Textatelier
BLOG vom: 05.05.2006

Eier und Vogelgrippe: Nur grosse Täuschungen sind erlaubt

Autor: Walter Hess, Biberstein CH
 
Das exzessiv aufgeblähte Vogelgrippe-Theater war, wie jedermann weiss und wie auch das Abflauen der Aufmerksamkeit dieser „Pandemie“ inzwischen bewiesen hat, eine ganz grosse Täuschung der Bevölkerung. Das Leidtragende war das Freilandgeflügel, das wie das Stallgeflügel ebenfalls eingepfercht und sich in der Schweiz bis Ende April 2006 nicht am erwachenden Frühling freuen dürfte, eine sinnlose Massnahme. Die Hühnerhalter liessen sich das fast protestlos bieten, was ich kaum verstanden habe; aber ich verstehe diese Welt ohnehin vielfach nicht. Denn die Ställe und nicht etwa das Freilandgehege sind Seuchenbrutstätten, und die Vogelzug-These zur Übertragung der Vogelgrippe-Viren konnte man ohnehin vergessen.
 
Das Schweizer Bundesamt für Gesundheit BAG will bei einer allfällig neu verfügten Stallpflicht verlangen, dass Eier von eingesperrten Freilandtieren vom 1. Tag an umdeklariert werden, das heisst, auf der Verpackung darf dann nicht mehr „Freilandeier“ stehen. Das BAG hat den interessierten Kreisen am Dienstag, 2. Mai 2006, eine entsprechende Weisung zugestellt. Es begründet darin die in Aussicht gestellte sofortige Umdeklaration damit, dass die Konsumenten nicht getäuscht werden dürften. Die Deklarationsänderung würde für die gesamte Zone mit Stallpflicht gelten – auch für Bioprodukte. Das BAG schlägt in der Weisung 2 Varianten zur Deklarationsänderung vor: eine neue Etikette und/oder einen Zusatzkleber. Daraus muss hervorgehen, dass die Produkte aus Betrieben stammen, in denen Freilandhaltung nicht erlaubt ist.
 
An sich ist das korrekt, den Tatsachen entsprechend. Merkwürdig ist bloss, dass es bei der Pandemie-Propagierung niemand sehr genau nehmen muss – da darf jeder eines natürlichen Todes gestorbener Vogel mit der Deklaration des Vogelgrippe-Verdachts versehen werden, und um die Qualität der H5N1-Virensuche durch die so genannten Referenzlabors kümmert sich kein Hahn. Aber dann, bei der Deklaration der Eier, nimmt man es plötzlich sehr genau, als ob es auf diese Täuschung noch ankäme. Unsere ganze Informationswelt ist ja ein einziges grosses Täuschungsmanöver.
 
Und endlich scheinen die betroffenen Geflügelhalter-Verbände aus ihrer Lethargie aufgewacht zu sein. Laut einem SDA-Bericht ist die Weisung für die Branche laut Roman Weibel, Geschäftsführer von kagfreiland „ein Hammer“ – wie man ihm zum Zimmern von Geflügelunterständen braucht. Und der Schweizer Tierschutz (STS) bezeichnete die Weisung in einer Stellungnahme als „unnötig, undurchdacht und bürokratisch“. Fragwürdig ist für die Verbände zudem der Umstand, dass die Schweiz nach den Vorstellungen des BAG viel schärfere Vorschriften erlässt als das Ämter-Vorbild EU: In Europa wird den Hühnerhaltern der Freilandstempel erst nach 12 Wochen Stallpflicht entzogen.
 
Es ist wie in der Gaunerei: Die grossen Gangster lässt man laufen, die kleinen sperrt man ein: Die grossen Lügen und Übertreibungen sind gestattet, kleine Deklarations-Ungereimtheiten werden bekämpft. Wenn man schon nicht konsequent sein will, sollte man diese Sache wenigstens umdrehen und nicht erst beim Ei beginnen. Ungelegte Eier haben oft mehr Wirkung als man denkt.
 
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