BLOG vom: 21.05.2007
Fertigtierfutter: Müll als „Wellness-Mahl“ für Hunde und Katzen
Autor: Heinz Scholz, Schopfheim D
Die Ideen zu Blogs hängen oft von Zufällen ab. So erhielt ich kürzlich die Nachricht von einer Hundebesitzerin, wonach in vielen Fertigtierfuttern Abfälle aller Art verarbeitet würden. Auch regte sie sich furchtbar auf, als sie die Inhaltsangabe eines Vitaminpräparates, das sie vom Tierarzt für teures Geld gekauft hatte, las. Neben den synthetischen Vitaminen waren Aromastoffe, darunter ein Leber-Aromastoff, enthalten. Auf Anfrage, warum diese Stoffe in den Vitamin-Tabletten seien, antwortete der Tierarzt lapidar: „Sonst frisst der Hund die Pillen nicht!“
Da lachen nicht nur die Hunde! Jeder Tierbesitzer weiss, wie man eine Arznei oder Vitaminpillen ohne Aromastoffe einem Tier unterjubelt (ins Futter mischt).
Die betreffende Dame, eine Journalistin im Ruhestand, sandte mir noch einen Artikel der „tz“ von Ostern 2007 zu. In diesem Bericht wurde behauptet, dass Hunde und Katzen „Müll als Wellness-Mahl“ vorgesetzt bekommen. Auch wurde ein Interview mit Hans-Ulrich Grimm abgedruckt. Dieser Autor enthüllte in seinem Buch „Katzen würden Mäuse kaufen“ (Deuticke Verlag, 17,90 Euro) die unappetitlichen Praktiken einer Branche, die jährlich allein in Deutschland Fertigfutter für 2,1 Milliarden Euro umsetzt.
Ich konnte es schier nicht glauben, was hier behauptet wurde. Da wir eine Hauskatze unser eigen nennen und diese regelmässig mit Fertigfutter bedienen, interessierte mich das Thema ganz besonders.
Betrachten wir einmal, was Hans-Ulrich Grimm herausfand: Die Tierliebhaber waren bisher überzeugt, sie würden etwas Gutes tun, wenn Sie ihrem Hund oder ihrer Katze mit einem „Festtagsmenü mit Gans nach traditioneller Art“, eine „Gourmetspeise“ oder ein „Light-Menü“ servieren. Darüber hinaus bringt eine verführerische Werbung dem Tierliebhaber die Gewissheit, eine Fertigkost würde dem Tier nur zum Wohle gereichen.
Ich erinnere mich an eine Fernseh-Werbung, bei der eine nette junge Dame ihrem Liebling (Katze) eine Gourmetmahlzeit auf einem „Silbertablett“ mit einem Petersilienblatt serviert. Ach wie schön, dachte ich mir, wenn hier ein Mensch zu seinem Liebling so gut ist und ihn mit allen Stoffen, die er für sein Leben braucht, versorgt. Die Werbung suggeriert dem Tierliebhaber auf raffinierte Weise, dass es keine ausgeglichenere und gesündere Kost für Tiere als Fertigkost gibt. Falsch gedacht, wie wir sehen werden.
Durch die Knochenmühle geschreddert
Nicht nur im normalen Trockenfutter, sondern auch in den „Gourmetmahlzeiten“ sind oft nur 4 % Fleisch, dafür aber jede Menge tierische Nebenerzeugnisse (also Schlachtabfälle usw.), Aromastoffe, pflanzliche Nebenerzeugnisse, Öle, Fette, Gemüse, Vitamine, Taurin, Antioxidantien, Farb- und Konservierungsstoffe enthalten. Wenn das liebe Tier dies wüsste, bekäme es das kalte Grausen. Oft werden die Farb- und Konservierungsstoffe nicht namentlich genannt, sondern man kann in winziger Schrift auf der Verpackung „EG-Zusatzstoffe“ lesen. Ich finde es verwerflich, wenn hier bezüglich Kennzeichnung nicht mit offenen Karten gespielt wird.
