Textatelier
BLOG vom: 03.05.2010

Münstertal D (II): Im tiefen Schaubergwerk Teufelsgrund

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D
 
Das Schaubergwerk Teufelsgrund ist nicht nur ein Abenteuer für Erwachsene, sondern auch für Kinder (www.besuchsbergwerk-teufelsgrund.de). Dies lasen und hörten wir immer wieder. Aber bisher hatten wir noch nicht die Gelegenheit dazu, dieses einmalige Schaubergwerk zu erkunden. Am 21.04.2010 war es soweit.
 
Nach unserem Marsch auf dem geologisch-bergbaugeschichtlichen Wanderweg (Ostroute) suchten wir das kleine Empfangsgebäude am Besuchsbergwerk Teufelsgrund auf, denn dort waren wir mit Mathias Burgert verabredet, der für das Schaubergwerk verantwortlich zeichnet (er übernahm 2009 den Betrieb). Wir begaben uns in den Filmvorführraum. Bevor wir den Film über Teufelsgrund ansehen konnten, lauschten wir interessiert den einführenden Worten von Oskar Burgert, der während 27 Jahren das Bergwerk für die Gemeinde leitete, bevor sein Sohn Mathias den Betrieb 2009 privat übernahm. Wir erfuhren, dass die Anfänge des Bergbaus im Münstertal bis ins 8. Jahrhundert zurückgehen. Wahrscheinlich gruben hier schon die Kelten und die Römer. Der erste gesicherte Nachweis stammt aus dem Jahr 93  u. Z. Die älteste urkundliche Erwähnung stammt von 1028. In diesem Jahr verlieh König Konrad II. an den Bischof von Basel einige Silbergruben im Breisgau und im Münstertal.
 
Die erste „Periode des Silberbergbaus“ endete nach dem 30-jährigen Krieg. Später wurden einige Gruben wieder geöffnet. Dann endete 1864 der 2. Abschnitt im Bergbau, die „Bleiperiode“ mit der Schliessung der Grube Teufelsgrund. Nach der Wiedereröffnung im 20. Jahrhundert wurde Flussspat und Schwerspat abgebaut. Die Grube wurde 1958 still gelegt.
 
Auf meine Frage, wie hoch denn die Ausbeute an Blei und Silber damals war, antwortete der versierte Kenner der Materie: „Aus einer Tonne Erz wurden 2 kg Blei und 100 bis 200 g Silber gewonnen.“ Dass hier viele Gruben schliessen mussten, lag an der manchmal geringen Ausbeute und am Preisverfall. Die Erze und Kohle aus dem Ausland waren und sind wesentlich billiger als diejenigen im eigenen Land. Das ist natürlich traurig. Aber vielleicht kommt einmal die Zeit, da diese Produkte wieder gefragt sind. Dann ist die Wiedereröffnung des einen oder anderen Bergwerks sicher.
 
Das Silber wurde übrigens als Münzmetall verwendet, aber auch zur Herstellung von Schmuck und profanen und sakralen Gegenständen. Silber hatte bis zum Ende des Mittelalters die Bedeutung, wie das Gold in unserer Kulturwelt.
 
Das Blei diente zur Herstellung von Glasuren auf Töpferwaren, Wasserleitungsrohren und Behältern und von Dachabdeckungen, Verglasungen und von Legierungen für die Lettern.
 
Der Schwerspat (Bariumsulfat, Baryt) wurde gebraucht für die Fabrikation von Mineralfarben („Permanentweiss“). Er diente auch als Füllmaterial für Papier und war Ausgangsmaterial für andere Bariumverbindungen (z. B. Bariumnitrat in der Sprengtechnik, Grünfeuer in der Feuerwerkerei). Baryt wird auch in der Tiefbohrtechnik als Zusatz für Bohrspülungen eingesetzt. Der Schwerspat ist aber auch Bestandteil von Schwerbeton und Kontrastmittel bei Röntgenuntersuchungen. Auch die Automobilindustrie profitiert vom Schwerspat. So kommen Baryt-Kunststoffe und Dämmmatten in die Autos. Dadurch wird die Schalldurchlässigkeit vermindert.
 
Der Flussspat (Fluorit, Kalziumfluorid) dient als Flussmittel in der Verhüttung von Erzen. Durch diese Verbindung wurde der Schmelzpunkt bei der Metallgewinnung herabgesetzt.
 
Fluorit wird auch zur Herstellung von Fluor und Fluorwasserstoffsäure verwendet. Fluorit ist ein beliebter Schmuckstein und dient als Grundstoff für optische Gläser und opaleszierende Gläser.
 
600 m in den Untergrund
Nach diesen Informationen konnten wir noch einen Film sehen, der einen Gang durch das Bergwerk brachte. Nach dieser Vorführung können dann die Besucher mit einem Helm bewaffnet, das Bergwerk selbständig aufsuchen. Wir erfuhren auch, dass in Münstertal und in der nächsten Umgebung über 50 Gänge bzw. Gangteile bekannt sind.
 
