BLOG vom: 23.12.2006
US-Schatten: Verpönte und kriminalisierte Kinderliebe
Autor: Emil Baschnonga, London
Als meine beiden Söhne noch kleine Knirpse waren, gingen sie gerne mit ihrer Mutter in die altmodische Metzgerei im Wimbledon Village. Der Boden war damals mit Sägespänen bestreut. Abends wurden sie weggewischt und der Boden für den nächsten Verkaufstag wiederum mit frischen Sägespänen besät. Ich weiss nicht, ob das eine Hygienevorschrift war oder ob man einfach verhindern wollte, dass Leute auf dem glatten Boden ausrutschen.
Der Metzger schnitt das Fleisch zurecht und wog den Einkauf. Dabei legte er zuerst ein sauberes Papier auf die altmodische Waagschale, ehe er das Päckchen dem Mann nebenan reichte, der die Kasse bediente. Der Metzger selbst durfte, aus hygienischen Gründen, kein Geld anfassen.
Dieser Kassier, ein alter gutmütiger Mann, sass in einer Holzkabine. Mit grossen Augen schauten die beiden Kleinen zu ihm hoch, wenn ihre Mutter die Rechnung beglich. Er grinste und wusste, was sie wollten. Tatsächlich griff er ihnen zuzwinkernd in den grossen Glastopf und reichte jedem ein Bonbon. War das doch noch eine heile Welt! Täte er dies heute, würden die meisten Mütter stracks ihre Kinder mit sich fortziehen. Er könnte womöglich ein „Pädophiler“ sein. Nein, er ist gewiss einer!
Vor 6 oder 7 Jahren musste ich dieses Wort im Duden nachschlagen und schaue jetzt nochmals nach: Pädophilie = sexuelle Neigung Erwachsener zu Kindern oder Jugendlichen beiderlei Geschlechts. Dabei erinnere ich mich, wie meine Frau und ich einst an einer Antiquitäten-Messe unseren überschüssigen Kleinkram feilboten. Ein holländisches Paar mit ihrem Töchterchen verweilte vor unserem Stand. Ich sah dem Kind an, dass es sich dabei langweilte. In einer Schuhschachtel wühlte ich zwischen Nostalgie-Karten und fand eine viktorianische Weihnachtskarte, worauf ein Mädchen, ebenfalls mit blonden Zöpfen, abgebildet war. Ich reichte es dem Kind spontan als ein Geschenk. Aufgeschreckt rissen ihm die Eltern die Karte aus der Hand und zogen das Kind von unserem Stand weg.
Ich kann gewiss nicht als Kindernarr gelten und hüte mich, von dieser Erfahrung gebrandmarkt, ein Kind unterwegs anzuschauen, geschweige denn ihm zuzuwinken, selbst im Beisein meiner Frau. Stattdessen gilt meine Zuneigung den Hunden auf der Strasse. Selbst Lily, die „Bébés“ herzlich zugetan ist, lässt mehr Vorsicht walten. Oft, wenn sie einem drolligen Buschi zuwinkt, schaut die Mutter ausdruckslos zu. „Will diese Frau mein Kind stehlen?“ denkt sie vielleicht. Es soll ja vorkommen, dass sich eine kinderlose Frau ein fremdes aneignen will.
Dieses Jahr sind in den englischen Warenhäusern, die von Kindern beliebten Grotten grell beleuchtet. Der „Father Christmas“ (Weihnachtsmann) wird angehalten, ja kein Kind aufs Knie zu nehmen. Er wird sogar von Kameras überwacht!
Sehr viele Märchen aus der guten Alten Zeit sind nach heutiger Ansicht „pädophil angehaucht“ und damit suspekt geworden. Selbst der ehrwürdige Lewis Carroll, Verfasser von „Alice’s Adventure in Wonderland” und anderer Kindergeschichten, wird diesbezüglich beargwöhnt.
Eines stelle ich fest: Leute aus dem Nahen oder Fernen Osten sind (noch nicht) von dieser Argwohn-Seuche befallen, auch nicht jene in Südeuropa. Die Eltern freuen sich, wenn jemand im Vorübergehen innehält und ihre Sprösslinge bewundert.
Woher kommt denn solch ein unangemessene Argwohn, der sich hauptsächlich in der angelsächsischen Welt so breit macht? Ich bin versucht, weitgehend die Amerikaner als Urheber zu bezichtigen. Der ekelhaft ausgeartete Sexrummel überflutet die Medien wie eine Kloake, und diese Sintflut stammt grösstenteils aus Amerika und vergewaltigt unseren gesunden Menschenverstand.
Weihnacht ist ein Wiegenfest. Die Madonna und ihr Kind stehen für mich, der nicht religiös behaftet ist, als Sinnbild von Mutter und Kind. Jetzt ist der Wunderglaube an die Unschuld zerfetzt. Selbst dem Onkel und der Tante ist anempfohlen, ihre Kinderliebe zu zügeln. Unverdächtigt von sexueller Zuneigung bleiben vielleicht zuletzt nur noch die Grosseltern.
Vielleicht übertreibe ich meine Schwarzmalerei. Aber man kann heutzutage nicht vorsichtig genug sein. Eine Dosis seelische Hygiene wäre bitter notwendig und angebracht, von der sexuellen nicht zu sprechen.
Hinweis auf einen anderen Textatelier-Beitrag zur Pädophilie
„Die verbotene Zärtlichkeit" von Dr. Konrad Ewald
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