BLOG vom: 12.02.2007
Beim Schluchsee: Waten im Schnee, vespern in der Stube
Autor: Heinz Scholz, Schopfheim D
„Der Schluchsee – eine Landschaft zum Verlieben“ oder „Der Schluchsee – ein Schwarzwald-Traum“ oder „Der See bietet tausend Möglichkeiten und Sie bekommen den Schwarzwald gratis dazu“: Diese euphorischen Äusserungen können wir in diversen Prospekten der Tourist-Informationen Schluchsee lesen (www.schluchsee.de). Diese Slogans, von findigen Werbeleuten kreiert, sind beileibe nicht übertrieben. Ich würde die Umgebung des Schluchsees als ein Super-Wanderparadies bezeichnen. Denn schon oft hatte ich die Gelegenheit, an diversen Wandertouren in dieser Gegend teilzunehmen. Unvergesslich war mir eine Wanderung von Aha zum Bildstein (1134 m ü. M.). Von diesem Aussichtsberg hatte ich einen fantastischen Blick auf den Schluchsee, den Windgfällweiher, in die Schwarzwaldberge und zu den fernen Bergen der Schweizer Alpen.
Wir konnten es kaum glauben, als Toni und ich am 09.02.2007 um 10.15 Uhr über den Feldbergpass in Richtung Schluchsee fuhren: War in Schopfheim und in anderen Tälern schon ein Vorfrühling zu spüren, erblickten wir bereits vor dem Feldbergpass eine dicke Schneedecke auf den Wiesen und Auen. Die Tannen und Fichten bogen sich unter der Schneelast. Die wärmenden Sonnenstrahlen begannen jedoch schon am Vormittag mit ihrem Tauwerk. Überall tropfte es von den Bäumen. Am Nachmittag waren die Fichten und Tannen von ihrer Last sicherlich befreit. An den Hängen rechts des Feldbergpasses (1231 m ü. M.) sausten schon einige Schifahrer hinab.
Die Fahrt über den Feldbergpass war ein unglaublich schöner, aber ungewohnter Anblick, zumal wir in diesem Winter nur einmal einen Hauch von Schnee in Schopfheim oder Lörrach sahen.
Wir planten eine Teilumrundung des Schluchsees, beginnend bei der Staumauer, dann dem Seeweg entlang in Richtung Unterkrummenhof. Als wir den verschneiten Weg begingen – es fielen am Vortag vielleicht 15 cm Neuschnee in 950 m Höhe – waren wir zunächst unentschlossen, ob wir diese Wanderung machen sollten. Wir entschieden uns für den geplanten 5,5 km langen Weg bis zur Vesperstube Unterkrummenhof. Es war teilweise ein beschwerlicher Weg, da wir durch den Schnee stapfen mussten, aber als geübte Wanderer bewältigten wir die Strecke in 80 Minuten. Bei normalen Wegverhältnissen wären wir vielleicht 10 Minuten schneller gewesen.
Übrigens gibt es in der Gegend um den Schluchsee 60 km Loipen und über 60 km geräumte Winterwanderwege. Unser Weg war nicht geräumt, aber das tat der Wanderfreude keinen Abbruch. Wir genossen die frische Bergluft und labten uns an den mit Schnee überzuckerten Fichten und Findlingen, die es hier am Seeweg überall gab.
Immer wieder hatten wir einen fantastischen Blick auf den See und auf den am Ostufer gelegenen Ort Schluchsee, den Riesenbühl (1097 m) mit seinem markanten Turm und dem Bildstein (1134 m). Auf dem still daliegenden See war keine einzige eisbedeckte Fläche zu sehen. Kaum zu glauben, dass der grösste See des Schwarzwaldes am 06.02.2005 komplett zugefroren war. Damals wurden die Menschen gewarnt, den See zu betreten. Empfohlen wurde jedoch ein Spaziergang über den Schnee am Rande des Sees. Da bekam so mancher „arktische Gefühle“. Damals konnten die frierenden Wanderer grosse Eisschollen und auf Höhe des Dissenhofs die von 2 Freiburger Studentinnen geschaffenen Eisskulpturen bewundern.
