Textatelier
BLOG vom: 01.04.2009

Obama-Stilbruch 17: Die Ungleichbehandlung der Verhockten

Autor: Walter Hess, Publizist, Biberstein CH (Textatelier.com)
 
Von den Amerikanern können wir immer etwas lernen: Dem Versager-Boss von General Motors, Rick Wagoner, der als willkommener politischer Sündenbock und Symbol der Autokrise auf Druck des Weissen Hauses zurücktreten musste, werden noch rund 20 Mio. USD als Pensionsansprüche nachgeschossen. Die viel grösseren Versager, jene im US-Bankensektor nämlich, die bisher 2,2 Billionen USD aus den leeren Staatskassen einstrichen, durften merkwürdigerweise im Amte bleiben … Der Tages-Anzeiger vom 30.03.2009 – in einem Anflug von nachlassender Obama-Begeisterung: „Diese Ungleichbehandlung ist enttäuschend für eine Regierung, die ein Ende der alten, verhockten Politik versprochen hat.“
 
Auch Wagoner hatte seine Konzernpolitik auf Spritfresser-Wagons ausgerichtet, ein wirklich weiser Entscheid, jedenfalls aus der US-internen Beurteilung. Der weise Sioux-Indianer Luther Standing Bear (Plenty Kill, geboren 1868) sagte zu seiner Zeit, es sei nicht gut, die Gedanken der Amerikaner verstehen zu wollen, denn sie seien wie Gift. Sie würden zwar wundersame Dinge hervorbringen, aber es seien alles Dinge, die zerstören. Indianer sind weise Menschen; daran ist nicht zu rütteln.
 
Zu diesen wundersamen Dingen gehören die sich selbst bewegenden Dreckschleudern als Kronen einer seit eh irregeleiteten Modellpolitik, die zunehmend auf Pump gekauft und betrieben wurden. Auf Protzentum mit grossartigem Kühlerchrom und wedelnden Heckflossen wurde Wert gelegt, nicht aber auf Umweltschutz. Dementsprechend ist diese Industriebranche zur Industriebrache geworden; sie steht vor dem Zerfall. Sogar der neue Messias Barack Obama, der den Autopäpsten voreilig bisher 14,4 Milliarden USD, die inzwischen verpulvert sind, zugeschossen hat, hält es für möglich, dass GM und Chrysler Gläubigerschutz (Insolvenz nach Kapitel 11 des amerikanischen Konkursrechts) beantragen müssen. Will man diese absterbende Autobranche weiterhin in der Agonie erhalten, muss endlos Geld hineingepumpt werden – Obama macht immerhin wunderbare Geldvermehrungen möglich, eine Kopie des biblischen Wunders von Kanaa im Weltformat. Der Chrysler-Konzern, der bereits Mercedes an den Abgrund gestossen hat (Opel ist ein GM-Opfer), soll nun auf Kosten des italienischen Autobauers Fiat überleben; eine Vereinbarung soll bereits erreicht sein. Dann wäre es um Fiat wohl auch geschehen.
 
Obamas Grossmauligkeit war in diesem Zusammenhang besonders ergreifend. Er wies zu Recht auf die „Tatsache“ hin, dass die Autokonzerne in Detroit „früher wie nichts anderes für den Geist Amerikas standen“. Er meinte wohl Protz und Bluff, Umweltignoranz und Verschwendung. Seine Rede vom 30.03.2009, 11.07 Uhr, medial als „grosser Paukenschlag“ angekündigt, gipfelte in dieser Aussage zu den Folgen des Geists Amerikas: „Wir sind am Ende der Strasse.“ Und weiter: „Was wir verlangen, ist schwierig. Die Unternehmen müssen harte Entscheidungen treffen." Damit sind bessere Sanierungskonzepte mit rigorosen Sparzielen gemeint – ganz und gar untypisch für den amerikanischen Geist. Bereits im Februar 2009 hatte GM 47 000 Stellen gestrichen, was der Regierung nicht weit genug ging. Neben Ideen zur Kopie der Toyota-Hybridmodelle ist an jenem Strassenende allerdings noch kein frischer Gedanke aufgetaucht. Doch der Staatskapitalismus macht nun gute Fortschritte (der Versicherungsriese AIG gehört bereits zu 80 % dem Staat USA).
 
Nicht das Aufbauen, sondern das Killen ist die Kernkompetenz der Amerikaner, Wie sagte doch der verehrte Luther Standing Bear noch schöner, als es Obama könnte, über das Leben im Amerika, in dem einst die Indianer den Ton angaben: „Dann kamen die Einwanderer und jagten die Biber, bis es keine mehr gab. Dann benötigen sie Mustangs (womit der sportliche Ford-Mustang gemeint sein konnte), und bald gab es keine mehr. Und als ihnen das Fleisch der Antilopen schmeckte, dauerte es nicht lange, und diese waren so gut wie ausgerottet. Sie kamen in die Prärie, wo grosse Wälder die Ufer der Flussläufe säumten. Sie brauchten Holz, aber nicht etwas, sondern alles. Nun gibt es keine Wälder mehr an den Flüssen. Und so, wie sie vieles an der Natur als Schädling betrachten und ausrotten, so dass es aus der Natur verschwindet, so ist auch der natürliche Mensch für sie ein Schädling. Und sie vernichten ihn, wo sie nur können…“
 
Und nun vernichten sie erstmals auch etwas, das schon viel früher hätte vernichtet werden müssen: ihre eigene Autoindustrie, die dem Klima den Kampf angesagt hat. Die Mitarbeiter tun mir zwar leid, und ich hoffe, dass sie eine Möglichkeit finden werden, sich sinnvolleren Tätigkeiten als dem Bau von Autos, die nach dem US-Geist konzipiert sind, zuzuwenden.
 
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