Textatelier
BLOG vom: 06.09.2010

Die Melone – kalorienarmer und vitaminreicher Durstlöscher

Autor: Heinz Scholz, Wissenschaftspublizist, Schopfheim D
 
„Man kann sie essen, trinken und sich damit das Gesicht waschen“, sagen die Neapolitaner.
 
In der Tat ist die Melone vielseitig verwendbar und ein vorzüglicher Durstlöscher. Das merkte ich neulich, als wir bei hochsommerlichen Temperaturen von über 30 °C Arbeiten im Garten meiner Tochter verrichteten. Während der schweisstreibenden Aktionen wurden Stücke von Wassermelonen gereicht, die dann den Durst der Arbeitenden hervorragend löschten. Ich konnte gar nicht mehr aufhören, daran zu naschen. Aber das Gesicht waschen, wie die Neapolitaner, wollte ich doch nicht.
 
Die kugelrunde oder walzenförmige Melone, die zu den Kürbisgewächsen gehört, hat sehr wenig Kalorien, ist reich an Mineralstoffen und Beta-Karotin. Sie wirkt harntreibend, blutreinigend und leicht abführend. Darüber werde ich später berichten.
 
Es gibt hunderte von verschiedenen Melonensorten. Die Melone gehört nicht zu den Obstsorten, sondern zum Fruchtgemüse.
 
Die ersten Liebhaber der Melone
Die alten Ägypter und Perser waren die ersten Liebhaber der Melone. Der Anbau lässt sich bis zu 4000−3500 v. u. Z. zurückverfolgen. Die damalige Melone hatte jedoch nichts mit der uns bekannten zu tun. Die Ägypter bauten die gurkenähnliche Chate-Melone an. Diese Sorte gibt es heute noch in Ägypten und im Sudan.
 
Die ältesten Samen stammen aus der Spirit-Höhle (Nordthailand). Diese sind 12000 bis 7500 Jahre alt. Weitere Samen, jedoch jüngeren Datums, fand man in China, Indien und im Iran. Wahrscheinlich handelte es sich hier um die Samen von Wildformen.
 
Wie kam die Melone zu uns? Es waren wiederum die Römer, die die Melone zu uns brachten. Es wurden nämlich Samen in den Abfallgruben der Kastelle entdeckt.
 
Melonen und Kindersegen
Die alten Ägypter hatten ein probates Mittel gegen den grauen Star (Katarakt). Sie mischten Lapislazuli, schwarze und grüne Augenschminke, Balsam, Milch, Fayence und Teile der Melone zu einer Paste, die sie an die Aussenseiten der Augen auftrugen.
 
Rezepte für kinderlose Frauen waren ebenfalls bekannt. Eine Frau, so die Überlieferung, hatte einen Traum, in dem sie eine Verheissung von einem Gott empfing; sie solle am Morgen in das Badezimmer des Setom, des Gemahls, gehen. Dort finde sie eine Melonenrebe. Sie solle einen Zweig mitsamt den Kürbissen abschneiden und diese zerreiben, dann mit Wasser versetzen und trinken. „Dann wirst Du von ihm in der gleichen Nacht ein Kind empfangen.“
 
Die Frau bekam darauf ihr Kind. Diese Geschichte wurde im Buch „Altägyptische Märchen“ von Emma Brunner-Traut erwähnt.
 
Im Papyrus Ebers finden wir ein absonderliches Rezept zum Entfernen unerwünschter Haare. Es setzte sich wie folgt zusammen: Verbrannte Knochen eines Raben, Kot von Fliegen, Öl/Fett, Milchsaft der Sykomore, Gummi, Melone. Die Mischung wird erhitzt und auf die betreffende Körperstelle gegeben.
 
Heute geht die Entfernung eleganter mit Hilfe von erwärmtem Wachs, das auf die behaarte Haut aufgebracht und mit einem Papier- oder Stoffsteifen abgedeckt wird. Nachdem das Warmwachs gehärtet ist, wird es mit Hilfe des Streifens ruckartig entgegen der Haar-Wuchsrichtung abgezogen. Es gibt auch ein Verfahren mit Kaltwachs. Das ruckartige Entfernen des Streifens ist schmerzhaft, aber die Haare sind weg.
 
