BLOG vom: 30.11.2009
Aus GB-Sicht: Kalter und heisser Dampf aus Schloten
Autor: Emil Baschnonga, Aphoristiker und Schriftsteller, London
Keine neuen Minarette in der Schweiz
Erst in der Sunday Times vom 29.11.2009 las ich verblüfft den Artikel „Women lead Swiss in vote to ban minarets”. Am 29.11.2009 wurde die Volksinitiative gegen den Bau von Minaretten angenommen. Das „Heidi“ in seiner Tracht hat gewonnen. Die wehrigen Schweizer Frauen sollen den Meinungsstreit entfacht haben. Das hehre Landschaftsbild der Schweiz könnte durch Minarette, vergleichbar mit den Kaminschloten der Industrie, verschandelt werden. Das ist eine Farce.
Spitzfindige Argumente pro oder kontra Minarette – und was sie versinnbildlichen – wurden von den Medien mit Gusto aufgegriffen, vermischt u a. mit vielen irrigen Auffassungen über den Koran. Als Auslandschweizer finde ich diesen Wirbelsturm befremdend, so befremdend etwa wie das Erscheinen einer vermummten Muslimin in der Innerschweiz. Inzwischen hat sich die Zahl der Muslime in der Schweiz auf rund 400 000 erhöht.
Die Kontroverse wird sich in der Schweiz, die sich so viel auf die Religionsfreiheit einbildet, verbreitern und vertiefen. Der positive und ausbaufähige interkonfessionelle oder interkulturelle Dialog weicht einer emotional angefeuerten Konfrontation. Das Volk hat gesprochen.
Irak und die Weisswäscherei
Der englische Karikaturist Gerald Scarfe hat mit spitzem Tintenstift den Zeigefinger auf Tony Blair gerichtet und ominös den Begleittext angehängt: „Ask not for whom the bell tolls …“ (etwa so übersetzbar: „Frage nicht, für wen das letzte Stündlein schlägt ...“).
Vor wenigen Tagen begann die „Iraq inquiry“ unter dem Vorsitz von Sir John Chilcot in London. Diese „Schein-Untersuchung“ wird bis Ende des nächsten Jahres dauern, ehe der Befund vorliegt. Die Erhebung, ob der Irak-Krieg rechtsmässig oder nicht ausgelöst worden sei, wird wie in einem englischen „gentlemen club“ geführt – in äusserst jovialen Stimmung mit humoristischem Intermezzi. Die gefallenen Soldaten und die zivilen Opfer zählen nicht …
Als einer der Beteiligten (Ehrman) befragt wurde, schickte Sir John voraus, „dass er wirklich nicht gezwungen sei, die Fragen zu beantworten, wenn er nicht wolle“ (im englischen Wortlaut: „that he really didn’t need to answer if he was not of the mind to do so“). Wie merkwürdig!
Die Ergebnisse dieser „ Untersuchungskommission“ hat keinerlei Rechtskraft. Ein ähnliches Vorspiel innerhalb der „Butler inquiry“ von 2004, um die wahren Sachverhältnisse ermitteln, versandete wirkungslos. Sir John als Karriere-Diplomat sass ebenfalls im Komitee der butterweichen „Butler inquiry“, was tief blicken lässt … Bisher wurde Dr. David Kelly, ein Waffenexperte innerhalb des Verteidigungsministeriums, der die fadenscheinige Grundlage zum Krieg im Irak entblösst hatte, mit keinem Wort erwähnt. Hat Dr. Kelly, nach der Deformation seiner Aussage, Selbstmord begangen oder wurde er ermordet? Diese Frage bleibt nach wie vor offen.
So viel steht nachweisbar fest: Dieser Krieg wurde von vom Duo George W. Bush und Tony Blair, ohne stichhaltige Begründung inszeniert. Sie beruht auf einem Lügengewebe. Dafür wurde Tony Blair gebührend belohnt und von den USA, Russland, den UN und EU zum Abgesandten für den Nahen Osten („Middle East envoy“) ernannt! Die Weisswäscherei wird weiter geführt. Eine skandalöse Scharade.
Die Klima-Wechsel Konferenz in Kopenhagen
Diese Konferenz beginnt diese Woche in Kopenhagen. Die VIP-Delegierten werden in 140 Flügen nach Kopenhagen befördert!
Das 4-Punkte Program, laut Executive Secretary, Yvo de Boer, United Nations Framework on Climate Change (UNFCCC), umfasst:
1.Wie viel werden die grossen Industrienationen dazu beitragen, um die Emission der Abgase zu senken?
2.Was werden China und Indien dazu beitragen?
3.Welche Hilfe brauchen die Entwicklungsländer dazu. Wie wird sie finanziert?
4.Wie wird der Fonds verwaltet?
Im Gegensatz zum Kyoto-Protokoll werden diesmal die USA wenigstens am Rande mithalten, was immer ein gutes Vorzeichen ist …
Inzwischen mehren sich kritische Stimmen zum Klimawechsel. Wie viel ist bloss heisser Dampf? Wie immer, sind sich die Experten nicht einig.
Besser die Konferenzergebnisse abwarten als hier vorgreifen. Meine Erwartungen sind leider kleingeschraubt – vorderhand.
Weitere Blogs zum Leben in England von Emil Baschnonga
02.11.2009: Sunday Times: Ein verregneter Londoner Sonntag …
09.08.2007: Königspomp abschaffen? London im steten Umbruch
17.04.2007: Neujahrsfeier beim Buddhapadipa-Tempel Wimbledon
05.05.2006: Elektrosmog in GB: Power-Game um Liegenschaften
09.03.2006: Der Milchmann kommt bei uns in London täglich
02.02.2006: Dignitas und Engländer: Notausgang aus dem Leben
22.01.2006: Londoner Depeschen: Wale, Wahlen und die Folgen
19.03.2005: Den Parksündern in London platzt der Kragen
26.02.2005: Das Komplott gegen die wendigen Londoner Taxis
05.01.2005: Abschied vom Londoner Routemaster
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