BLOG vom: 12.07.2009
Menschennatur: Im Aphorismus spazieren Gedanken
Autor: Emil Baschnonga, Aphoristiker und Schriftsteller, London
Zuerst möchte ich hier einen trefflichen, von Edmond Jaloux (Membre de l’Académie Française, 1879–1949) geprägten Aphorismus meinen eigenen voranstellen: „Der Egoismus lähmt die Intelligenz.“ Quelle: „Essences“, Verlag „A L’Enseigne du Cheval ailé“, Collection Princeps, Genève, numerierte Erstausgabe. 1944. Edmond Jaloux lebte und wirkte als «Chargé de mission littéraire“ der französischen Regierung als Literarhistoriker und Schriftsteller in Lausanne. Ich widme ihm diese Aphorismen, dankbar für seine Gedankenanregungen. Möge er wieder vermehrt Beachtung finden.
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Woher es kommt und wieso, das will ich nicht wissen, solange es da ist.
Die Gewissensforschung ist stecken geblieben.
Der Optimist geht zu seiner eigenen Beerdigung.
Das Sichtbare erweist sich aus dem Unsichtbaren.
Die Tugend kann auch aus der Eigenliebe entwachsen.
Das einzig Stetige in der wechselvollen Welt bin ich – gegenwärtig.
Die Seele schwebt irgendwo zwischen dem Körper und dem Geist.
Die Kunst ist dem Leben übergeordnet, behaupte ich, unbelegbar wie das sein mag; und unbelehrbar wie ich bin, halte ich daran fest als mein Glaubensbekenntnis.
Mit der Automation haben die Fabriken viele Arbeiter entlassen und dank der Technologie viele Kamine eingebüsst. Aber die Kirchen behalten ihre Türme, wiewohl die Schar der Gläubigen schwindet. In London werden mehr und mehr Kirchen zu Luxuswohnungen umgewandelt.
Ein Riesenvermögen hat er gehäuft. Er verdient keinen Neid, sondern Mitleid.
Das Allerweltsglück schwächt uns. Wir müssen unser eigenes Glück abseits suchen und verfolgen.
Die Spekulanten der Hoffnung können nur Gläubige irreführen, sei es in der Kirche oder im Kasino. Am besten keltern wir unsere eigenen Hoffnungen und verschweigen sie.
Das Definierbare wird bevorzugt, selbst dort, wo es undefinierbar bleibt, wie in den Bereichen der Gefühle und der Sensibilität.
Das Bewusste wird vom Unbewussten geschieden. Aber zwischen diesen Extremen gibt es mehr Bindungen und Verbindungen als man wahrnehmen will.
Die Hierarchie treibt den Abfall nach oben.
Wer sich viel auf seine Bildung einbildet, klammert sich von ihr aus.
Der Zauderer entschied sich im Nu zur Flucht beim Anblick einer Giftschlange.
Der Dorftrottel dient als Richtmass der Intelligenz in der kleinen Gemeinschaft.
Wer nichts zu sagen hat, spricht am liebsten.
Die Menschennatur verdirbt die Natur.
Das Grossmaul kann niemand stopfen, aber es lässt sich ertränken – nötigenfalls im Bierfass.
Meinungen schwanken von einem Tag auf den andern.
Aus vertiefter Menschenkenntnis entsteht gerechtfertigtes Misstrauen.
Wer lebt, erlebt viel, woraus er nicht klug wird.
Wie schön, dass sich so vieles von selbst erledigt, sofern man der Sache Zeit lässt.
Die Meisterschaft bedingt Lehrjahre lebenslang.
Dort, wo die Legende zum Mythos wird, beginnt das Mysterium.
Teile nicht – verschenke, wenn du Frieden haben willst.
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