Textatelier
BLOG vom: 10.12.2007

Hubertus-Kult: Die Jäger verehren den falschen Schutzpatron

Autorin: Lislott Pfaff, Schriftstellerin, Liestal BL
 
Überall dort, wo das katholische und reformierte Christentum Staatsreligion ist, werden jeweils Ende Oktober/Anfang November die so genannten Hubertus-Gottesdienste gefeiert. Graf Hubertus lebte im 6./7. Jahrhundert und war ein leidenschaftlicher Jäger. Er verfolgte einmal einen kapitalen Hirsch, aber als er ihn töten wollte, erschien im Geweih des Hirsches ein leuchtendes Kreuz. Daraufhin sank Graf Hubertus vor dem Tier in die Knie und verzichtete künftig auf jegliches Jagdvergnügen. In der Folge wurde Hubertus heilig gesprochen. Es ist mir unbegreiflich, weshalb die Jägerschaft gerade diesen bekehrten, also nicht mehr jagenden Jäger zu ihrem Schutzpatron ernannt hat. Ich halte dies für eine missbräuchliche Verwendung des Namens eines Menschen, der im wahrsten Sinne des Wortes „heilig“, „geheilt“ war.
 
Wenn die Jagd, wie ich von einem Pfarrer gehört habe, in der Bibel eine grosse Rolle spielt, so ist mir die Bibel mehr als suspekt. Und ausgestopfte Tiere, das heisst ausgestopfte Leichen von Ermordeten, gehören nach meiner Ansicht nicht in eine Kirche, wie es offenbar bei Hubertus-Gottesdiensten üblich ist. Was ist denn das für eine Religion, die das Töten Unschuldiger kultisch verherrlicht, und wo bleibt da die vom Christentum gebotene Liebe? Wie sagte doch Leo Tolstoi: „Vom Tiermord zum Menschenmord ist nur ein kleiner Schritt“. Ich hoffe, dass all jene Pfarrer, die Hubertus-Gottesdienste abhalten wollen, sich die Worte dieses grossen Dichters zu Herzen nehmen.
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Anhang
Was ein Reh über die Jagd erzählen würde
Gedanken aus dem Tannenwald
 
„Woher nimmt eigentlich ein Jäger das Recht, mit seinem Gewehr über Leben und Tod von uns Rehen und von anderen Wildtieren zu entscheiden? Haben denn die Jäger den menschlichen Grundsatz der Ehrfurcht vor dem Leben vergessen? Wenn sie uns in unserer Umgebung, im Wald, beobachten, ohne uns zu erschiessen, verschaffen sie sich doch ein viel schöneres Naturerlebnis als bei der Jagd. Ich frage mich, was das Töten mit diesem ‚Kontakt mit der Natur’ zu tun hat, von dem die Jäger so schwärmen. Überdies wissen wir Rehe, dass das Töten oft nicht mit einem ‚sauberen Schuss’ geschieht, wie die Jäger behaupten, sondern auf unerträglich brutale Weise, wenn der erste Schuss nicht den sofortigen Tod herbeiführt. Es kommt auch häufig vor, dass eines von uns nur angeschossen wird und, wenn ihm die Flucht gelingt, später an der Schusswunde grausam verendet.
 
Wir Rehe und auch die Hirsche, die Hasen, die Wildschweine, wir ernähren uns so, dass wir kein anderes Lebewesen töten müssen. Weshalb tun das die Menschen nicht und bestrafen uns mit ihrer Gier nach Fleisch? Das ist doch höchst ungerecht! Ferner ist es eine reine Erfindung der Jäger, dass wir Wildtiere insgesamt schwächer und kränker wären, wenn man uns nicht mehr jagen würde. Die Jäger töten ja auch die Kräftigen und Gesunden unter uns (sie wollen gutes, gesundes Fleisch essen und nicht krankes). Diese Behauptung ist also wirklich Jägerlatein.
 
Die Jäger erwarten von ihren Mitmenschen Toleranz für ihr Tun. Toleranz für die Arroganz, berechtigt zu sein, unschuldige Lebewesen umzubringen, nur weil dies ihrem Charakter entspricht. Wird denn bei Euch Menschen einem Menschenmörder Toleranz entgegengebracht? Wenn Ihr einen Menschen erschiesst, nennt Ihr das Mord. Wenn Ihr ein Tier erschiesst, nennt Ihr das Sport. Deshalb ist es zynisch, wenn der Jäger behauptet, er und seine Kameraden seien ‚Tierfreunde’. Wer Tiere umbringt, nur weil er Jägerblut in den Adern hat und seine Jagdlust befriedigen will, ist ein Tierfeind und kann niemals ein Tierfreund sein. Wenigstens sollten die Jäger so ehrlich sein und das zugeben.“
 
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11.01.2005: Gar so lustig ist die Jägerei heute nicht mehr
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