Textatelier
BLOG vom: 11.11.2008

Obama-Stilbruch 1: Der jüdische Rahmbo an der Speerspitze

Autor: Walter Hess, Publizist, Biberstein CH (Textatelier.com)
 
Geht die bedingunglose Unterstützung der USA von Israel mit all den verhängnisvollen weltpolitischen Folgen unter Barack Obama weiter? Im Wahlkampf hatte er sich für ein „ungeteiltes Jerusalem“ ausgesprochen, die Sicherheit des Lands Israel bei einem Besuch am 23.07.2008 zur höchsten Priorität erklärt und sich dennoch „für einen dauerhaften Frieden in der Region“ ausgesprochen. Das passte schon nicht ganz zusammen.
 
Wer ist denn nicht für einen dauerhaften Frieden, wo immer auf der Welt das sei? Vielleicht die Rüstungsindustrie. Obama ist ein Hoffnungsträger, der durch ein geschicktes Marketing zum neuen Messias, zum Welterlöser von allem Bösen, wurde. Wie intensiv der „Faktor Hoffnung“ am Wirken ist, habe ich in den letzten Tagen bei vielen Gesprächen zur Kenntnis genommen, und meine betont vorsichtig-kritische Haltung wurde als Hoffnungskillerin empfunden. Ich habe Verständnis für die nach Hoffnung Lechzenden, deren Traum nur von kurzer Dauer sein dürfte. Obama wurde wie sein Vorgänger George W. Bush insbesondere von Gott ins Amt berufen, von jenem noch über den Stars und Stripes thronenden Gott, der bitte Amerika permanent segnen und dafür alle seine Kräfte einsetzen soll und die übrige Menschheit sehr wohl vernachlässigen darf. Mich selber beeindrucken ein messianisches Popstargetue und religionsverbrämte Sprüche nicht, besonders wenn sie in Wahlkämpfen abgefeuert werden. Was zählt, sind Handlungen. Daran sind die Menschen zu messen. Darauf stütze ich mein Urteil.
 
Rahm Emanuel
Gleich nach der Wahl, die viele Menschen zu Tränen rührte und in Trance versetzte, wie immer, wenn der Christengott einen neuen Sohn zu uns auf die Erde schickt, hat Obama nach durchaus irdischen Sitten und Bräuchen gehandelt: Er hat seinen Freund Rahm Emanuel (49) zu seinem Stabschef gemacht, einen skrupellosen Machtpolitiker, „Rahmbo“ (nach den gleichnamigen Filmen mit Sylvester Stallone genannt; ein Rambo ist ein besonders rücksichtsloser Mensch). Emanuel war schon ein führender Berater von Bill Clinton und betätigte sich eine Zeitlang auch als Investmentbanker. Zimperlich war er nie: Einmal sandte er laut „Die Zeit“ einem verachteten Gegner per Post einen toten Fisch ins Haus. Eine besondere Ausprägung der biblischen Fischsymbolik.
 
Emanuel ist, was kaum erwähnt wird, Jude. Während des Golfkriegs I (1991) kämpfte er als freiwilliger Zivilist in der israelischen Armee. Sein Vater hat vor der Unabhängigkeit Israels in der rechtsgerichtetem zionistischen Untergrundbewegung Irgun gekämpft. Die israelische Tageszeitung „Yediot Ahronot“ brach nach Emanuels Ernennung denn auch ins Jubilieren aus: „Unser Mann im Weissen Haus.“ Die Palästinenser sind gebührend enttäuscht.
 
Selbstverständlich teilen auch viele politische Beobachter das Enttäuschungsschicksal; der Obama-Hurrapatriotismus hat seinen ersten Dämpfer abbekommen. Die US-Republikaner, ebenfalls nicht gerade zimperlich, wenn ihre Interessen bedroht sind, nennen Emanuel „Kampfhund“. Wie ist diese Beförderung in eines der wichtigsten Ämter der kommenden Regierung mit Obamas Ankündigung zu vereinbaren, den Umgang mit Verfeindeten ziviler (wohl weniger kriegerisch) zu halten und von der Mitte aus zu regieren? Obama, so hiess es jetzt, brauche einen Bad cop, um selber als guter Polizist erscheinen zu können. Das wäre ein fieses, hinterlistiges Spiel. Oder musste Obama bereits die erste Konzession an die starke jüdische Lobby in den USA machen? Das wiederum wäre ein Schwächezeichen. Die grössten Wahlkampfspenden für Obama kamen aus dem bekannten Finanzsektor.
 
