BLOG vom: 19.07.2006
Ohne Concierge: Tür-Tücken, die mich in Wallung brachten
Autorin: Rita Lorenzetti
Eine Ortsveränderung macht mir immer bewusst, was in der Computer-Welt „einscannen“ umschreibt.
Mein Unterbewusstsein knistert jeweils wie eine Hochspannungsleitung, wenn noch nie Geschautes aufgenommen werden muss. Diesmal sind es nicht die bekannten Monumente hier in Paris, weder das Moulin Rouge noch die Notre Dame, auch nicht die hohen Häuser mit den typischen Keramik-Kaminaufsätzen. Die sind in meinem inneren Archiv gespeichert. Jetzt sind es die Schlösser, Codes und Schlüssel, die meine ganze Aufmerksamkeit verlangen.
Einst sass in jedem grösseren Haus der Concierge (Pförtner), dem nichts entging und der für eine gewisse Sicherheit verantwortlich war. Eine Person also, die im schlimmsten Fall um Hilfe und Unterstützung gebeten werden konnte. Jetzt ist es die Technik, die diesen Beruf ersetzt hat. Jeder Mensch soll selber schauen, wie er seine Tür schützt und wie er ins Haus kommt.
An einem fremden Ort ankommen und sofort alles so begreifen und handhaben, dass es 100%ig richtig ist, das kann ich nicht. Ich muss üben können, sonst kommt Panik auf.
Für mein Studio und für die Wohnung der jungen Familie trage ich je einen Schlüsselbund auf mir und muss für jedes dieser Häuser einen Code auswendig wissen. Den einen kann ich als geometrisches Muster eingeben, den anderen aus Zahlen, die mit einem Geburtsdatum gekoppelt sind.
Wenn ich also ankomme, muss ich die Zahlenkombination und Buchstaben eintippen. Mache ich es richtig, kann ich in den Windfang eintreten. Dann brauche ich einen ersten Schlüssel, der mir den Zugang zum Treppenhaus und zum Briefkasten gewährt. Für meinen Fall ist diese Tür die grosse Knacknuss. Das Schloss verlangt Fingerspitzengefühl. Ich kann den Trick hier natürlich nicht bekannt geben, will Einbrechern nicht auf die Spur verhelfen. Er wäre auch schwer, ihn zu beschreiben. Es ist eine Sache des Gefühls.
Die Wohnungstür dann hat ein Schnappschloss. Wenn ich die Wohnung verlassen will, muss ich sicher sein, dass ich den Schlüssel für diese letzte Hürde beim Heimkommen bei mir habe. Schloss ich die Tür beim Weggehen unachtsam und vergass, den Schlüssel an mich zu nehmen, stehe ich hilflos draussen. Nun habe ich für mich ein Ritual entwickelt, das mich unterstützt und sicher macht.
Und trotzdem ist es verständlich, dass es Schweissausbrüche gibt, wenn nicht alles reibungslos verläuft. Schweissausbrüche, die ganz und gar nicht mit der grossen Hitze zusammenhängt, die auch Paris erfasst hat.
Hinweis auf ein weiteres Paris-Blog von Rita Lorenzetti
18.07.2006: „Ganz ungewohnte Perspektiven in der Weltstadt Paris“
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