Der Ex-„Spiegel“ Autor (52) Hans-Ulrich Grimm schreibt in seinem Buch Folgendes: „In Tierkörperbeseitigungsanlagen werden Schlachtabfälle und Tierkadaver, selbst Tausende ,unnützer’, weil zum Eierlegen unbrauchbare, männliche Hühnerküken durch Knochenmühlen oder so genannte ,Muser’ geschreddert, bis nur noch Tiermehl übrig bleibt – als Rohstoff für die grossen Hersteller von Haustiernahrung.“
Unsere Tiere würden solches Zeug niemals fressen. Da kamen die Hersteller auf die Idee, das Tierfutter mit Aromastoffen, Geschmacksverstärkern, Konservierungs- und Farbstoffen aufzupeppen. Das „vermenschlichte“ und nicht artgerechte Menü wird dann von Waldi und Minka verdrückt. Ob mit Freude, bleibt dahingestellt. Es ist ja eine Zwangsernährung und wider die Natur. Was bleibt den armen Tieren anderes übrig als das Vorgesetzte zu fressen? „Hunde und Katzen kaufen ja auch nicht ein“, so Grimm.
Es bleibt nicht aus, dass immer mehr Tiere chronisch krank werden und die gleichen Krankheiten wie mit Industriekost abgespeiste Menschen entwickeln. Die Tiere übernehmen die Zivilisationskrankheiten ihrer Besitzer wie Diabetes, Krebs, Herzprobleme. In den USA wurde kürzlich eine „Schlankheitspille für Hunde“ zugelassen, da es immer mehr Tiere mit Übergewicht gibt.
In meinem Bekanntenkreis hat eine Familie einen 14-jährigen Hund. Er hat Herzprobleme. Der arme Hund bekommt 5 verschiedene Medikamente verabreicht. Kein Wunder, er wurde zeitlebens falsch ernährt.
Das Geschäft mit den Tierfuttermitteln läuft glänzend. Es läuft wie geschmiert. Dazu Hans-Ulrich Grimm: „Das könnte man wörtlich nehmen. Ich habe noch nie ein so korruptes Milieu angetroffen wie in der Tiernahrung. Die Konzerne sponsern schon die Studenten der Veterinärmedizin, sie finanzieren die wissenschaftlichen Studien, den Tierärzten ihre Kongresse bis hin zur Tanz-Combo beim Gesellschaftsabend. An manchen Universitäten finden regelrechte Reklameveranstaltungen für die Dosenfutterproduzenten statt. Denkt da noch jemand an unabhängige, seriöse Forschung? Oder gar an das Wohl der Tiere?“
Kein Wunder, dass Tierärzte die Pillen und das Futter in ihren Praxen mit Freude verkaufen. Bringen ihnen doch diese Produkte einen ganz gehörigen Zugewinn.
Nierenversagen bei Hunden und Katzen
In der Online-Ausgabe der Münchner Zeitung „tz“ und in „NDR Info“ war zu lesen, dass kürzlich 100 Markenartikelhersteller in den USA ihre Produkte zurückgerufen hätten. Die Produkte enthielten giftige Bestandteile des kanadischen Tierfutter-Produzenten Menu Foods. Wenn Tiere diesen Frass aufnehmen, besteht für sie Lebensgefahr. 16 Tiere sind an Nierenversagen gestorben; auch gibt es inzwischen Tausende von Verdachtsfällen. Laut Recherchen von „NDR Info“ sind auch etliche Edel-Futtermarken im Handel, die von Menu Foods für den europäischen Markt produziert haben. Menu Foods hat in ihren Produkten aus China stammende Eiweisszusätze und Reis-Protein verarbeitet. Diese Bestandteile enthielten die Chemikalien Melamin und Cyanursäure, die normalerweise für die Kunststoffproduktion verwendet werden. Melamin gilt als relativ ungiftig, während die Cyanursäure sehr gefährlich ist.
„foodwatch“ kritisierte, dass bei uns in Deutschland keine Rückrufaktion gestartet wurde. Warum, das bleibt ein Geheimnis.
