BLOG vom: 05.11.2010
Corporate Identity 3: Mit diesem Zeichen werdet ihr siegen
Autor: Ernst Bohren, Teufenthal AG/CH
„Corporate Design ist der sichtbare Teil der Corporate Identity, das visuelle Erscheinungsbild (die bildliche Umsetzung des Leitbildes) eines Unternehmens, einer Körperschaft oder einer Nation.“
Das einfachste und eingängigste Erscheinungsbild ist das Kreuz, das Zeichen des Christentums, dessen Körperschaft und Glaube der römische Kaiser Konstantin vor gut 1700 Jahren zur Staatsreligion beförderte. Dabei ging es dem Kaiser wohl weniger um die Glaubensfrage, sondern vielmehr um den Ausbau seiner kaiserlichen Macht auf der Basis des „Gottesgnadentums“. Unter dem Zeichen des Kreuzes – gewissermassen das erste länderübergreifenden Logo – haben in der Folgezeit die christlichen Völker des Abendlandes gestritten, gemordet, fremde Kulturen zerstört und immer wieder gesiegt, aber auch manche Niederlagen eingesteckt (zum Beispiel gegen die Türken auf dem Balkan und die Mauren in Spanien ‑ von den unseligen Kreuzzügen ganz zu schweigen).
Das Kreuz ist also das einfachste und am besten memorierbare Logo. Es gibt da allerdings noch ein sehr viel älteres Zeichen: Die Swastika (Sanskrit „Glücksbringer“) ist ein Kreuzsymbol mit abgewinkelten oder gebogenen Armen. Solche Symbole sind in zahlreichen Formen seit etwa 6000 Jahren auf 4 Kontinenten (ausser Australien) nachgewiesen. Die 4 Enden können nach rechts oder links gerichtet, recht-, spitz-, flachwinkelig oder rundgebogen und mit Kreisen, Linien, Punkten oder Ornamenten verbunden sein. Eine einheitliche Bedeutung haben sie nicht. Die Nationalsozialisten übernahmen ein auf der Spitze stehendes, nach rechts gewinkeltes Hakenkreuz als Symbol einer angeblichen arischen Rasse und machten es 1920 zum Parteizeichen der NSDAP und 1935 zum zentralen Bestandteil der Flagge des Deutschen Reichs. In den folgenden 10 Jahren wurden unter diesem Zeichen unsägliche Verbrechen in ganz Europa begangen (wobei auch das Emblem „Hammer und Sichel“ sein Teil dazu beigetragen hat).
Jede Kultur und jede Nation haben ihre ganz speziellen Zeichen als verbindende Symbole. So verstehen Forscher der Fahnengeschichte die Fahnen als Ausdruck von Zivilisation. Sie erwähnen die Symbolik, die Botschaft, die übermittelt wird, die Identität mit Fahnen und das Gefühl der Zusammengehörigkeit, Zeichen der Sammlung. Besonders stark ausgeprägt ist die Identifikation mit ihren nationalen Symbolen bei den US-Amerikanern. Beim Hochziehen der „Stars and Stripes“ und beim Erklingen ihrer Nationalhymne legen sie instinktiv und voller Inbrunst ihre rechte Hand aufs Herz. Aber auch wir Schweizer haben eine enge Beziehung zu unserem Hoheitszeichen.
Übrigens: Das weisse Kreuz im roten Feld als nationales Wappen ist gerade mal 171 Jahre alt. Am 2. September 1839 überstimmte ein Ständemehr eine Ständeminderheit. Die Bundesverfassung von 1848 erwähnte die Schweizer Fahne noch ausdrücklich, während die Verfassung von 1874 nicht mehr daran zu erinnern brauchte, da sie bereits zum Gemeingut geworden war. Ja, es ist schon ein Kreuz mit diesen Kreuzen und all den Symbolen. Aber kommen wir doch jetzt zum Thema Corporate Design in unserer modernen Industrie- und Verbrauchsgesellschaft.
