BLOG vom: 14.06.2006
Somalia im WM-Schatten: Von einer Wüste zur anderen
Autor: Emil Baschnonga
Reportagen über die WM wurden eben in Somalia verbannt, nachdem Anfang Juni die Islam Militia (islamistische Milizen) die so genannten „War Lords“ (von den USA unterstützte Kriegslords, Machthaber in afrikanischen Bürgerkriegen) aus der Hauptstadt Mogadischu und anderswo vertrieben haben. Seit wenigen Tagen ist u. a. auch die Stadt Jowhar unter der neuen Herrschaft.
Dieses Land wurde 1885 in Britische, Italienische und Französische Sektoren aufgespaltet. Seither – und vergleichbar mit Irland – blieb das Land zerstückelt und seit 1991 ruderlos ohne wirksame zentrale Regierung.
Vergebens haben die USA im Verbund mit den Vereinten Nationen in den 1990er-Jahren militärisch interveniert. Seither hat die USA/CIA die „War Lords“ wacker finanziell unterstützt – als Bollwerk gegen die mögliche „Talibanisation von Somalia“. Noch im Februar 2006 soll die CIA die damaligen Machthaber mit Waffen versorgt haben. Hunderttausende von USD sollen zur Terroristenjagd investiert worden sein. An humanitärer Hilfe fliesst demgegenüber wenig in dieses verarmte Wüstenland am Indischen Ozean.
Der berühmte Neokolonialist, Präsident George W. Bush, äusserte sich zu den letzten Ereignissen so: „The first concern, of course, would be to make sure that Somalia does not become an al-Qaida safe haven. It doesn't become a place from which terrorists can plot and plan. And so we're watching very carefully the developments there." (Kurzum, auf Deutsch gesagt, soll das Land nicht ein Tummelfeld für Terroristen werden.) Somalia gilt als Zufluchtsort für Anhänger des Terrornetzwerks Al Qaida.
Somalia hat eine Fläche von 637 700 km2 und eine Bevölkerung (laut UNO) von rund 10 Millionen Menschen. Das Land liegt beim Indischen Ozean, beflankt von Kenia im Süden und seitlich von Äthiopien bis nach Dschibouti (Dschibuti). Der Islam (Sunni) ist die Hauptreligion (90 %). Die Leute darben schon seit langem.
Viele Somalier haben ihr Asyl, legal oder illegal, in England gefunden. Verlässliche Zahlen liegen nicht vor. Es wird geschätzt, dass zwischen 100 000 und 250 000 von ihnen in England leben. Im Gegensatz zu anderen Flüchtlingsgruppen und Immigranten besteht zwischen den vielen Somalia-Stämmen kein gemeinsamer Rückhalt. Viele Gewalttaten werden den Somaliern zugeschrieben und auch nachgewiesen. Sie schrecken die englische Bevölkerung auf.
Ein halbes Jahr ist es her, seitdem mich ein Taxifahrer aus Somalia vom Gatwick Flughafen nach Hause fuhr. Er hatte einen abgründigen Hass auf die Amerikaner. Er schilderte mir, wie seine Eltern vom Land leben konnten. Sie jagten Wild nur fürs Essen. Die Amerikaner knallten die Tiere, wie einst die Büffelherden, zum Spass ab. „Sie haben mein Land verwüstet“, sagte er.
Im augenblicklichen WM-Taumel wird Somalia von der Presse beinahe totgeschwiegen, während zum Teil dumme und arrogante Weiber der Fussballspieler hier in England tagtäglich seitenweise durchhechelt werden.
Inzwischen machen sich unbemerkt die Kriegshetzer im „White House“ (im Weissen Haus in Washington) breit: Eine neue „Befreiungsaktion“ kann unter den gegebenen Voraussetzungen nicht ausgeschlossen werden.
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