Textatelier
BLOG vom: 12.12.2008

Kurzgeschichten-Wettbewerb (5. Teil): „Eine Groteske“

Autor: Emil Baschnonga, Aphoristiker und Schriftsteller, London
 
Hier werde ich gezwungen, etwas – auf 500 Wörter beschränkt – zu schreiben, erst noch eine Kurzgeschichte. Die Rache soll eine Groteske sein, damit die Jury ihren Senf dazu abgeben kann.
*
Ich heisse Abel und bin der Küchenchef im Hotel Allotria an der Brechreizgasse und bereite den Frass für eine Tafelrunde von 12 Personen vor. Der 1. Gang heisst „Spucknäpfchen“ und ist eine Schleimsuppe, auf Bauchgrimmen ausgerichtet. Das Trinkwasser „à la nature“ stammt aus der Regentonne. Da es seit einer Woche nicht mehr geregnet hat, ist der Erfrischungstrank schleimig grün und passt folglich ausgezeichnet zur Suppe. Ich sammle die ausgelöffelten Näpfchen ein. Herr Wüterich, der das Gelage bestellt hat, grunzt beifällig wie ein Schwein. Frau Wüterich stimmt ihm mit einem Schluckauf bei.
 
Mit der Vorspeise habe ich ohne Trinkgeld 118 Wörter abverdient.
Die Gäste brauchen Zeit, um zu verdauen, denke ich, wie ich die Hauptspeise improvisiere. Ich werfe die Näpfchen in den Spültrog. Sie sind aus Blech und klappern und übertönen das nichtssagende Gespräch im Esssaal nebenan.
 
Mein Pasta-Gericht ist nicht aus Pasta, sondern besteht aus Maden. mit knusperigen Ameisen besprenkelt. Die Duftnote stammt aus der Tube, genauer aus der Zahnpastatube „Colgate“ mit Pfefferminzgeschmack. Das befreit gleichzeitig die Zähne vom Schleim. Ich trockne die Blechnäpfe mit Alkohol, denn ich führe eine saubere, hygienische Küche. Ums leibliche Wohl meiner Gäste besorgt, habe ich von der Autobahn einige überfahrene Vögel, vornehmlich Krähen, und einige Igel, gesammelt. Die schmoren jetzt in der Pfanne mit Gefieder und Stacheln, als Halsfeger dem Hauptgericht grosszügig beigegeben. Wie gut das alles riecht – eine wahre Gaumenfreude!
 
Inzwischen habe ich 260 Wörter aufgebraucht.
Herr Kater hat in Erwartung guter Dinge bereits den Gürtel gelockert. Seine Frau ist im Sackkleid bestens gerüstet, und beide packen unverschämt ein. Wozu gewöhnlichen Wein auftischen, wenn es etwas Besseres gibt, nämlich Weinessig?
 
Ich bin besorgt. Werden die Portionen für alle zwölf ausreichen? Sicherheitshalber habe ich einen Fuchs im Ofen, den ich jetzt hastig mit dem Glüheisen gar brate. Sein Pelz ist versengt. Eine appetitliche Kruste hat sich geformt.
 
Stolz trage ich meine kulinarische Köstlichkeit auf. Frau Fröhlich ist etwas verstimmt, weil sie vom Fuchs nur den Schwanz erwischt hat. So kriegt sie zum Trost alle 4 Pfoten und ist wieder überglücklich. Die Prasser sind inzwischen weinessigselig geworden. Einer stimmt ein altbekanntes Sauflied an, in das alle dissonant einstimmen.
 
Als Küchenchef weiss ich in diesem Augenblick aus Erfahrung, dass meine Gäste zufrieden sind. Nun ist es wichtig, einen sauberen Tisch zu machen für die Nachspeise. Dazu gehört auch der Durchzug, der den Rauch aus der Küche ins Esszimmer treibt. Damit ist das Rauchverbot aufgehoben. Herr Wüterich kann es nicht lassen und steckt eine „Niele“ in Brand, wohl nicht aus Kuba.
 
Schon habe ich 424 Wörter verteufelt.
Viel bleibt fürs Dessert nicht übrig: „Faule Tomaten mit heisser Vanille übergossen.“ Gut, dass es um diese Jahreszeit viele Vogelbeeren gibt. Die Präsentation der Nahrung ist wichtig, und dabei bin ich auf keine chemische Giftstoffe angewiesen. Nachdem dieser Gang im Abfallsack des Magens gelandet ist, erwartet mich ein Furzkonzert. Das gehört im Allotria zum guten Ton. Vom Magendruck erleichtert, verlangt Herr Wüterich die Rechnung, gibt mir 30 % Trinkgeld und bittet mich noch um einen Schnaps, worin er die Niele auftanken kann, damit sie nachher zügiger brenne.
 
Inklusive Trinkgeld kostet der Spass 547 Wörter. Letzteres zählt nicht. Ich bin also mit weniger als 500 Wörtern ausgekommen.
 
Hinweis auf die vorangegangenen Wettbewerbs-Kurzgeschichten
10.12.2008: Kurzgeschichten-Wettbewerb (4. Teil): „Gewissensfrage“
Hinweis auf weitere Blogs von Eisenkopf Werner
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