Wir hatten das Glück, dass sich Andreas Sawallisch, Diplom Geologe und Betriebswirt, bereit erklärte, uns durch das Schaubergwerk zu führen. Mathias Burgert gesellte sich auch dazu.
 
Nachdem wir den gelben Schutzhelm aufsetzten und auch mit einer entsprechenden warmen Kleidung ausgerüstet waren – es wurde uns mitgeteilt, dass im Bergwerk eine Temperatur um 8 °C herrscht – konnten wir die 600 m lange Besuchsstrecke im Schindlerstollen in Angriff nehmen. Nach Passierung des Stollenmundlochs ist bis zur Wettertür der Ausbau mit Eisenschienen und einer Holzverschalung erfolgt. Im Winter hängen dann besonders in der Nähe des Stollenmundlochs dicke Eiszapfen herunter.
 
Einige markante Stellen der Besucherstrecke werde ich beschreiben; der jugendlich wirkende Andreas Sawallisch hat uns viele Dinge in seiner begeisternden Art erklärt und auch unsere Fragen geduldig beantwortet.
 
Auf die Fragen, welche Bedeutung die Wettertür hat und wie die Durchlüftung der Stollen vor sich geht, gab er uns diese Erklärung: Mit Hilfe der Wettertür lässt sich die Belüftung (Bewetterung) der Grube regulieren. Eine aktive Belüftung ist nicht notwendig, da im Sommer die kalte Luft zum Mundloch auszieht und von oben durch die mittelalterlichen Verhaue frische Luft eindringt. Und was passiert im Winter? Da kehrt sich der Wetterstrom um. Da strömt die warme Luft durch die Verhaue in den oberen Grubenteilen. Die kalte Aussenluft rückt über das Mundloch nach.
 
Ab 100 bis 115 m vom Stollenmundloch entfernt, sahen wir einen Betonausbau. Dieser war nötig, um die Sicherheit des Stollens zu gewährleisten. Hier quert nämlich ein Erzgang den Stollen.
 
An den Wänden sahen wir immer wieder Gneis, Quarz, Porphyr, Feldspat, einen dunklen Glimmer (Biotit). Auch sogenannte Rosttapeten auf der Stollenwand, die durch eine Zerklüftung des Gesteins und einem Wasserzulauf entstanden sind, erblickten wir. Das gelöste Eisen bildete mit dem Luftsauerstoff Rost. An einer Stelle sahen wir sogar einen kleinen Stalaktiten.
 
Im „Asthma-Stollen“
Am Ende des Porphyrganges befindet sich ein Seitenstollen, 200 m vom Stollenmundloch, der auch „Asthma-Stollen“ genannt wird. Da in diesem Stollen eine nahezu 100-prozentige Luftfeuchtigkeit und eine staub-, keim- und pollenfreie Luft herrscht, eignet sich dieser zur Linderung der Beschwerden von Patienten mit Asthma, Atemwegserkrankungen, Allergien. Auf bequemen Liegen – 20 an der Zahl – kann der Patient die reine Luft in aller Ruhe einatmen. Der Heilstollen kann zu den regulären Öffnungszeiten besucht werden. Angeboten wird auch eine Atemtherapie mit dem Therapeuten Stefan Ganter (Eintritt pro Sitzung: 10 Euro). Dauer: 1 Stunde mit anschliessender unbegrenzter Ruhezeit. Jeder Teilnehmer sollte einen Schlafsack mitbringen. Wer keinen besitzt, kann auch vor Ort einen Schlafsack mieten.
 
In diesem Stollen ist auch eine Video-Kamera installiert, um bei eventuellen Zwischenfällen sofort Hilfe herbeirufen zu können.
 
Münstertal ist Mitglied im Deutschen Heilstollenverband, der durch regelmässige Luftmessungen für eine Qualitätsssicherung des Heilstollenbetriebs sorgt. Zurzeit laufen Verhandlungen mit den Krankenkassen bezüglich Übernahme der Kosten. Die Aussichten stehen gut.
 
Nun ging es wieder zurück zum Hauptgang. In einer Nische auf der Westseite des Stollens ist das Feuersetzen angedeutet. Früher bearbeiteten die Bergleute das Gestein mit Schlägel und Eisen. Da kamen die findigen Bergleute auf eine geniale Idee. Sie platzierten Holz unter dem harten Gestein, zündeten es an. Das Gesteinsmaterial wurde spröde oder löste sich vom festen Untergrund ab. Oft wurde dann das erhitzte Gestein mit Wasser übergossen. Das Gestein wurde rissig und konnte leichter mit den Werkzeugen bearbeitet werden. In den Abbauen sieht man heute noch Reste von Holzkohle oder Russ an den Wänden.
 
Im weiteren Verlauf des Stollens kamen wir an einem Schaukasten mit fluroreszierenden Mineralien vorbei. Die mit einer UV-Lampe bestrahlten Gesteine leuchteten in gelb, grünlich (hier Uranmineral), bläulich und rot (rot leuchtende Kalzite). Die ausgestellten Minerale stammen aus dem Schwarzwald und aus der Grube Teufelsgrund.
 