108 Millionen Kubikmeter Wasser
Noch einige Infos zum Schluchsee. Ursprünglich war dieser See nur 3 km lang. Er entstand in der letzten Eiszeit bei der Vergletscherung des Feldberggebietes. Zwischen 1929 und 1932 wurde eine 63,5 m hohe Staumauer errichtet, und der Wasserspiegel um 30 m angehoben. Der bis zu 60 m tiefe See wurde dann 17,5 km lang und 1,5 km breit. 108 Millionen Kubikmeter des sauberen Schwarzwälder Wassers sind in diesem gigantischen Becken gespeichert. Im Vergleich zum Bodensee ist der Schluchsee jedoch winzig. Der Bodensee ist nämlich 100 Mal grösser.
Das gestaute Schluchseewasser wird zur Stromerzeugung genutzt. Dabei wird das Wasser über 25 km hinweg über die Kraftwerke in Häusern (723 m ü. M.), Witznau (475 m) und Waldshut (340 m) bis zum Rhein (300 m) geleitet. In Bedarfsspitzenzeiten liefern die Kraftwerke tagsüber Strom für die deutsche und europäische Elektrizitätsversorgung. Je 2 Info-Tafeln an der Staumauer und am Seeweg informieren über diese Art der Stromgewinnung.
Aus dem Internet erhielt ich noch eine interessante Information (www.frsw.de/see.htm): Während des 2. Weltkriegs wurde der See um die Staumauer mit Torf abgedeckt. Man wollte damit verhindern, dass die Staumauer von Fliegerbomben zerstört wurde. Es ist schon bemerkenswert, auf welche Ideen die Bewohner der Gegend kamen. Die Staumauer wurde zum Glück nicht bombardiert.
Und noch eine Besonderheit: 1983 wurde der See auf seine ursprüngliche Grösse abgesenkt, um Reparaturen an der Staumauer auszuführen. Die alten Eisenteile wurden durch nicht rostende Stahlträger ersetzt und die Betonteile saniert und gereinigt. 100 Millionen Wasser wurden abgelassen. Für kurze Zeit tauchten alte Gebäude und die ehemalige Poststrasse, die um den ursprünglichen See führte, wieder auf.
Vesper im alten Schwarzwaldhaus
Als wir das Waldgebiet am Seeweg verliessen, sahen wir schon in der Ferne den Unterkrummenhof liegen. Toni hatte schon vorher in den höchsten Tönen vom guten und preiswerten Vesper geschwärmt. Das Wasser lief mir im wahrsten Sinne des Wortes im Munde zusammen. Oft war es in der Vergangenheit so gewesen, dass der Fluss des Speichels sofort erlosch, wenn wir vor geschlossenen Türen diverser Wirtschaften standen. Entweder hatten die Gasthäuser Ruhetag oder Betriebsferien. Bei einer Wanderung um Schönau suchten wir an einem Wochentag sage und schreibe 8 Wirtschaften auf, bis wir eine geöffnete fanden.
Zum Glück kam uns auf dem Weg zum Unterkrummenhof ein einsamer Wanderer entgegen, den wir fragten, ob die Vesperstube geöffnet sei. Als wir hörten, dass die Stube ganzjährig offen hat, waren wir beruhigt und mein Speichel konnte wieder fliessen ...
Der heutige staatseigene Unterkrummenhof wurde 1788 erbaut. Als das Schwarzwaldhaus 1974 von der Forstverwaltung übernommen wurde, war der Hof in einem sehr schlechten Zustand. Das Land Baden-Württemberg hat sich dann für eine Sanierung entschlossen, da man im ländlichen Raum einen Bedarf an einer Einkehrmöglichkeit erkannte. Die Investitionskosten beliefen sich auf ½ Million Mark. Seit 1979 wird der Unterkrummenhof als Vesperstube betrieben. Die Gäste können im Sommer wie im Winter ihren Hunger stillen (Montag ist Ruhetag; www.frsw.de/gasthaus1.htm).
Rechts am Eingang zur Vesperstube prangten 2 Tafeln mit den Angeboten und den dazugehörigen Preisen. Hier eine Auswahl: Schinkenbrot 5,80 Euro, Speckvesper 5,30 Euro, Speckeier 5,20 Euro, Käsebrot 5,20 Euro, Krummenbrett (Schinken, Käse, Wälderwurst) 7,50 Euro, Schmalzbrot 1,50 Euro, Bockwurst mit Brot 2,40 Euro, Eintopf klein 3,50 Euro, Eintopf mit Wurst 5,30 Euro, diverse Sorten von Kuchen ab 2,20 Euro.