Amerikaner fürchten Vergiftung durch Chinesen
„Spiegel-Online“ berichtete am 18. Mai 2007 unter der Schlagzeile „Amerikaner fürchten Vergiftung durch Chinesen“ über vergiftetes Hundefutter und Gifte in bestimmten Nahrungsmitteln. US-Konzerne (Mission Foods, Tyson Foods) wollen jetzt keine Zusätze mehr aus China in ihren Nahrungsmitteln verarbeiten. Die Umsetzung ist jedoch nicht leicht, da China sich in den letzten 10 Jahren zum weltweit grössten Lieferanten für Geschmacksstoffe und Vitamine etabliert hat. Und andere Hersteller können nicht ohne Weiteres einspringen, da der Bedarf enorm ist und die Zusatzstoffe teurer sind. China ist ja ein Land, in dem die Lebensmittelsicherheit und Lebensmittelhygiene noch verbesserungswürdig ist. Auch kommen dort mehr Pestizide und Dünger als bei uns zur Anwendung.
„wa“ von „Spiegel Online“ schreibt dazu: „Doch noch vor Kurzem war das den amerikanischen Herstellern weitgehend egal. Oft wissen die Unternehmen nicht einmal, woher ihre Vorprodukte eigentlich stammen. Erst durch den Tierfutter-Skandal änderte sich die Lage. Weil angesichts der toten Hunde und Katzen ein Aufschrei durch die Öffentlichkeit ging, kamen die Lebensmittelkonzerne an dem Thema nicht mehr vorbei.“
Und Laszlo Somogyi, Ex-Berater am SRI-Institut, einer nicht-gewinnorientierten Forschungseinrichtung im kalifornischen Menlo Park, erklärte, die Affäre um vergiftetes Tierfutter sei ein „Warnschuss“ gewesen. „Denn das Gleiche könnte auch in der Nahrungsmittelkette für Menschen passieren.“
Gibt es Alternativen?
Es gibt natürlich Alternativen für die Ernährung von Katz und Hund. Entweder man besorgt sich Frischkost beim Metzger seines Vertrauens, kocht selbst Hundefutter (z. B. mit Hühner-oder Rinderleber, Sojamehl, Vollkorn-Weizenmehl, Ei, Butter, Hefeflocken), bäckt Hundekekse oder besorgt sich hochwertiges Futter mit einem hohen Anteil an Fleisch und ohne Farb- und Konservierungsstoffe. Infos dazu sind unter den angegebenen Internet-Adressen zu bekommen.
Nachdem ich dies alles weiss, sorge ich dafür, dass unsere Katze „Trixi“ nur hochwertiges Futter ohne diese Zusatzstoffe erhält. Ab und zu wird sie ein Stückchen frische Leber oder etwas Hackfleisch bekommen. Ich bewunderte schon in der Vergangenheit unsere „intelligente“ Katze. Sie frisst nur gutes Futter. Erst kürzlich lehnte sie das „Gourmet-Futter“ ab. Nun weiss ich warum.
Infos im Internet
http://www.cats-country.de/suppenkasper.htm (Infos über Katzenernährung)
www.vet-concept.de (umfangreiches Sortiment für Hunde und Katzen)
www.terra-canis.de (leckere Hausmannskost für Hunde)
http://www.doggieshop.de (mit Rezepten für die Herstellung von Hundefutter)
Hinweis auf ein weiteres Blog mit Bezug zum Tierfutter
Hinweis auf weitere Blogs von Faber Elisabeth
Neuntöter – ein Spießer unter den Vögeln
Schwarzblauer Ölkäfer oder Maiwurm
Marienkäfer als Mittel gegen Läuse
Der Kleiber – ein Hausbesetzer
Der Star in der Welt der Singvögel
Szenen aus dem Spatzenleben
Flatternde Farbenpracht
Erdmännchen wachsam und gesellig
Libellen – Die Kunst der Flugtechnik
Sumpf-Herzblatt, Lotusblume und ein fliegender Storch
Das Freiburger Münster aus meiner Sicht
Wunderschöne Aufnahmen von Pflanzen bei Frost
Tierbilder 2020: Ein durstiges Eichhörnchen, bedrohter Spatz
Wenn der Frost Pflanzen zauberhaft verwandelt