BLOG vom: 16.05.2006
Sommerzeit: In den Höfen von Zürich wird gesungen
Autorin: Rita Lorenzetti
Eine bezaubernde Idee. Höfe zum Erklingen bringen. Der grosse Hof, der zu den Gebäuden des Zürcher Bezirksgebäudes gehört, kann normalerweise nicht betreten werden. Schwere Eisentore sorgen dafür. An diesem Freitagabend (12. Mai 2006) aber sind sie weit offen. Offen auch für feine Töne und Schwingungen, auf dass sie durch die Mauern auch zu jenen dringen können, die straffällig geworden sind. Hier befindet sich das Bezirksgefängnis. Hinter der vergitterten Fassade sind einige offene Oblichter auszumachen.
An der Eröffnungsveranstaltung „zürcher HOF gesang“ treten verschiedene Chöre auf: La Chanson Romande de Zürich, Jugendliche mit ihrem Rägebogechor aus Spreitenbach, Salti Musicali, die Stadtzürcher Jodler-Vereinigung und die Alphornbläservereinigung Zürich-Stadt.
Auf diesem weiten Platz, der heute Abend wie ein Dorfplatz erscheint, können sich Sänger und Alphornbläser an verschiedenen Orten aufstellen und einander ablösen. Ist eine Darbietung beendet, erklingt anderswo bereits die nächste. Es wehen Töne wie Wellen über den Platz hinweg. Ich bemerke, dass auch junge, urbane Menschen fasziniert sind und ihre Körper leicht mitschwingen. Der Hof ist zur Oase geworden. Von alten Melodien getragen, finden wir uns zusammen. Da sind zwar die Sängerinnen und Sänger in ihrer traditionellen Tracht und die Alphornbläser in ihren blauen Kutten. Aber darunter sind alles Menschen, die in Zürich leben und arbeiten oder gearbeitet haben. Was uns an diesem Abend verbindet, das sind die Klänge unserer Urmusik, Töne von weit her, die uns mit unseren Vorfahren verbinden. Und die jungen Sängerinnen und Sänger weisen bereits einen Weg in die Zukunft.
Der Anfang ist gemacht. Bis Ende Mai werden noch viele Höfe ihre Resonanz erleben dürfen und zu Treffpunkten der Anwohner werden. 60 Chöre singen in dieser Zeit in 160 Hinter- und Innenhöfen von Zürich. Es wird gehofft, dass dadurch manchem jetzt noch trostlosen Ort ein neues, schöneres Leben geschenkt wird und dass er zu einem Treffpunkt unter Nachbarn werden darf.
Das ist Kultur. Dem Initianten, Andreas Diethelm, sei Dank.
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