GVO: Nicht nur Deklarationskonfusionen
Autor: Walter Hess
Die Konsumenten verlangen konsequente Deklarationen, wenn sie mit GVO (genetisch veränderten Organismen) abgespeist werden, wenigstens das. Besser wäre es zwar, diesen ganzen Unfug der noch weitergehenden, abenteuerlichen Nahrungsmittel-Abänderung an der Quelle zu bekämpfen. Aber das sind fromme Wünsche: Die Genverseuchung breitet sich weltweit aus; die USA sind die treibende Kraft.
Nun hat der Schweizer Bundesrat heute Mittwoch die Futtermittel-Verordnung geändert, anscheinend um den Konsumentenwünschen ein wenig entgegenzukommen. Dabei geht es, wohlverstanden, um Futtermittel für Tiere und nicht für Menschen; doch im Rahmen der Nahrungskreisläufe kommt das auf dasselbe heraus. Mit den Änderungen sei gleichzeitig die Äquivalenz mit den Bestimmungen der Europäischen Gemeinschaft (EU) hergestellt worden, heisst es in der Mitteilung des Bundesamts für Landwirtschaft, Abteilung Produktionsmittel. Darin wird bestätigt, wie konfus die EU-Gesetzgebung ist. Die originale Medienmitteilung hat den folgenden Wortlaut:
„Ab dem 1. März 2005 müssen alle Futtermittel und Ausgangsprodukte gekennzeichnet werden, wenn sie mehr als 0,9 Prozent zugelassene gentechnisch veränderte Organismen (GVO) enthalten und wenn belegt werden kann, dass geeignete Massnahmen zur Verhinderung unerwünschter Verunreinigungen ergriffen wurden. Bisher galt für Ausgangsprodukte ein Schwellenwert von 3 Prozent, für Mischfuttermittel ein solcher von 2 Prozent. Für den Umgang mit vermehrungsfähigen GVO wie auch für Produkte, die aus GVO hergestellt wurden, ist eine detaillierte Dokumentation künftig Pflicht. Für vermehrungsfähige GVO gilt zudem die Warenflusstrennung. Im Weiteren werden Spuren von nicht bewilligten GVO, die in der Europäischen Gemeinschaft zugelassen sind oder toleriert werden, akzeptiert, wenn in einem Produkt weniger als 0,.5 Prozent Material solcher Organismen vorhanden sind.
Mit einer Anpassung der departementalen Futtermittelverordnung hat das EVD gleichzeitig eine Toleranz von 50 Prozent für die amtliche Quantifizierung des GVO-Anteils in Futtermitteln eingeführt. Die obligatorische Deklaration der prozentualen Zusammensetzung von Mischfuttermitteln wurde aufgehoben. Zudem ist künftig das Verfüttern von Hanf an Nutztiere verboten.
Bern, 26. Januar 2005“
Soweit die amtliche Mitteilung. Kommt der geneigte Nutzer da überhaupt noch draus? Der einleitende Satz heisst doch nichts anderes, als dass gentechnisch veränderte Futtermittel und Ausgangsprodukte nur dann als solche deklariert werden müssen, wenn der Grenzwert 0,9 Prozent überschritten ist und wenn zudem erwiesenermassen geeignete Massnahmen zur Verhinderung von unerwünschten Verunreinigungen ergriffen wurden. Das bedeutet im Umkehrschluss: Liederliche Produzenten, welche pflichtwidrig nichts gegen die Verschmutzung unternommen haben (und logischerweise für diese Unterlassungssünde auch keine Belege haben), brauchen auch nichts zu deklarieren. Und diese merkwürdige Regelung schafft Anreize in der genau verkehrten Richtung. Oder war da etwas anderes gemeint?
Die Mitteilung aus Bern ist ein Musterbeispiel, in welch nebulösen Gefilden zwischen dem Freihandelsterror, der EU und dem unterwürfigen Schweizer Nachvollzug von Vorgaben aus der globalisierenden Welt herrscht und für die unglaubliche Toleranz gegenüber den GVO-Anteilen. Wieso müssen Mischfuttermittel nicht mehr deklariert werden? Vielleicht ist es gewollt, dass der Konsument aus den schleichend ablaufenden Geschehnissen nicht schlau werden kann, auch wenn er sich noch so sehr ehrlich darum bemüht.
Die anpasserischen Medien interpretieren das alles übereinstimmend als "Strengere Auflagen für gentechnisch veränderte Lebensmittel" oder „Informationspflicht für GVO verschärft“. So ist sie eben, unsere Information.
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