Die Melone war auch Bestandteil von Räuchermitteln, die zu kultischen Zwecken, aber auch zur Geruchsverbesserung und Kleiderparfümierung dienten. Das Räuchermittel bestand aus Myrrhe, einer Frucht aus Babylon, Weihrauch, Zyperngras, Holz eines Baumes aus Nubien, Melone, Schilfrohr von Syrien und 2 unbekannten, fremdländischen Drogen. Die Bestandteile wurden fein zerrieben und aufs Feuer gelegt.
 
Sogar ein Papst ass zu viele Melonen
Über die Zuckermelonen gibt es schaurige Geschichten. So soll sich Heinrich IV. 1607 an Melonen überessen haben. Der Melonenliebhaber bekam gehörige Verdauungsstörungen.
 
Kaiser Albrecht II. soll sich 1439 sogar an Melonen totgegessen haben. Auch ein Papst konnte sich nicht zügeln. Papst Paul II. (1417‒1471) segnete das Zeitliche, nachdem er Unmengen von Melonen konsumiert hatte. Das war im Jahre 1471. Ob diese Geschichte der Wahrheit entspricht, bleibt dahingestellt. Etliche Autoren hielten die Episode für wahr, andere schrieben von einer Sage. Aber dieses wissen wir: Papst Paul II. war ein Antihumanist. Er konnte kein Latein und war kein Freund der Bildung.
 
Im ungarischen 4000 Einwohner-Dorf Medgyesegyhaza findet seit 15 Jahren an jedem 1. August-Wochenende ein Melonen-Festival statt. In den Disziplinen Wassermelonen-Schleppen, Melonen verzehren, Melonen verpacken und Gewicht schätzen siegte 2010 ein Vater-Sohn-Gespann. Sie hatten sich wohl nicht überessen, sie leben ja noch. Sie wurden zu „Rittern der Wassermelone“ geschlagen. Der Bürgermeister Bela Nagy, der das Fest erfunden hat, betonte, er feiere damit eine Frucht, von der das ganze Dorf lebt.
 
Ein Melonen-Wettessen veranstalteten die Eltern von 4 Kindern anlässlich unseres Urlaubs 1983 in Südtirol. Auch meine damals 9-jährige Tochter Daniela war bei den Wettessern. Auf einem Tisch wurden gleiche Teile einer Wassermelone, aus der wir die Kerne entfernten, aufgereiht. Dann platzierten sich 2 Jungen und 3 Mädchen hinter dem Tisch. Auf Kommando griffen die Kinder zu und mampften, was das Zeug hielt. Meine Tochter fand kaum Zeit zum Schlucken, sie stopfte die Melonenstücke in den Mund und hatte zum Schluss ganz dicke Backen. Ein vielleicht 10 Jahre alter Junge siegte, meine Tochter erreichte den 2. Platz. Dann gab es zur Belohnung Eis-Portionen. Es war ein lustiger Zeitvertreib. Den Wettbewerb hielt ich mit meiner Super8-Filmkamera fest. Ab und zu sehen wir uns diesen und andere Urlaubsfilme an und ergötzten uns an den oft lustigen Episoden.
 
Die Wassermelone
Es gibt heute eine Vielzahl von Melonensorten. 2 davon, die Wassermelone und die Zuckermelone sollen näher betrachtet werden.
 
Die Wassermelone (Citrullus lanatus) stammt aus den Steppengebieten des tropischen und subtropischen Afrika. In diesen Zonen wächst die Melone wild und dient den Eingeborenen in Trockenzeiten als wichtiger Wasserspender.
 
Die Wassermelone wird schon im Mittelmeerraum und im Orient seit Jahrtausenden kultiviert. Die Wassermelone bringt 2 bis 20 kg auf die Waage. Die Früchte sind kugelig bis elliptisch, haben ein meist rosa bis rotes Fruchtfleisch. Die schwarzen, ölhaltigen Samen sind über die ganze Frucht verteilt (bei den Zuckermelonen sind die Samen mehr in der Mitte). Heute gibt es samenlose Sonderzüchtungen. Die Wassermelone wächst schneller als die Zuckermelone.
 
Die Wassermelone ist nicht so mit Inhaltsstoffen bepackt wie die Zuckermelone. Sie enthält 90 % Wasser, 115 mg Kalium, 0,2 mg Gesamtkarotinoide, 1,6 mg Pantothensäure, 6 mg Vitamin C und 8,3 g Fructose, Glucose und Saccharose je 100 g essbare Frucht. Die Melone ist kalorienarm und erfrischend (17 kcal = 159 kJ/100 g). Die rotfleischigen Wassermelonen sind eine gute Quelle für den Pflanzenfarbstoff Lycopin, der auch in Tomaten vorkommt. Dieser Stoff ist ein guter Radikalfänger und schützt vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Anbaugebiete liegen in Italien, Frankreich, Griechenland und in Spanien.
 
