BLOG vom: 24.01.2007
Stellungskrieg zwischen Nikotina und mir – 2. Episode
Autor. Emil Baschnonga, London
Wie aus dem Blog vom 15. Januar 2007 („Kein Schall und Rauch: Angriff Nikotina – 1. Etappe“) hervorgeht, habe ich den Zigaretten den Kampf angesagt. Innert einer Woche habe ich den Zigarettenkonsum um knapp 75 % gesenkt. „Bravo“, lobe ich mich. Meine Frau Lily versorgt gewissenhaft das bisher ersparte Geld im Sparschweinchen. Nur muss ich betonen, dass ich mich nicht einzig des Geldes wegen von meiner Sucht befreien will. Gesundheitliche Gründe wiegen vor.
Am letzten Freitag beriet mich die Apothekerin Mira während der 3. Sitzung und verschrieb mir das besonders starke „Nicorette Nasal Spray“. Am vergangenen Sonntag spritzte ich mir das Zeug in die Nasenlöcher. Meine Augen tränten, und ich musste gewaltig husten. Diese Nebenwirkung verflache sich innert 2 Tagen, hatte Mira mir gesagt. Bis zu 2 Mal pro Stunde darf ich mich dieser Rosskur unterziehen. (Das ist mir zu viel.) An jenem Sonntag drosselte ich meinen Zigarettenkonsum auf 4 Glimmstängel. Krass gesagt, wurden während meiner Schulzeit diese Stängel auch Sargnägel genannt, oder weniger krass ausgedrückt: „Lungenfröschlein“.
Am Montag und Dienstag entwickelte sich ein Stellungskrieg zwischen mir und der Nikotina. Ich musste aufgeschobene Marketing-Aufgaben anpacken und geriet zunehmend unter Stress. Beinahe jede Stunde ging ich in die Küche und paffte eine Zigarette … Ich entschloss mich, der Apothekerin zu telefonieren. Ich wollte meinen Kampf nicht schon jetzt aufgeben. Sie schien keineswegs überrascht. Einmal mehr, einmal weniger Zigaretten seien normale Begleiterscheinungen bei der Entziehungskur, meinte sie. Das tröstete mich kaum. Erst ihr Rat: „Never give up to give up“ (Nie aufgeben beim Aufgeben), leuchtete mir ein.
Diesen Leitsatz muss ich auf meine Erfahrungen umdeuten. Schreiben und Sammeln machen mir immer viel Spass. Der Gedanke, davon zu lassen, fiele mir nicht ein. Man könnte mich dazu nie zwingen. Immer wieder gelang und gelingt es mir weiterhin, Zeit für diese Leidenschaften abzuzweigen. Aber mit dieser Grundeinstellung lässt sich Nikotina nicht bezwingen, wiewohl sie sich in mir eingenistet hat. Mein Argument hinkt. Ich finde es ärgerlich, so viel Zeit und Kraft aufzuwenden, um mich von meiner „Raucherleidenschaft“ zu befreien. Keine Zigarette verdient so viel Aufmerksamkeit. Eine Zigarettenlänge bereitet eigentlich herzlich wenig Spass – sie ist von zu kurzer Dauer, es sei denn, man sei ein Kettenraucher. Ich war auf dem besten Weg einer zu werden, als ich einsichtig wurde.
Die Radikalkur heisst in England „cold turkey“ (kalte Pute). Der Raucher entschliesst sich schlagartig von einem Tag auf den andern, vom Laster zu lassen. Er verbannt das letzte sex toys Päckchen aus dem Haus mitsamt dem – in meinem Fall den Aschenbechern.
Mira selbst hat nie geraucht. Als Ratgeberin gleicht sie somit einem katholischen Pfarrer, der Paare bei Eheschwierigkeiten berät. Ihr Vater hingegen war ein starker Raucher. Als sie schwanger war, sagte sie zu ihm, sie brauche von ihm kein anderes Geschenk als dass er das Rauchen aufgebe. Und so geschah es!
In einem Stellungskrieg muss man sich immer etwas Neues einfallen lassen. Ich kann vielleicht Nikotina mit einem „Glissando“ verunsichern. Als Violinschüler musste ich dieses Glissando erlernen und üben. Der Zeigefinger gleitet etwa auf der A-Saite um 3 Töne höher aufs D, und erwischt mit etwas Glück mit dem 4. Finger das G oder A. Alsdann rutscht der 4. Finger soweit zurück, bis der Zeigefinger wieder auf dem D landet.
Auf einen einfachen, strategischen Nenner gebracht, darf und sollte mein täglicher Zigarettenkonsum eine Oktave (8 Stück) nicht überschreiten. Wenn ich mein Glissando geschickt spiele, werde ich hoffentlich nach und nach die Stückzahl verringern. Aber das ist bloss eine Übergangslösung und theoretische Spekulation. Inzwischen zieht sich mein Stellungskrieg in die Länge. Meine Nervensäge dauert an.
Vielleicht weiss mir ein Leser oder Leserin Rat, wie ich meine Strategie wirksamer als bisher untermauern kann.
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