Unverzeihlich
Dieser Schachzug in Obamas Personalpolitik, wo auch immer die Gründe dafür begraben sein mögen, ist ein aussenpolitischer Schwachsinn, falls tatsächlich das Ziel angestrebt werden sollte, den Nahen Osten von Grund auf zu befrieden und den Hass vieler arabischer Länder auf die USA abzubauen. Der Hass ist erklärbar: Die USA und ihre europäischen Lakaien waren dort einmarschiert, um nahe beim Erdöl zu sein, um die masslose Energieverschwendung im eigenen Land nicht abbauen zu müssen. Inzwischen liegt die US-Autoindustrie, die auf einen hohen Benzinverbrauch und Protzertum in Blech setzte, am Boden, nachdem der Öldiebstahl teurer als erwartet ausgefallen ist und das Benzin gelegentlich unerschwinglich ist, falls sämtliche Kreditkarten bei der Schuldenlimite angelangt sind. Aber die Amerikaner finden schon Mittel und Wege, ihre Schuldenmacherei auf Kosten der Welt fortzusetzen; da hat sich noch nichts geändert. Nach der Hypo- und Kreditkartenkrise kommt demnächst die Studentenkredit-Krise. Vielleicht werden wir etwas gescheiter, wenn wir Europäer auch noch die Schulden der US-Studenten, die ja auch Autos kaufen wollten, begleichen werden.
 
Nicht eben zur Förderung der Beliebtheit der Amerikaner in der arabischen Welt trug die Aushungerung des Irak in den Jahren vor dem 2. Irak-Krieg bei; Hunderttausende von Kindern starben. Die mit den USA eng verbündeten Israeli ihrerseits unterdrücken die Palästinenser mit US-Hilfe in ähnlicher Art, verhindern humanitäre Hilfsaktionen, mauern ein ganzes Volk ein, um es zu schwächen und zu dezimieren – sonst würde doch wohl medizinische Hilfe zugelassen.
 
Selbstverständlich soll man nicht darüber schweigen, was den Juden vor und während des 2. Weltkriegs angetan worden ist, aber wenn Juden mit bestohlenen Nachbarn in der Gegenwart unmenschlich umgehen, soll man bitte auch darüber sprechen. Davon sagte die deutsche Kanzlerin Angela Merkel anlässlich des 70. Jahrestags der Reichspogromnacht (Reichskristallnacht) am 09.11.2008 nichts, kein Wort. Sie beschränkte sich einseitig auf die Warnung vor dem Antisemitismus, Maulkörbe, die längst verteilt sind, auffrischend. Wenn schon dunkle geschichtliche Kapitel aufzuarbeiten sind, müsste doch auch verhindert werden, dass weitere solche entstehen. Einseitigkeiten haben verheerende Auswirkungen. Sie gehören gleichwohl zum Arsenal der westlichen Politik.
 
Das Elend im Gazastreifen
Wie es im ausgehungerten Palästina zurzeit aussieht, hat Nationalrat Joseph Zisyadis (PdA, VD) soeben innerhalb einer elfköpfigen Gruppe von Parlamentariern aus Irland, Italien, Grossbritannien (wie die britische Entwicklungshilfeministerin Clare Short) und der Schweiz festgestellt. Diese ehrenwerten Politiker, denen noch nicht jedes Gefühl für Menschlichkeit abhanden gekommen ist, transportierten 1 Tonne medizinische Hilfsgüter (Medikamente und Ausrüstungsgegenstände) und konnten die Auswirkungen der menschenverachtenden israelischen Blockade des Gazastreifens, wo 1,5 Mio. Menschen unter der israelischen Blockade ihren Überlebenskampf kämpfen, beurteilen. Es war der 3. Transport dieser Art, der mit dem Schiff „Dignitée“ mit Hilfe internationaler Aktivisten zum zyprischen Larnaca aus erfolgte und israelische Drohungen ignorierte.
 
