Textatelier
BLOG vom: 27.04.2007

Mickey’s (McDonald’s): Der Wohltäter der Menschheit

Autor: Emil Baschnonga, Aphoristiker und Schriftsteller, London
 
Der amerikanische Journalist Eric Schlosser hat über die höchst unappetitlichen Tatsachen zum Thema Fast Food geschrieben („Chew On This – Everything You Don’t Want to Know About Fast Food“ – frei übersetzt: „Daran kaut mal – Alles, was ihr nicht über Fast Food wissen wollt“). Jetzt erscheint sein Film („Fast Food Nation“) über die fiktive Burgerkette Mickey’s, womit McDonald’s gemeint ist. Ich werde mir diesen Film beileibe nicht ansehen, damit ich mir den Appetit nicht verderbe.
 
Ich übe mich hier in der arg vernachlässigten Kunst der Satire, um dem Heisshunger nach diesem Schnellfrass entgegenzusteuern. Also lege ich los:
 
„Wie jede Mutter weiss, schadet etwas Dreck – ‚a peck of dirt’ –  im Essen nicht. Ganz im Gegenteil: Das härtet die Kinder ab. Sie werden widerstandsfähiger und sind so weniger für Allergien anfällig. Auch etwas Fäkalien, mit dem Hackfleisch vermengt, sollen niemand stören, denn sie tragen zur besonderen Duftnote der Burgers bei. Damit kann Mickey’s auf geschmackverbessernde Zusatzstoffe verzichten. Das ist gesund.
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Ausserdem und sicherheitshalber werden die Burgerhäppchen erhitzt, damit allfällige Krankheitserreger nicht überleben. Eine Dosis Antibiotika fliesst zusätzlich ins Hackfleisch mit ein. Somit ist ein doppelter Viren- und Bakterienschutz gewährleistet, dank der dummen Kühe, die (noch immer) lieber Gras als Korn fressen. Mit etwas Genmanipulation werden sie bald alles fressen. Eine Kuh wird grundsätzlich nicht krank, sondern verendet einfach oder wird sofort ‚entsorgt’. Das wäre für Mickey’s ein verlustreiches Geschäft. So rettet die Spritze die Kühe und erst noch Mickey’s Umsatz. Und kein Mensch braucht zu verhungern. Gewiss kann niemand etwas gegen solchen Tierschutz einwenden. Die sanftäugigen Kühe sind ganz dafür und freuen sich auf den Besuch des Veterinärs.
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Böswillige Zungen behaupten, dass in den Schlächtereien scheusslich gemetzelt werde. Aber nach dem Bolzenschuss ist es jeder Kuh schnuppe, was mit ihrem Kadaver geschieht. Ehe das Fleisch kalt ist, hat die Bandsäge mit dem Gerippe aufgeräumt. Das zerstückelte Fleisch, mit oder ohne Knochen und Knorpel, wird alsdann in den Fleischwolf geworfen. Glaubhaft versichert Mickey’s, dass es selten vorkommt, dass 1 oder 2 Finger vom Fleischwolf mit zerhackt werden. Bis das Opfer den Verlust bemerkt, ist der Kübel bereits geleert und zu Burgerplätzchen weiterverarbeitet worden. Jeder Mitarbeiter ist bei uns versichert, beruhigt Mickey’s seine Konsumenten.
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Mickey’s befleissigt sich der ‚due diligence’: Der Ursprung des Fleisches kann bis zur Farm zurückverfolgt werden. In England kommt das Fleisch ausschliesslich von englischen Kühen, was heute nicht mehr so riskant ist. Die Hygiene in der Fleischverarbeitung ist – wie oben geschildert –  einwandfrei, nach ISO und HACCP zertifiziert.
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Die hoch entwickelte Logistik ist bemerkenswert: Die rohen, blutroten Burgers werden sofort an die vielen Mickey’s-Imbissstätten verteilt. Der Festschmaus kann beginnen. Auf der Hitzeplatte zischeln (‚sizzling' nennen die Amerikaner diesen Prozess) die Burgers, bis sie ausreichend gebräunt sind. Die Zutaten, seien es Schmelzkäse mit Zwiebeln, Tomaten, Salat, Mayonnaise und was sonst auch immer, werden zwischen 2 oder gar 3 Burgerkuhflädli gestopft. Dabei wird Qualitätsarbeit geleistet, also im Handwerksbetrieb. Wie es sich gehört, werden die tüchtig vorgesalzenen Pommes frites generös mit der Schaufel in die Tüten bugsiert. Solche Frites kann man rechtens als ‚das Salz des Lebens’ bezeichnen.
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Es ist wirklich appetitanregend zu sehen, wie Gross und Klein solche edle Burgers, meistens 3 auf einmal, verzehrt: Das Maul ist dabei notgedrungen so weit aufgerissen, dass die Oberlippe gegen die Nase stösst. Die zwischen den Burgers eingebetteten Zutaten  entquellen ringsum und laufen dem beneidenswerten Schlemmer über die Finger. So werden die Finger immer wieder abgeleckt. Das schmeckt, wie die Amerikaner sagen, ‚fingerlicking good’. Eine 2. amerikanische Wohltat bereichert diese hochwertige Mahlzeit: Coke im grossen Pappbecher! Sogar die amerikanischen Soldaten im Irak und Afghanistan geniessen ein solches Wundermenü. Demokratie muss sein im Wohlfahrtsstaat.
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Wer, vom Hunger getrieben, eine Mickey’s-Imbissbude auf dem raschesten Weg aufsuchen möchte, findet den Weg dorthin auf der Strasse markiert, dank der Mickey’s-Coke-Becher und Wegwerfpackung …Unsere Vierbeiner und die Tauben freuen sich mit: Sie geniessen die Überreste.
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Es ist grundsätzlich wichtig, dass Eltern ihre Kinder möglichst früh in diese Mickey’s-Esskultur einführen, damit sie schön dick und feiss (fett) werden. Also: Für sie immer ‚Supersize’ bestellen! Das ‚All-American Meal Ticket’ ist erst noch preiswert und somit empfehlenswert. Das ist nur möglich, weil Mickey’s sein Personal uns zuliebe mit Hungerlöhnen abspeist.“
 
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