BLOG vom: 24.05.2006
Diego Garcia – ein britisch-amerikanischer Schandfleck
Autor: Emil Baschnonga
Inmitten des Indischen Ozeans liegt Diego Garcia, ein Atoll von 44 km2. Anfang des 15. Jahrhunderts von den Portugiesen entdeckt, richteten dort die Franzosen im 19. Jahrhundert mit indischen und afrikanischen Sklaven Kokosnuss-Plantagen (zur Gewinnung von „Kopra“, d. h. Kokosnuss-Öl) ein, die bis 1971 kultiviert wurden. 1965 wurde Diego Garcia von Mauritius getrennt und ins „British Indian Ocean Territory (BIOT)“ einverleibt und anschliessend an die Amerikaner verschachert, die dort einen militärischen Stützpunkt einrichteten.
1971 erschien die amerikanische Kriegsmarine und teilte den rund 2000 „Ilios“ – Abkömmlinge der Sklaven – kurz und bündig mit, dass sie kein Recht hätten, auf ihrer Insel zu bleiben. Sie wurden allesamt entweder nach Mauritius oder in die Seychellen verbannt. Seit über einem Vierteljahrhundert darben die Ilios armselig in ihren Exilen, bar jeder Unterstützung, und träumen von ihrem verlorenen Paradies, aus dem sie so brutal vertrieben worden sind.
Erst im April 2006 durften 100 Ilios erstmals ihre einstige Heimat besuchen! Dank dieser Randnotiz in der Presse erfuhr ich überhaupt, dass es Diego Garcia gibt – inzwischen längst zu einem mächtigen amerikanischen Stützpunkt für die Kriegsflotte und Luftwaffe ausgebaut, mit einem Truppenbestand von 1700 Amerikanern und 50 Briten.
Einen einzigen Tag nur war es den Ilios laut Pressebericht erlaubt, auf ihrer Insel zu bleiben, um die Gräber ihrer Vorfahren aufzusuchen und in die Kirche zu gehen. Im Gegensatz zu den Ilios dürfen reiche Touristen auf diesem Atoll Ferien verbringen und in den Korallenriffen herumschnorcheln. Das stinkt wirklich zum Himmel!
Unvorstellbar: Wegen einer Moskito-Plage auf dem Atoll müsse der Aufenthalt der Ilios auf einen Tag beschränkt bleiben, verlautbarte sich die Presse. War das als Aprilscherz gemeint?
Letztlich noch immer unter administrativer Obhut von England, haben im Jahr 2000 die Vertriebenen auf dem Hohen Gericht ihr Heimatrecht zurückgefordert – und vorübergehend auch erhalten, bis das „Foreign Office“ (Aussenministerium) dagegen erfolgreich appellierte.
Zuerst diente dieser amerikanische Stützpunkt zur Überwachung der UdSSR während des „Kalten Krieges“, anschliessend als eine Basis während des 1. Feldzugs gegen Afghanistan und den Irak – und ganz zuletzt auch als eine der vielen Folterkammern für Gefangene unter dem keineswegs als Kosewort geltenden Begriff „extraordinary rendition“. Wer wagt es und kann dies nachweisen?
Nebst dieser gröbsten Missachtung der Menschenrechte haben sich die Amerikaner mitsamt den Briten ausserdem von den Auflagen unter dem „African Nuclear Weapons Free Zone Treaty“ (Abkommen über die afrikanische Atomwaffen-Freizone) ausgeklammert. Wie viele Atomwaffen sind im Diego Garcia Arsenal eingelagert? Darüber wird die Welt rein gar nichts erfahren.
Weitere Kommentare über das für die Ilios verlorene Paradies erübrigen sich.
Hinweis auf ein weiteres Blog mit Mauritius-Bezug
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