Als wir einmal auf Kreta Urlaub machten, entdeckte ich in Ierápetra, im Süden der Insel, ein PS-starkes Melonengefährt. Auf der Ladefläche eines Toyotas waren viele Wassermelonen aufgestapelt. Mittels einer grossen 10-kg-Waage wurden dann die Melonen gewogen. Vor dem Kauf prüften die Einheimischen die Melonen durch Klopf- und Drucktest. Die wollten sich keine unreifen oder überreifen Melonen andrehen lassen.
 
Auch an manchen Stränden in den Anbauländern werden von fliegenden Händlern die verführerisch aussehenden Wassermelonenstücke den Touristen angeboten.
 
Hinweis: Die vom Fruchtfleisch befreite Melone gibt ein schönes Bowlengefäss. Trennen Sie den Deckel ab, nehmen das Fruchtfleisch heraus und schneiden den Rand zackig ein.
 
Zuckermelonen
Die Zuckermelone (Cucumis melo L.) stammt aus Asien. Manche Autoren geben Afrika als Ursprungskontinent an. Von den Zuckermelonen soll es 500 verschiedene Sorten geben. Folgende Arten sind im Handel:
 
Honigmelone: Diese wird auch Wintermelone genannt, sie hat eine gelbe bis gelbgrüne Farbe. Das Fruchtfleisch ist weisslich bis zartgrün. Sie schmeckt süss, aromatisch und ist wohlschmeckend. Der Geschmack erinnert leicht an die Ananas, deshalb wird sie in den Niederlanden auch als Ananasmelone bezeichnet. Angebaut werden diese in Spanien, Nord- und Südamerika, Israel und Südafrika.
 
Netzmelone: Die Schale ist mit einem weisslichen bis hellbraunen, korkartigen Netzüberzug versehen. Das Fruchtfleisch ist orange bis grün gefärbt.
 
Galiamelone: Grosse Variante der Netzmelone, die Schale ist gelblich mit einem graugrünen Schimmer und leichter Netzung. Das Fruchtfleisch ist ähnlich der Honigmelone. Anbaugebiete der Galiamelone liegen in Spanien, Israel, Griechenland und Italien.
 
Kantaloupe-Melone (Kantalup-Melone): Da die gerippten Früchte manchmal mit Warzen bedeckt sind, wird sie auch als Warzenmelone bezeichnet. Das pfirsichfarbene bis orange-rote aromatische Fruchtfleisch erinnert an den Geschmack von Mangos. Der Name stammt übrigens von einem nahe Rom gelegenen Dorfe.
 
Charentais-Melone bzw. Cavaillon-Melone: Diese gehört zur Gruppe der Kantalup-Melonen. Die Schalenfarbe ist weissgrün, hellgelb oder sandgelb. Die Schale ist mit dunklen Streifen durchzogen. Das Fleisch ist tiefdunkel-aprikosefarben und erinnert im Geschmack an Papayas oder Ananas. Sie sind die teuersten, empfindlichsten und köstlichsten aller Melonenarten. Sie wird hauptsächlich in Frankreich (Provence), Spanien, Israel, Italien und im Senegal angebaut.
 
Ogen-Melone: Diese gehört ebenfalls zu den Kantalupen. Es ist eine kleinfrüchtige Züchtung (0,5 bis 1 kg) aus Israel. Das Fleisch ist weisslich bis gelbgrün. Sie schmeckt fruchtig und leicht säuerlich.
 
Tendral-Melone: Die fussballartige, dunkelgrüne Melone hat ein butterfarbiges Fleisch mit hellorangen Kernen. Sie wird 1 bis 2 kg schwer und ähnelt im Geschmack der Honigmelone.
 
Die Zuckermelonen haben eine ganze Portion Inhaltsstoffe aufzuweisen. Die wichtigsten sind Wasser (85,4 g/100 g), Kalium (310 mg/100 g), Gesamtkarotinoide (4,7 mg/100 g!), Vitamin C (30 mg/100 g). Schon 300 g Zuckermelone decken den Tagesbedarf an Vitamin C eines Erwachsenen.
 
