Textatelier
BLOG vom: 11.05.2007

Weltbank, Dollarnoten: Instrumente des US-Imperialismus

Autor: Walter Hess, Biberstein CH
 
„Die Entscheidungen, die wir innerhalb der Grenzen von Schicksalswendungen treffen, bestimmen, wer wir sind.“
John Perkins
 
Die Weltbank ist ein wichtiger Bestandteil der Globalisierungsinstrumente, und wenn irgendwo das der Märchenwelt entlehnte Sinnbild vom Wolf im Schafspelz zutrifft, dann hier – der derzeitige oberste Chef dieser US-amerikanisch beherrschten Institution heisst nicht umsonst Paul Wolfowitz. Das ist nicht als Witz zu verstehen. Lange wird er sich wohl nicht mehr an seinen Posten klammern können – und dies nicht etwa wegen der löchrigen Socken.
 
Die Weltbank, die sich als globales Hilfswerk aufspielt, verteilt grosszügig Dollars an die notleidenden Länder (insbesondere an die dortigen Machthaber). Welch edle Gesinnung! Der Pferdefuss an diesem Wolf ist bloss der, dass er dadurch diese Länder in ihre Abhängigkeit bringt, das heisst sie werden unterworfen, dem US-Imperialismus zugänglich gemacht. Der Schurkenstaat Number 1, die USA, hat dadurch ein Machtinstrument, wie an Hunderten von Beispielen und selbst an dem wenigen, was durch die US-hörigen Medien sickert, täglich zu erkennen ist. Die Reichen, die an der Spitze der wirtschaftlichen Pyramide stehen, und der Lebensstandard in den reichen Ländern hängen direkt oder indirekt von der Ausbeutung der Entwicklungsländer ab. Das ist seit den Zeiten der Sklaverei so; inzwischen sind bloss die Methoden etwas subtiler, hinterhältiger geworden. Das ist ein Allgemeinplatz und kann so im Prinzip auch im Buch „Bekenntnisse eines Economic Hit Man. Unterwegs im Dienst der Wirtschaftsmafia“ des Amerikaners John Perkins (1946) nachgelesen werden, das im April 2007 als deutschsprachiges Taschenbuch im Wilhelm Goldmann Verlag, München (ISBN 978-3-442-15424-1) erschienen ist und das gerade meine Abendlektüre bildet. An Erbauung ist da weniger als an bestätigenden Erkenntnissen herauszuholen.
 
„Economic Hit Men“ (EHM) sind laut dem Vorwort „hochbezahlte Experten, die Länder auf der ganzen Welt um Billionen von Dollar betrügen. Sie schleusen Geld von der Weltbank, von der US-Agentur für internationale Entwicklung (USAID) und anderen ausländischen ‚Hilfsorganisationen' auf die Konten grosser Konzerne und in die Taschen weniger reicher Familien, die die Rohstoffe unseres Planeten kontrollieren. Die Mittel der EHM sind betrügerische Finanzanalysen, Wahlmanipulation, Bestechung, Erpressung, Sex und Mord. Ihr Spiel ist so alt wie der Drang nach dem Weltreich, doch heute, im Zeitalter der Globalisierung, hat es neue und erschreckende Dimensionen angenommen. Ich weiss das, ich war ein EHM." Ich: Das ist der Autor Perkins. Dein Buch verdient das Prädikat „Sehr empfehlenswert".
 
John Perkins sagte, nachdem er sich von seiner Aufgabe verabschiedet hatte, den EHM sei es gelungen, „ das erste wirklich globale Imperium in der Weltgeschichte zu erschaffen. Das haben wir grösstenteils ohne das Militär zustande gebracht, und das Einzigartige an diesem Imperium ist, dass es keinen Kaiser oder König hat. Stattdessen haben wir eine, wie ich es nenne, ‚Korporatokratie’ (Herrschaft der Konzerne): eine Gruppe von Männern und einigen Frauen, die unsere grössten Konzerne, Banken und unsere Regierung leiten.“
 