Professionelle Imagepfleger und Corporate-Design-Gestalter wissen da bestens Bescheid. In ihrer Publikation „Corporate Identity“, ein Handbuch mit 5 Fallbeispielen, stellten die Autoren Peter Fenkart und Hansruedi Widmer fest: „Das Corporate Design leitet sich aus dem Inhalt des Unternehmens-Leitbildes ab. Es nimmt die Grundaussagen auf und setzt sie optisch um. Dabei geht es in der Regel nicht nur um die Schaffung eines Signets oder Symbols, sondern vielmehr um die generelle visuelle Anmutung und die typografische Organisation von verbalen Aussagen. So wie sich ein Unternehmen mit seinem Leitbild verbal zu erkennen gibt, so macht es sich mit dem Corporate Design optisch identifizierbar. Schriftzug, Markenzeichen, Farben, Schriftarten und grafische Systeme vermitteln die Grundhaltung, die Identität des Unternehmens. Sie stellen sicher, dass alle optisch wahrnehmbaren Ausdrucksformen (Drucksachen, Werbung, Fahrzeuge, Gebäude, Berufskleider, Dokumentationen, Packungen, Messestände usw.) eine identifizierbare Einheit bilden.“
Vergessen wurden bei dieser Aufzählung der optisch wahrnehmbaren Ausdrucksformen die Produkte und Dienstleistungsangebote sowie ganz allgemein die kulturellen Inhalte der Unternehmen, respektive der Körperschaften. Aber das liegt voll im Zuge unserer Zeit, wo ja bekanntlich die äusseren Merkmale sehr viel mehr zählen als die Inhalte. Schauen wir einmal, nach welchen Kriterien so ein Corporate Design zu entwickeln ist. Konzentrieren wir uns auf das Firmenzeichen – das Logo – und lassen wir nochmals den Fachmann zu Wort kommen: „Fast jedes einprägsame und damit erfolgreiche Corporate Design beruht auf 4 konsequent verwendeten Elementen: Farbe, Typografie, Layout und Schriftzug. (...) Der Schriftzug hat im Gegensatz zum klassischen Signet den Vorteil, dass er immer eine eindeutige Aussage macht: Er nennt den Namen eines Unternehmens. Beim Signet wird meist nur mit Symbolik gearbeitet.“
Daneben gibt es natürlich Ausnahmen von rein symbolhaften Zeichen, die sich wirklich durchgesetzt haben, der Mercedes-Stern oder das Lacoste-Krokodil. Und natürlich die golden Arches von McDonald’s, jener weithin sichtbare gelbe Doppelbogen als Anziehungspunkt für kulinarische Tiefflieger. Die meisten übrigen Signete, die man auf Anhieb wiedererkennt, sind aber bereits eine Mischung von Schriftzug und Signet. Das orange M der Migros, die Kürzel von Grossbanken, von IBM, PTT oder SBB.
Die von den meisten professionellen Logogestaltern verschmähte Farbe orange macht zur Zeit bei der Migros Furore: Das orange M sticht aus allen in Grossbuchstaben kreierten Angebots-Headlines hervor: Marktfrisch – Zuoberst auf dem Menüplan – Die Liebe zur Frische geht durch den Magen, Diese Botschaften mit dem hervorgehobene M gehen durch das Auge direkt in den Bauch. Der Auftritt suggeriert den Konsumenten, dass die Migros immer und in allen Bereichen „ein M besser“ ist.
Die Logo-Profis favorisieren die Farbe Rot. Sie ist eingängig, steht für Liebe, kann aber auch aggressiv wirken. Blau wirkt vornehm, mit Gelb und Rot lockt der weltgrösste Rindfleisch-Vermantscher anspruchslose Esser an seine Theke, Grün ist der Biowelt und allenfalls den Versicherungen vorbehalten. So hat jede Angebotslinie seine Farbe, die man tunlichst nicht ohne Grund wechseln sollte. Ein recht grosses Risiko geht zurzeit McDonald’s mit seinem Wechsel von Rot auf Grün ein. Dazu eine Wikipedia-Information aus dem Internet:-Information aus dem Internet:
„Am 23. November 2009 gab McDonald’s bekannt, dass zumindest in Europa die Firmenfarbe wechseln wird. Das gelbe Logo wird beibehalten, allerdings wird der Hintergrund zukünftig grün statt rot. Als erste Filiale in Deutschland mit neuer Farbgebung eröffnete am 21. November 2009 ein Restaurant auf dem Flughafen München. Die neue Farbgebung soll zunächst nur bei Neueröffnungen angewandt werden, jedoch später auf bestehende Betriebe ausgeweitet werden. Weitere McDonald's-Restaurants in neuer Farbgebung stehen bereits in Dissen bei Osnabrück, in Köln sowie in Dreilinden bei Berlin. Auch in Österreich fand ein Farbwechsel statt, der bereits Ende 2009 abgeschlossen wurde. In der Schweiz eröffnete in Kölliken im Dezember 2009 das erste McDonald’s-Restaurant mit neuer Farbgebung (…).“
Da der Konzern neben der neuen Farbgebung kaum Massnahmen zur umweltfreundlicheren Produktion ergreift, wird diese Retouche als klassisches „Greenwashing“ kritisiert. Beispielsweise ist das Müllaufkommen durch das Einweg-Geschirr weiterhin immens, und auch die angebotenen Produkte werden nicht in ihrer Ökobilanz verbessert.
