien zu einem geringen Lohn. Publik wurde kürzlich der Fall einer ehemaligen PDS-Bundestagsabgeordneten, die illegal eine Putzhilfe beschäftigte.
 
Oder ein anderer Fall: Im SW-Rundfunk beklagte sich am 8. März 2006 eine Prostituierte aus Osteuropa über das Gebaren ihrer „Puffmutter“. Sie und ihre Kolleginnen erhielten von den Freiern etwa 30 bis 35 Dollar. Sie rechnete einmal die Beträge zusammen und kam auf die hohe Summe von 100 000 Dollar pro Jahr, welche die Puffmutter einstrich. Auch hier eine Ausbeutung, die zum Himmel schreit. Inwieweit hier noch Zuhälter ihre Gelder kassierten, wurde nicht bekannt.
 
Man erfährt auch, dass laut Statistiken der Vereinten Nationen 70 % aller Armen und 2/3 aller Analphabeten Frauen sind. Ihr Anteil am globalen Vermögen beträgt etwa 1 %. Die Texte der Frauenausgabe findet man unter www.badische-zeitung.de/frauenblick
 
Eine Neuheit wurde in der Frauenausgabe präsentiert: Auf allen Seiten wurden Aussprüche von berühmten Frauen abgedruckt. Hier eine kleine Auswahl:
 
„Frauen sind wie Teebeutel: Erst wenn du sie ins heisse Wasser wirfst, weisst du, wie stark sie sind.“ (Hillary Clinton, US-Senatorin)
 
„Sie werden als Frau immer nur dann etwas, wenn Männer eine Sache in den Sand gesetzt haben.” (Heide Simonis, ehemalige Ministerpräsidentin von Schleswig-Holstein)
 
„Willst du eine Rede hören, dann wende dich an einen Mann. Willst du Taten sehen, dann geh zu einer Frau.“ (Margaret Thatcher, von 1979-1990 britische Premierministerin)
 
„Brüllt ein Mann, ist er dynamisch. Brüllt eine Frau, ist sie hysterisch.“ (Hildegard Knef, deutsche Schauspielerin)
 
„Fast jede Frau wäre gerne treu. Schwierig ist es bloss, den Mann zu finden, dem man treu sein kann.“ (Marlene Dietrich, deutsche Filmschauspielerin)
 
„Manche kluge Frau ist deshalb allein, weil sie es nicht verstanden hat, ihre Klugheit zu verbergen.“ (Daphne du Maurier“, englische Schriftstellerin)
 
„Die Welt des Mannes ist ein einziger Schlamassel, und trotzdem sind die Frauen ganz versessen darauf, in sie hineinzugelangen und darin Ordnung zu schaffen.“ (Elizabeth Janeway, amerikanische Schriftstellerin und Feministin)
 
Auf Grund der von Frauen gemachten "Badischen Zeitung" gingen am folgenden Tag 150 Stellungnahmen ein, darunter solche von 35 Männern. Es wurde bestätigt, dass Frauen die Tageszeitung aus einem anderen Blickwinkel sehen. Die Zeitung wurde viel länger und intensiver gelesen, weil viele Themen interessierten. Die Reaktionen reichten von „wunderbar", „macht Spass", „hochinteressant" bis zu „super", „echt toll", „fesselnd und ausgewogen". Peter Engelhard aus Offenburg forderte eine Männer-BZ zum 3. November, dem „Tag des Mannes" (hier haben sich die Stadt Wien und die Gorbatschow-Foundation für einen Men's World Day stark gemacht). „Es sollte endlich Schluss sein mit der Vernachlässigung der Männer in der Forschung! Die wichtigste Forderung: Frauen müssen zuhören lernen."
 
Dr. Hansjörg Malcowszki aus Sölden D meinte, dass die eingestreuten Zitate („Das andere Wort") das Spannungsverhältnis treffend pointieren. Dann bemerkte er u. a. noch Folgendes: „Gleichwohl: Ein langsamer und stetiger Wandel zum Positiven präsentiert sich hier, der beide Seiten angeht. Familienmanagerinnen haben meist engagierte Assistenten-Väter hinter sich, die auch nicht gerade wenig Belastung mit sich herumschleppen. Bis zum Gleichklang in Beruf und Familie ist es allerdings noch ein weiter Weg."
 
Nun wollen wir hoffen, dass die „normale“ Emanzipation weiterhin fortschreitet. Dazu bräuchte man nicht unbedingt einen Frauentag oder einen Männertag. Nach einem Tag sind die guten Vorsätze jeweils wieder in den Schubladen verschwunden. Vielleicht gibt es eines Tages weltweit eine tatsächliche Gleichstellung von Mann und Frau – ohne Benachteiligung von Frauen und Männern. Bei solchen Tagen muss man tatsächlich auch daran denken, dass oft genug auch Männer diskriminiert werden.
 
Die Zeitung „La Provence“ aus Marseille meinte zum Frauentag: „Lasst uns mal träumen. Davon, dass der Frauentag endlich abgeschafft werden kann. Nicht aus irgendwelchen hoffnungslos frauenfeindlichen Erwägungen, sondern ganz einfach aus Respekt vor unseren Partnerinnen, gleichberechtigten Kolleginnen oder (...) vor unseren weiblichen Vorgesetzten. Was können wir tun, um der Diskriminierung ein Ende zu setzen? (...) Vor allem und hauptsächlich, ja unabdingbar, müssen sich die Mentalitäten ändern.“
 
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