Im zentralen Spital in Gaza sei der Zustand der Einrichtungen erschreckend, sagte Zisyadis nach der Rückkehr; doch scheine das Personal gut ausgebildet zu sein. Das Kinderspital sei in einem katastrophalen Zustand. Der Grund: Seit Juni 2007, als die radikalislamische Hamas demokratisch gewählt wurde, verhinderte Israel als Kollektivstrafe für alle Palästinenser selbst die humanitäre Hilfe, ein durch nichts zu rechtfertigendes, himmeltrauriges Verhalten; die Wirtschaft kam praktisch zum Erliegen.
 
Solche Zustände werfen einen dunklen Schatten auf die israelische Politik und tragen nicht eben zu einem höheren Ansehen des Judentums im weitesten Sinne und zur Abschwächung extremistischer Aktionen bei. Dies müsste der Redlichkeit halber von Politik und Medien dargestellt und Israel zu bedenken gegeben werden. Aber der Westen wagt sich noch immer nicht, in Bezug auf das heutige Israel Klartext zu sprechen; da wird verschwiegen und vernebelt; wer sich nicht daran hält, wird mit Rassismusvorwürfen torpediert. Damit dürfte man angesichts dessen, was in den letzten Jahrzehnten (seit etwa 1960) geschehen ist, endlich aufhören.
 
Wie sagte doch Frau Merkel so schön: Es sei ein Irrglaube, sich nicht betroffen zu fühlen, wenn es um das Schicksal des Nachbarn gehe. Doch gilt für sie offensichtlich nur ein einziges Volk als Nachbar. Das Schicksal anderer Nachbarn interessiert sie nicht. Warum kümmert sich ausser Joseph Zisyadis und seine Politiker-Kollegen und das Rote Kreuz eigentlich niemand darum, wenn unschuldige Palästinenserkinder sterben? Wo ist denn die Ethik in der Politik? Hat die Weltöffentlichkeit kein Gewissen, nachdem sich die meisten Medien aus diesem zurückgezogen haben, falls es je einmal ein solches gegeben haben sollte?
 
Im Stil George W. Bushs
Umso schmerzlicher hat mich der fundamentale Rückzieher-Patzer Barack Obamas getroffen, ein Stilbruch nach dem Wahlkampfgerede: Ein jüdischer Haudegen in der ersten Kampfreihe der entstehenden neuen US-Regierung ist kein Instrument, das die Befriedung der Welt herbeizuführen vermöchte.
 
Und die Medien? Die Politik? Auch diesbezüglich werden wieder Zusammenhänge vertuscht, um den Heiligenschein Obamas nicht anzukratzen. Ich erinnere mich an die ersten Gerorge-W.-Bush-Amtsjahre, über die Wiederwahl vor 4 Jahren hinaus, bis zur jüngeren Vergangenheit. Die kriegerische Sandkastenmentalität nach jenem merkwürdigen 11. September wurde in den USA und im Westen „als Höhepunkt seiner Präsidentschaft“ (New York Times) gefeiert, besonders als er sich zum Einfangenlassen von Osama bin Laden entschloss, das ihn zwar allmählich weniger interessierte als das Regieren ausserhalb der Gesetze (wie der Wiedereinführung der Folter und weltweite Bespitzelungsaktionen) unter dem Motto Schutz der Nation USA vor Terrorismus. Erst als der Stern Barack Obama aufging, durfte offiziell zugegeben und berichtet werden, Bush habe in seiner Amtszeit lauter Blödsinn inszeniert, die USA nicht nur finanziell ruiniert, sondern auch die ganze Welt an den Abgrund geführt. Vorher hörte man von den Offiziellen (Politikern und Medienmachern) kaum dergleichen. Das hat mich während gut 7 Jahren schon etwas erstaunt. Aber jetzt endlich haben es alle schon längst gewusst.
 
Und jetzt beginnt offenbar alles wieder von vorn. Der Bush-Nachfolger darf sich schon vor der definitiven Wahl und vor Amtsantritt einen Riesenpatzer leisten … das Jubelgeschrei dauert an. Der neue Popstar wird verherrlicht, angehimmelt.
 
Wir hatten dergleichen schon einige Male.
 
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