Textatelier
BLOG vom: 26.07.2006

England: Vom Windhunde-Gemetzel bis zum Tierfleisch

Autor: Emil Baschnonga
 
Nicht nur alte, ausgediente Windhunde, sondern auch 2½ - bis 5-jährige, die sich im Windhundrennen nicht auszeichneten oder verletzt wurden, werden für je £ 10 von David Smith hinter seinem Haus erschossen und verscharrt. 10 000 Windhunde liegen dort begraben. Ist das Feld gefüllt, beginnt er dort wieder von vorne. Bis dann sind von ihnen nur noch Knochenreste übrig geblieben. Es dauerte 3 Jahre ehe dieser Acker gefüllt war.
 
England gilt als tierliebendes Land. Das Publikum ist empört, seitdem es von diesem Gräuel erfuhr. Ein Foto zeigte, wie David Smith 2 Opfer an der Leine zum Kopfschuss abführte. Wie zutraulich die sanftmütigen eleganten Windspiele ihm zum so genannten „Garden of Eden“ folgten, wie die Anwohner in Seaham, County Durham (Nordirland), diesen Blutacker nennen. Vorderhand besteht kein Gesetz gegen das Abknallen von Hunden mit Flinten.
 
Unweit von uns in Wimbledon gibt es eine Windhunde-Rennbahn. Mir wurde verschiedentlich empfohlen, ein solches Spektakel zu besuchen. Wettsport jeder Art interessiert mich jedoch nicht. So unterliess ich den Besuch. Auf der Rennbahn jagen die Hunde einem künstlichen Hasen nach. Viele der Windhunde werden abseits der Rennbahn in eng bemessenen Lattenkäfigen (1m × 1,2 m und 0,9 m hoch) gehalten. Sie werden mit Abfallfleisch gefüttert. Nur die Spitzenrenner leben mit ihren Trainern.
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Die Tierquälerei hat in England, laut RSPA (Royal Society for the Prevention of Cruelty to Animals) erheblich zugenommen: plus 78 % zwischen 2004 und 2005. Damit es mir nicht übel wird, will ich die Art der Tierquälerei nicht beschreiben. Zu Weihnachten werden viele Hunde verschenkt. Der Unterhalt und die Pflege von Haustieren sind teuer. Viele werden, kaum sind die Festtage vorbei, verstossen. Mit etwas Glück werden sie aufgelesen und kommen etwa ins Battersea Dogs Home (in London) – die grösste Hundekrippe in England. Dort werden sie gepflegt, bis sie ein neues Heim finden.
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Einmal habe ich selber einen Hund aufgelesen. Der arme Kerl war dem Besitzer auf dem Wimbledon Common entlaufen. Frühmorgens sah ich, wie das Tier wimmernd vor der Türe eines Nachbarhauses wartete. Er wedelte gar freundlich, wie ich mich ihm näherte, und beleckte meine Hände. So brachte ich ihn ins Haus. Meine Frau erschrak, aber beruhigte sich, als ich ihr erklärte, dass ich ihn auf dem Polizeiposten abgeben werde – aber zuerst müsse er sein Frühstück haben. Leider hatten wir kein Hundefutter, aber er lappte zügig eine Schüssel Wasser leer. Nun war es an mir, besorgt zu sein, als ihn meine Frau behalten wollte ... So gab ich ihn rasch auf dem Posten ab. Abends telefonierte mir eine Dame und dankte mir überschwänglich. (Ihr Angebot, mich für diesen Dienst zu belohnen, lehnte ich natürlich ab.)
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In vielen asiatischen Ländern wird Hundefleisch verzehrt. Das ist bei uns im Westen verpönt, ausser es sei denn ein „Hot dog“. Über die Mittagszeit spazierte ich einst mit einem Kollegen durch einen weitläufigen Park im Randbezirk von Brüssel. Das Bürohaus, wo wir arbeiteten, hiess ausgerechnet „Au chien vert“ (Zum grünen Hund). Wir bemerkten unterwegs im Park viele ansehnlich aufgepäppelte Hunde an der Leine. Kein Wunder, da der Park von Villen umringt war.
 
Da meinte mein Kollege: „Diese Leute müssen aufpassen, damit kein Koch kommt und einen fetten Bissen fürs Restaurant ergattert.“ Unterwegs beäugten wir jeden Hund auf seine „kulinarische Substanz“. Dieser war zu alt – bestenfalls als Suppenfleisch zu gebrauchen, jener wohl als Geschnetzeltes geeignet. Wir hatten unseren Spass dabei, wiewohl ich sicher bin, dass nicht jeder Leser oder jede Leserin diese Art von Humor billigen wird. Immerhin hatten die Hunde rein gar nichts von uns zu befürchten, ganz im Gegensatz zu den armen Windhunden im County Durham.
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Ich werfe diese folgende Frage auf: Ergeht es den Rennpferden besser als den Rennhunden? Das Stichwort „Pferdemetzgerei“ im Google wartet mit Bezugsquellen für Pferdefleisch auf 10 Seiten auf. Für die Engländer ist Pferdefleisch tabu, wiewohl es vorkommt, dass solches Fleisch zu Salami verarbeitet wird – und es in der Westschweiz Fondue bourguignonne mit Pferdefleisch geben soll. Die Belgier und Franzosen verzehren viel „viande de chevaline“, auch in Form von „steak tartare“.
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Wer die Tiere wirklich lieb hat, sollte sich an die vegetarische Kost halten. Aber soweit reicht meine Tierliebe nicht. Doch gilt es Grenzen zu ziehen. Um mit einigermassen sauberem Gewissen Fleisch zu essen, beschränke ich mich auf solche von Tieren, die natürlich gehalten wurden.
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Schluss, sage ich, mit der verruchten Tierquälerei! Es ist mir ein Trost zu sehen, wie viele Hunde, denen ich auf der Strasse begegne, geliebt und gehegt werden. Das wünsche ich jedem Hund – ganz besonders auch den eleganten Windspielen.
 
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