Die orangefleischigen Typen sind reichlicher mit Karotinen ausgestattet als die blassen Sorten. Die Honigmelonen sind natürlich zuckerreicher als die Wassermelonen. Sie weisen etwa 12,5 g Glucose, Fructose und Saccharose auf. Die Kalorienzahl ist etwas erhöht (54 kcal = 231 kJ/100 g).
 
Vor der Ernte wird der Zuckergehalt mit einem Spektrometer gemessen, um die Einheitlichkeit einer Lieferung zu garantieren. Man darf, wie Coop berichtete, die Melonen nicht zu früh abschneiden, da sonst der Zuckergehalt geringer ist. Die Charentais-Melonen aus der Provence werden übrigens in den Morgenstunden geerntet.
 
Vielfach verwendbar
Die Zuckermelonen sind vielfach in der Küche verwendbar. Man kann sie entweder roh, mit oder ohne frisch gemahlenen Pfeffer oder zusammen mit Schinken und Bündner Fleisch verzehren oder in Form von Mus, Obstsalat, Beerencocktail, Melonen-Buttermilch, Kaltschale, Sorbet, Marmeladen, Eis und Suppen. Die Franzosen essen Zuckermelonen zusammen mit Johannisbeeren.
 
Auch die Wassermelone ist vielseitig einsetzbar. So kann man eine Melonenbowle aus Zitronen, Orangen, Blütenhonig und Wassermelone oder ein Melonenparfait zaubern. Viele Rezepte sind im Internet aufgeführt (Adressen am Schluss des Artikels).
 
Harntreibend, blutreinigend
Die Melone wirkt harntreibend, blutreinigend und leicht abführend. Sie eignet sich ausgezeichnet in der Reduktionskost, bei Nierenleiden, Gicht, Rheuma und allgemeiner Schwäche. Sie wird gerne gegessen während der Genesungszeit. Auch Fiebernde schätzen Melonensaft mit Zitronensaft und Honig. In China wird die Honigmelone bei Gelbsucht „verordnet“.
 
Argentinische und deutsche Forscher wiesen sogar eine blutverdünnende Wirkung der Honigmelone nach. Die Forscher identifizierten auch den Stoff, der für diesen Effekt verantwortlich ist. Es ist das Adenosin, das auch in Zwiebeln und Knoblauch vorkommt. Auch eine krebsfeindliche Wirkung wurde der Honigmelone zugeschrieben.
 
Achtung! Grössere Mengen Melonen verursachen Bauchschmerzen und Durchfall! Aber wer wird schon so unvernünftig sein (wie der damalige Papst und andere) und kiloweise Melonen verzehren! Auf jeden Fall hatte der Verzehr der Wassermelonenstücke bei der schweisstreibenden Gartenarbeit, wie eingangs bemerkt, einen angenehmen Stuhlgang zur Folge.
 
Ende gut, alles gut.
 
Internet
www.bewusst-einkaufen-gesund-leben.de (Ernährung im Alltag, mit Tipps beim Melonenkauf usw.)
 
Literatur
Krebs, Susanne; Tempelmann Yvonne: „Die Jahreszeiten-Küche: Früchte und Beeren“, Unionsverlag, Zürich 1988.
Scholz, Heinz: „Melone – mehr als ein kalorienarmer Durstlöscher“, „Natürlich“, 1996-05.
Souci, Fachmann, Kraut: „Lebensmitteltabelle für die Praxis“, wvg, Stuttgart 2004.
„Melonen“, Beiträge zur Coop-Zeitung Nr. 29, 21.07.1999.
 
Hinweis auf  weitere Blogs über Obst und Gemüse von Heinz Scholz
Hinweis auf weitere Blogs von Scholz Heinz
Auf Pilzpirsch: Essbare von giftigen Pilzen erkennen
Ein bärenstarkes Museum in Gersbach
Barfuss über die Alpen
Foto-Blog: Auf geht`s zur Hohen Möhr
Foto-Blog: Vom Kleinen Rhein zum Altrhein
Fotoblog über den Schönauer Philosophenweg
Rote Bete (Rande), eines der gesündesten Gemüse
Hermann-Löns-Grab im Wacholderhain
Lüneburger Heide: Salzsau und Heidschnucken
Kutschenmuseum in Wiechs ist ein Schmuckstück
Canna verleihen einen Hauch karibisches Flair
Artenreiche Streuobstwiesen stark gefährdet
Liebe zu den Kräutern in die Wiege gelegt
Eine Hütte mit Fleischsuppe im Namen
Rätsel um die Russenbänke in Präg gelöst