Der Trick, um diesen kolonialen Herrschaftsbereich zu schaffen, war verhältnismässig einfach: Man sucht sich ein oder mehrere Entwicklungsländer mit ergiebigen Bodenschätzen aus, neben Erdöl sind selbstverständlich auch alle anderen Rohstoffe begehrt. Dann wird mit Hilfe der freundlichen Weltbank oder einer der ihr angeschlossenen Organisationen ein Grosskredit organisiert. Der Hauptanteil des Kredits geht direkt an US-Konzerne wie Bechtel, Halliburton, Stone & Webster, die damit dann grosse Infrastrukturprojekte wie den Bau von Elektrizitätswerken, Häfen, Industrieparks und andere Anlagen durchführen, an denen die Reichen dieser Länder verdienen. Dann verlässt man das Land mit seinen gewaltigen Schulden, die so hoch sind, dass es sie unmöglich zurückzahlen kann. Irgendwann tauchen dann die EHM, die „Wirtschaftskiller“ (Perkins), wieder auf und sagen: „Schaut her, ihr schuldet uns eine Menge Geld. Ihr könnt eure Schulden nicht bezahlen, also gebt ihr uns jetzt, was uns zusteht. Ihr verkauft unseren Ölgesellschaften euer Öl zu Billigpreisen oder lasst uns Militärstützpunkte in eurem Land bauen oder stellt euch bei der nächsten kritischen UN-Abstimmung auf unsere Seite oder schickt eure Truppen in den Irak oder dahin, wo wir eure Unterstützung brauchen.“ Mit diesem Stil sei es den USA gelungen, ein unglaublich umfangreiches Imperium aufzubauen – immer unter tatkräftiger Mithilfe von Wohltätern wie Wolfowitz, der in seiner unendlichen Güte selbst seine Lebenspartnerin auf Kosten der Weltbank reich beschenken und in eine bessere Berufsposition hissen wollte.
 
Perkins stellt das weltumspannende US-Machtstreben im Klartext dar: Das Land richte Botschaften nur ein, um seine eigenen Interessen durchzusetzen. Originalton (Seite 53): „Und in der 2. Hälfte des 20. Jahrhunderts bestand dieses Interesse darin, aus der amerikanischen Republik ein globales Imperium zu machen“ (Zitat-Ende). Ich nenne, um dies zu untermauern, nur die wichtigsten Ländernamen wie Vietnam, Indonesien, Panama und bis zum Irak; der Iran ist momentan auf der Abschussliste, und Kuba wird nach Fidel Castros Tod an die Reihe kommen; die Vorbereitungen laufen seit langem. Bemerkenswerterweise wird dieses globale Machtstreben (Globalisierung) kaum durchschaut, auch von der Bildungselite nicht: Perkins: „Trotz ihrer akademischen Titel sind diese Leute so unwissend wie die Siedler des 18. Jahrhunderts, die glaubten, dass die Indianer, die um ihr Land kämpften, Diener des Teufels wären.“
 
Allein die jüngere Iran-Geschichte, wie sie im Buch aufgezeigt wird, hätte dem Westen schon längst die Augen öffnen können: 1951 rebellierten die Menschen im Iran gegen eine britische Ölgesellschaft (die Vorgängerin der British Petroleum BP), welche die iranischen Rohstoffe und die Bevölkerung ausbeutete. In der Folge verstaatlichte der demokratisch gewählte iranische Premierminister Mohammad Mossadegh alle iranischen Ölvorkommen. Empört wandte sich der US-Untertan Grossbritannien, dem sein ganzer Stolz abhanden gekommen zu sein scheint, an die USA und bat um Hilfe. Washington schickte den CIA-Agenten Kermit Roosevelt (Enkel von Theodore Roosevelt) in den Iran, der mit Bestechungsgeldern und Drohungen viele Menschen auf seine Seite zog. Sie hatten in seinem Auftrag Unruhen und gewalttätige Demonstrationen gegen Mossadegh zu organisieren, die übliche schmutzige Masche, die Bevölkerung gegeneinander aufzubringen, die auch im Irak seit dem US-Einmarsch im Gange ist und zu Hunderttausenden von Todesopfern führt. Sogar in Palästina hat das der gelehrige US-Schüler Israel ebenfalls zustande gebracht. Roosevelt, der eine glänzende Arbeit leistete, brachte es fertig, dass Mossadegh gestürzt wurde und den Rest seines Lebens unter Hausarrest verbringen musste. Der amerikahörige Schah Mohammed Reza Pahlewi wurde zum unumschränkten Herrscher erkoren. Die USA und GB hatten dadurch ihren Einfluss wieder.
 