In einer weiteren Nische sind 3 Bohrmaschinen, die aus der Zeit um 1950‒1970 stammen, ausgestellt. Diese dienten zur Herstellung von Bohrlöchern, in die zum Sprengen Dynamit-Stangen eingeführt wurden. Die Bohrmaschinen kamen in der letzten Betriebsperiode zur Anwendung.
 
Roll-Löcher und Abbauzonen
Andreas Sawallisch machte uns noch auf eine Besonderheit aufmerksam. An einer Stelle sah man ganz deutlich eine Magmazone, die nach Messungen 30 m breit und 3 km lang ist.
 
Sehr beeindruckend für mich waren die Roll-Löcher (das im Abbau befindliche Erz „rollte“ von oben in den darunter gestellten Waagen) und die Einblicke in den Abbau nach unten und nach oben. So erfolgte der Abbau von dem etwa 40 m tiefen Wilhelmstollen nach oben und ein Durchbruch zum oben liegenden Friedrichstollen.
 
„Der Durchbruch zum Friedrichstollen ist kein Zufall oder Versehen, er erfolgte aus fördertechnischen Gründen und um die Bewetterung der Grube zu verbessern.“ (zitiert nach Hans-Josef Maus).
 
Die Abbauzonen wurden mit Strahlern ausgeleuchtet. Die Wände glänzten in allen möglichen Farbschattierungen (gelb, grün, braun). Ein faszinierender Anblick.
 
Mathias Burgert sagte uns, dass der Stromverbrauch erheblich ist. Er verwendet zwar Energiesparlampen, aber die Strahler sind „Stromfresser“.
 
In der Maschinenkammer
Bald darauf liefen wir an einem Aufzug bzw. Förderkorb vorbei und erreichten den Maschinenraum. Ich war ganz überrascht, einen so grossen Raum unter Tage anzutreffen. Hier befindet sich die Fördermaschine, die den Förderkorb, der zum Personen- und Materialtransport diente, nach oben oder unten beförderte.
 
Im Maschinenraum ist noch eine Schaltanlage für die elektrische Einrichtung der ehemaligen Grube installiert. In Vitrinen sind Mineralien und Gegenstände aus dem Arbeitsbereich der Bergleute ausgestellt.
 
Dann ging es wieder im schnellen Schritt zurück zum Stollenmundloch. Da kam es an niedrigen Stellen des Stollens doch ab und zu zur Kollision mit unserem Schutzhelm. So erfuhren wir, wozu dieser nötig ist. Da fiel mir der Witz eines Führers, der uns vor einiger Zeit durch das Schaubergwerk Finstergrund (liegt zwischen Wieden und Utzenfeld, Kreis Lörrach D) führte, ein. Der witzige Mann sagte, nachdem er einige schiefe Schutzhelme bei seinen Gästen gesehen hatte: „Über Ihnen befinden sich 170 Meter Fels. Stürzt der Fels auf ihren Schutzhelm, dann können Sie sicher sein, dass Ihnen der Helm dann passt.“
 
Nun diesen Witz erzählte ich zur allgemeinen Erheiterung meinen begleitenden Personen.
 
Es war für uns eine ungemein interessante Führung durch die historische Silbergrube. Wir bekamen Einblicke in die mühevolle Arbeit des Bergmannes und in die Gänge des Schaubergwerks. Es war ein eindrucksvolles Erlebnis.
 
Abschliessend möchte ich mich auch im Namen meiner Wanderfreunde sehr herzlich bei Oskar und Mathias Burgert und Andreas Sawallisch bedanken.
 
Hinweise
Öffnungszeiten
Besuchsbergwerk Teufelsgrund: 1. April bis 31. Oktober, Di., Do., Sa. Von 10 bis 16 Uhr, sowie Sonn- und Fiertag 13 bis 16 Uhr, Juli und August: Zusätzlich Mittwoch und Freitag von 13 bis 16 Uhr. Letzter Einlass jeweils 16 Uhr.
Vom 1. April bis 31. Oktober jeden Donnerstag und Samstag um 14.15 Uhr Schatzsuche für Kinder. Anmeldung erforderlich. Die altersgerechte Führung mit anschliessender Schatzsuche dauert etwa 1,5 Stunden.
Gruppenführungen sind nach Vereinbarung auch ausserhalb der Öffnungszeiten möglich.
 
Eintrittspreise
Erwachsene 5 Euro, mit Gäste-Karte 4 Euro, Kinder 2,50 Euro, Familienkarte 13 Euro (2 Erwachsene und 2 Kinder), Gruppen ab 20 Personen 4 Euro pro Person.
Eintritt pro Person für die Führung und Schatzsuche: 8 Euro.
 
Internet-Adresse und E-Post
E-Post: Besuchsbergwerk-teufelsgrund@gmx.de
 
Literatur
Lange, Manfred: „Münstertal – Das Tal der 100 Täler“, Münstertal 1995.
Maus, Hans-Josef: „Besuchsbergwerk Teufelsgrund“, Münstertal 1988.
Maus, Hans-Josef: „Führer zum geologisch-bergbaugeschichtlichen Wanderweg der Gemeinde Münstertal/Schwarzwald“, Münstertal 1993.
 
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