Textatelier
BLOG vom: 28.03.2006

Die vermummte Shabina und das westliche Schulleben

Autor: Emil Baschnonga
 
Die 17-jährige Schülerin Shabina Begum hat vor Gericht in London ihr Recht verloren, das schwarze islamische Gewand („Jilbab“), Kopf und Körper bedeckend, statt der Schuluniform zu tragen. Den Kampf um dieses Recht hat sie schon als 13-Jährige begonnen, wobei der Einfluss ihrer Eltern und Brüder nicht auszuschliessen ist.
 
Die gewiss sehr stichhaltige Begründung der begabten Kolumnistin Yasmin Alibhai-Brown vom „Evening Standard“ (London), ebenfalls islamischen Glaubens, hat mich beinahe überzeugt, dass die irregeleitete Shabina besser dem Propheten folgen sollte – befreit vom Jilbab. Yasmin zitiert Mohammed:
 
„Das Suchen nach Wissen ist als eine heilige Pflicht allen Mohammedanern auferlegt. Gehe selbst nach China, um Wissen zu erwerben.“
 
„Gott hat nichts Besseres geschaffen als die Vernunft oder etwas Vollkommeneres und Schöneres als die Vernunft.“
 
„Gott schaut weder auf den Körper noch auf die Kleidung (appearances), sondern in unsere Herzen und beurteilt unsere Taten.“
 
Yasmin empfiehlt folglich Shabina, sich aus ihrem Kerkergewand zu befreien und dem Schulunterricht zu folgen.
 
Längere Artikel, so auch in der „Sunday Times“, befürworten hingegen Shabinas Recht, ihr Glaubensbekenntnis mit dem Jilbab zu tragen.
 
Der Jilbab schränkt ein. Die Mädchen turnen nicht und gehen auch nicht öffentlich schwimmen. Das erstreckt sich auch aufs Theaterspiel, vom Tanzen nicht zu sprechen. So klammern sich die Trägerinnen dieses Gewands weitgehend aus dem Schulleben aus, meint Yasmin und hat damit Recht.
 
Auch die Nonnen gingen einst ähnlich schwarz gekleidet, mit weissen Hauben, die ihre Gesichter fast wie Scheuklappen einfassten. Auch der streng orthodoxe Jude kleidet sich noch immer seiner religiösen Überzeugung gemäss mit breitrandigem schwarzem Hut und trägt sogar Haarzöpfe. Hauptsächlich in Amerika (und wohl auch anderswo) gibt es die Amischen, Mennoniten und Hutterer, die ihrer eigenen strenggläubigen evangelischen Lebensweise folgen und sich vom Rest der Bevölkerung absondern. Dazu reihen sich viele Sekten aller Art, die ihre eigenen Wege zur Seligkeit einschlagen. Solche Sekten werden entweder verspottet oder bemitleidet und sind somit weitgehend als „unbedeutend in der Weltordnung“ geduldet.
 
Das Christentum gilt als grösste Weltreligion mit 2,1 Milliarden Gläubigen (33 %), gefolgt vom Islam mit 1,3 Milliarden (21 %). (Nebenbei erwähnt haben auch Agnostiker, für die das Göttliche nicht erkennbar ist, ihren Stellenwert mit 16 %).
 
Die westliche Welt fühlt sich folglich zunehmend vom Islam bedroht, obwohl dort der prozentuale Anteil noch relativ klein ist. Mit Ausnahme der Angehörigen des Judentums kann sich jedermann dieser Religion anschliessen. Somit wächst die Gefolgschaft des Islams weltweit, etwa auf Kosten des Christentums, und dies scheint ohne Missionseifer zu gelingen. Wie das Judentum hat auch der Islam viele fanatische und fundamentale Untergruppen. Dissidenten aller Art schliessen sich dem Islam an. Spitz gesagt, wandelt sich der Islam „vermummt“ zu einer alternativen Einheitswelt. Ein Aufprall zwischen Religionen und Kulturen spielt sich ab. Einerseits gilt Shabina als ein irregeleitetes Geschöpf, anderseits wird sie für ihre Überzeugung bewundert.
 
Auch ich glaube, die Vernunft sei eine wunderbare Gabe, die ich jedoch nicht Gott andichten will. Wie kann man einem solchen Konflikt zwischen Kulturen beikommen? Vernunftgründe pflegen bei hoch gewellten Emotionen zu versagen.
 
Ich selbst bin für eine Welt, die nicht alles über einen Kamm schert. Die Vielfalt ist mir viel wert. Gilt es nicht, einen Mittelweg zwischen Extremen zu finden?
 
Ich finde es abstossend, wie flegelhaft und enthemmt sich viele heranwachsende Menschen benehmen. Ihnen fehlen die Vorbilder in ihrer unmittelbaren Umwelt. Sie verwahrlosen. Erwachsene haben sich dabei viel vorzuwerfen. Viele sind keinen Deut besser als ihre Kinder. Wir kennen die Auswüchse vom Drogen- und Alkoholmissbrauch bis abwärts in die Gosse der Kriminalität, der sich in unserer westlichen Welt breit macht. Der Staat versucht dort einzuspringen, wo das Elternhaus versagt – und erleidet ebenfalls Schiffbruch.
 
Zum Glück verhält sich die Mehrheit der Menschen immer noch einigermassen ordentlich, wie es sich gebührt. Leider ist sie zur schweigenden Mehrheit geworden, die es nicht mehr mag, vermag oder wagt, Einspruch zu erheben, wo es Not tut. Die Vernunft pocht auf mehr Zivilcourage. Und pocht umsonst.
 
Wieder auf Shabina eingelenkt, ist es, meine ich, ihr gutes Recht, sich so zu kleiden, wie sie will und sich weiterhin auf ihren Glauben zu verlassen, der sie besser schützt vor den Exzessen der „verwilderten Generation“, die sie umringt. Aber sie zu Schlagzeilen aufzuwerten, verschärft nur die Fronten und führt zu nichts.
 
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