Die Weltbank und der von US-Gefolgsleuten finanzierte Währungsfonds (IWF) gehören zum ausbeuterischen System. Sie befruchten einander gegenseitig vor allem hinsichtlich der eigennützigen Finanzierung und Bevormundung der Entwicklungsländer, nachdem diese zuvor mit allen Mitteln handelspolitischer Schurkereien (wie die staatliche Subventionierung z. B. von US-Landprodukten) in Armut und Elend getrieben worden waren. Das ist unter globalisierten Verhältnissen, bei denen sich einige Schurkenstaaten, insbesondere die USA, alles erlauben dürfen, d. h. sich an keinerlei Spielregeln halten müssen, problemlos möglich. Wie die Rohstoffe werden auch die billigen Arbeitskräfte der Armutsländer ausgebeutet. Sie müssen auf Ausbildung, Gesundheitsvorsorge und soziale Einrichtungen verzichten, damit die Taschen der Reichen noch praller werden. Sie führen ihren neoliberalen heiligen Krieg um Geld und Macht weiter – im Hinblick auf die Unterwerfung der Erde.
 
Der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank seien „ein Instrument des amerikanischen Imperialismus, um den Völkern eine wilde und ausbeutende Sozial- und Wirtschaftspolitik aufzuzwingen“, sagte Hugo Chávez, Präsident von Venezuela, am 1. Mai 2007 auf der Massenkundgebung im Zentrum von Caracas. IWF und Weltbank seien durch ihre konditionierte Vergabe von Krediten für die Deregulierung der lateinamerikanischen Märkte in den letzten 2 Jahrzehnten verantwortlich. Und mag dies in der westlichen Presse (wenn überhaupt) noch so hämisch kommentiert worden sein – es trifft genau zu. Gleichzeitig gab Chávez seine wichtige Entscheidung bekannt: Venezuela tritt sowohl aus dem Internationalen Währungsfonds als auch aus der Weltbank aus. Er habe Finanzminister Rodrigo Cabezas bereits Anweisungen gegeben, beiden Organisationen offiziell den Austritt Venezuelas mitzuteilen, sagte Chávez. Der Beifall vor allem in Lateinamerika blieb nicht aus; denn sogar „Zeit online“ räumte ein: „Die Milliarden hohe Schuldenlast vieler lateinamerikanischer Länder beim IWF bleibt eines der grössten Hindernisse der Region im Kampf gegen die Armut.“ Und damit wird Perkins sogar von dieser Seite bestätigt.
 
„Die Zeit“ mutmasste in diesem Zusammenhang, auch Boliviens Präsident, der ehemalige volksverbundene Kokagewerkschaftsführer Evo Morales, dürfte mit Hilfe der Öl-Milliarden seines Freundes aus Caracas wohl bald in die Fussstapfen seines politischen Ziehvaters treten. Mitte April 2007 hatte auch Ecuador angekündigt, seine Beziehungen zum IWF beenden zu wollen. Hintergrund ist die Unzufriedenheit mit den „Auflagen“ bei der Gewährung von Krediten. Man erahnt, was sich hinter diesem Wort „Auflagen“ verbirgt.
 
Wer politisch interessiert ist, muss sich unbedingt um die Hintergründe kümmern. Und hier leistet Perkins’ Buch wertvolle Hilfe. Es zeigt etwa die Zusammenarbeit der Bush-Familie mit Saudiarabien auf, die auch ermöglichte, dass wenige Tage nach dem zusätzlich dramatisierten 11. September 2001 wohlhabende Saudis, darunter auch Mitglieder der Bin-Laden-Familie, mit Privatjets aus den USA ausgeflogen wurden. Perkins: „Niemand will die Verantwortung für die Genehmigung dieser Flüge übernehmen, und die Passagiere wurden auch nicht verhört.“
 
Dass die Verarmung und die Unterdrückung grosser Weltteile den Terrorismus anwachsen lässt ist klar und bereits eindeutig erwiesen; sogar die Amerikaner, die ja eine durch und durch verlogene Informationspolitik betreiben, mussten das inzwischen zugeben, weil es offensichtlich ist. Der Terrorismus kommt nach Perkins’ Feststellungen nicht etwa deshalb auf, weil die armen, ausgehungerten Menschen böse wären, sondern aus purer Not und Verzweiflung. Auch das bestohlene, gedemütigte Palästina, das unter der israelischen Schreckensherrschaft leidet, muss meines Erachtens in diesem Zusammenhang erwähnt werden.
 