In der holzgetäfelten Vesperstube, die reichlich mit Gegenständen aus Grossmutters-Zeiten ausgestattet ist, nahmen wir an einem Holztisch Platz. Dann bestellten wir einen deftigen Erbseneintopf mit einer Bockwurst. Diese einfache Wandermahlzeit schmeckte uns hervorragend.
Als wir nach dem reichhaltigen Mahl die Vesperstube verliessen und ins Freie traten, sahen wir im windgeschützen Aussenbereich etliche Wanderer an den dort aufgestellten Tischen speisen. Da wurde es einem warm ums Herz, zumal die Sonne an dieser Stelle die Temperaturen in die Höhe trieb.
Der Hof hat auch eine Solaranlage, die das Staatliche Hochbauamt für 246 500 Mark errichten liess. Bei günstiger Sonneneinstrahlung wird in der Sommersaison der gesamte Strombedarf des Wirtsbetriebs durch den Solargenerator abgedeckt.
Wir verliessen wohlgesättigt das Areal des mächtigen Unterkrummenhofs und gingen den geräumten Unterkrummenweg entlang wieder zur Staumauer zurück. Anschliessend fuhr ich mit Toni noch in sein Ferien-Appartement, um seine Schiausrüstung abzuholen.
Wir nutzten dann noch die Gelegenheit im Hallenschwimmbad des Appartementkomplexes, unsere müden Knochen im angenehm warmen Nass zu reaktivieren. Es war eine Wohltat.
In Schluchsee
Der gleichnamige Ort am See ist ein heilklimatischer Kurort (900 bis 1300 m ü. M.), der aus den Ortsteilen Schluchsee-Ort, Fischbach-Hinterhäuser, Faulenfürst, Blasiwald und Schönenbach besteht. Die 2600 Einwohner zählende Gemeinde ist bei Urlaubern sehr beliebt. In den 4000 Gästebetten gibt es jährlich 750 000 Übernachtungen.
Der Ort und seine umliegenden Feriendomizile bieten für den Urlauber viele Freizeitaktivitäten wie Baden, Segeln, Surfen, Tauchen, Sportfischen. Eine besondere Attraktion von Schluchsee ist das beheizte Erlebnis-Freibad „Aqua Fun“ mit seiner Superrutsche.
Die Gemeinschaft Feldberg, Schluchsee und Titisee-Neustadt wurden übrigens Preisträger im Landeswettbewerb „Familienferien in Baden-Württemberg“.
Einige der Attraktionen: In Hinterzarten gibt es ein Spielzeugmuseum, Feuerwehrmuseum, Museum für alte Landtechnik und das Schwarzwälder Skimuseum. In der Nähe von Schluchsee ist das Vogelhaus, das wie ein Hexenhaus aussieht, zu besichtigen. Dort erleben die Touristen altes Schwarzwälder Handwerk wie Strohnäherei, Trachtenstickerei, die Herstellung von Hüten, Kappen, Schäppeln und Brautkronen. Auch das Binden von Bienenkörben wird hier gezeigt (H. Reichenbach, Unterfischbach 12). Als wir vor Jahren in das Haus eintraten, stolperten wir fast über 3 junge Katzen, die im Vorraum herumtollten. Überall hingen Finken aus Stroh und anderen Materialien an der Decke. Auch das alemannische Wetterbarometer wurde hier zum Verkauf angeboten.
Für Naturfreunde stehen etliche Naturerlebnispfade zur Verfügung (Wichtelweg im Auerhahnwald, Naturerlebnispfad Hinterzarten, Walderlebnispfad, Erlebnispfad „Wasser“).
Am Nachmittag fuhren wir so gegen 16.00 Uhr nicht mehr über den Feldberg zurück, sondern über St. Blasien, Bernau, Präg, Geschwend, Schönau nach Schopfheim.
Es war ein schöner Tag, der uns alle unangenehmen Dinge des Alltags vergessen liess. Noch lange werden wir von den schönen Eindrücken zehren.
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