Die wunderbare Geldmaschine
Woher kommt das Geld, das die Weltbank als Herrscherin über die Armen so grosszügig ausschüttet? Perkins bringt es auf den Punkt (Seite 347): „Die globale Vorherrschaft der Vereinigten Staaten beruht im Wesentlichen darauf, dass der US-Dollar die Standard- und Reservewährung der Welt ist und dass die United States Mint das Recht besitzt, diese Dollars zu drucken. Und so vergeben wir (Amerikaner) Kredite an Länder wie Ecuador, wohl wissend, dass diese Staaten sie niemals zurückzahlen können; wir wollen auch gar nicht, dass sie ihre Schulden begleichen, denn diese Nichtzahlung gibt uns die Mittel in die Hand, die wir brauchen. Unter normalen Umständen würden wir unser Kapital ernsthaft gefährden, denn kein Gläubiger kann es sich dauerhaft leisten, allzu viele uneinbringliche Kredite in seinen Büchern zu haben. Aber wir leben nicht unter normalen Umständen. Die Vereinigten Staaten drucken Geld, das nicht durch Gold gedeckt ist. Es wird im Wesentlichen durch nichts anderes gedeckt als durch das allgemeine weltweite Vertrauen in unsere Wirtschaft und unsere Fähigkeit, die Kräfte und die Ressourcen des Imperiums, das wir geschaffen haben, richtig zu nutzen und einzusetzen (...)
 
Solange die Welt den US-Dollar als Standard- und Reservewährung akzeptiert, stellt diese exzessive Verschuldung keine ernsthafte Gefahr für die Korporatokratie dar. Sollte irgendwann jedoch eine andere Währung den Dollar ersetzen oder sollten sich einige von Amerikas Gläubigern (Japan oder China) entschliessen, einen Teil dieser Wertpapiere zu verkaufen, um ihr Geld zurückzuholen, würde sich die Situation dramatisch verändern. Die Vereinigten Staaten würden sich schlagartig in einer höchst prekären Lage wiederfinden.“ Das dürfte nicht mehr sehr lange auf sich warten lassen.
 
Das Traurige an der Dollarpapier-Produktion ist, dass die an sich wertlosen Noten zur Vergrösserung des Elends und zur Finanzierung von scheusslichen Kriegen, die das Elend täglich vergrössern, herausgeworfen werden, ohne dass die Kriegsverbrecher, die sämtliche Menschenrechte niedertrampeln, zur Rechenschaft gezogen werden. Perkins (auf Seite 102): „Ich überlegte mir, wie die Welt wohl beschaffen sein würde, wenn die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten all das Geld, das sie für Kolonialkriege – wie beispielsweise für den Vietnamkrieg – ausgegeben hatten, dafür eingesetzt hätten, den Hunger auf der Welt auszurotten oder allen Menschen, auch der Bevölkerung der USA, eine elementare Schulbildung und Gesundheitsversorgung zu bieten. Ich dachte darüber nach, was es für künftige Generationen bedeuten würde, wenn wir uns der Aufgabe verschreiben würden, die Ursachen von Not und Elend zu beseitigen und die Wasserreservoirs, die Wälder und andere Naturräume zu schützen, die uns sauberes Wasser, frische Luft und all jene Dinge liefern, mit denen wir unseren Geist und unseren Körper stärken.“
 
Zumindest ein etwas stärkerer Geist ist all jenen Schwachsinnigen zu wünschen, die aus der Erde ein im Elend versinkendes Schlachtfeld machen, und genauso auch ihren Mitläufern. Aber wenn ich die unterwürfige Politik z. B. von Angela Merkel, welche den USA alle EU- und Deutschland-Türen öffnen will, und ähnlichen Bush-Verehrern wie den Nato-Begeisterten betrachte, scheint mir doch eindeutig zu sein, dass aus all dem kriminellen Geschehen, das für den desolaten Zustand dieser Welt verantwortlich ist, noch keine Schlüsse – und schon gar nicht die richtigen – gezogen worden sind. Auch in der Schweiz ist das Lernpotenzial erst zum allerkleinsten Teil ausgeschöpft. Daran tragen auch die Medien eine grosse Schuld, die sich ins US-hörige System einbinden liessen und ihre Nutzer mit Allotria hinhalten, verdummen und ablenken statt mit lebenswichtigen Informationen füttern. Die Sache hat schon System.
 
Nach dem unheilvollen Wirken der Economic Hit Men brauchen wir dringend eine Serie von Publishing Hit Men (PHM), die nach einer Phase der blödsinnigen US-Verherrlichung und Globalisierungseuphorie endlich für etwas Aufklärung und Rückkehr zur Vernunft sorgen.
 
Empfehlenswerte Literatur zum Thema
Hess, Walter: Kontrapunkte zur Einheitswelt. Wie man sich vor der Globalisierung retten kann“ (ISBN 3-9523015-0-7), Verlag Textatelier.com, CH-5023 Biberstein 2005. (ISBN 3-9523015-0-7).
 
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