Eine Todsünde ist es hingegen, wenn ein Firmenlogo ohne zwingenden Grund völlig umgekrempelt wird. Dadurch wird ein grosses Kapital, die Memorierbarkeit des Zeichens, aufgegeben und muss wieder mit grossem Aufwand neu aufgebaut werden. Darum werden wohl die Schöpfer des damaligen Logos von Möbel Pfister keine grosse Freude am heutigen – nicht von ihnen entwickelten ‑ neuen Firmenzeichen haben.
Logos sollten eine lange Lebensdauer haben. Dies gilt zweifelsfrei für den Schriftzug von CocaCola oder die Muschel des Ölmultis Shell. Erfunden wurde das ursprüngliche Getränk Coca-Cola von dem US-Amerikaner John Stith Pemberton (1831‒1888). 1888, kurz vor dem Tod des Erfinders, erwarb der Apothekengrosshändler Asa Griggs Candler für 2300 US-Dollar die gesamten Rechte an Coca-Cola. 1892 gründete er The Coca-Cola Company. Ein Jahr später liess Candler Coca-Cola als Marke schützen und vermarktete sein Produkt schon bald in den gesamten USA und seit 1896 auch im benachbarten Ausland. Der Schriftzug Coca-Cola hat in den vergangenen gut 100 Jahren aber immer wieder subtile Änderungen erfahren – Anpassungen an das jeweils moderne Schriftbild seiner Zeit. Und auch die Jakobsmuschel von Shell wurde stufenweise an das moderne Stilempfinden der Konsumenten herangeführt – vereinfacht und eleganter dargestellt. Der Panther, das Markenzeichen der Automarke Peugeot, hat sich im Laufe der Jahre zum sympathischen exotischen Raubtier entwickelt: Aufrecht und stolz präsentiert er sich heute seinem Besitzer und signalisiert kraftvolle Eleganz.
Zu Beginn eines Referates vor Aarauer Gewerbetreibenden zum Thema äusseres Erscheinungsbild eines Unternehmens bat ich einst die Teilnehmer, das damalige aktuelle Logo der Post frei aus dem Gedächtnis zu zeichnen. Das Ergebnis war ernüchternd: kein Logo hatte auch nur annähernd eine Ähnlichkeit mit dem im Alltag präsentierten Auftritt der Schweizer Post. Das lag wohl weniger daran, dass Gewerbetreibende in der Regel keine künstlerischen Ambitionen haben (unter den Zuhörern waren immerhin 3 Maler und ein Bauzeichner), sondern dass ein Logo mit Ausnahme des Kreuzes nicht auf die Reproduzierfähigkeit durch das Individuum angewiesen ist. Es genügt vollauf, wenn das Firmenzeichen durch seine Memorierbarkeit Wirkung zeigt. Das ideale Firmenzeichen löst beim Betrachter Assoziationen aus: es stellt nahtlos Verbindungen her zu den Angeboten seines Absenders. Was der darauf folgende Test klar bewies: Jedes der vorgelegten Logos wurde auf Anhieb erkannt und mit dem angebotenen Produkt oder Dienstleistung identifiziert.
Noch ein Wort zu der am Ende fast jeder Werbebotschaft platzierten Aussage – in der Sprache der Werber „Claim“ genannt: Mit dem Prädikat „Gut schweizerisch“ stellte sich lange Zeit Möbel Pfister bei seinen Kunden vor. „Ein M besser“ verspricht der orange Riese zurzeit seinen Kunden. Doch manchmal kennt die Einfalt oder Einfallslosigkeit der Werber keine Grenzen „I’m lovin’ it“ behauptet man bei McDonald’s. Den wohl hirnrissigsten Blödsinn aller Zeiten aber liefert der Schlussspruch in der Werbung der Zürich Versicherung „because Chance happenz“ heisst es da mit einem völlig unmotivierten schwungvollen Z am Schluss aus dem „Zürich“-Schriftzug. Es ist zwar ein recht dummer Spruch, aber er fällt auf ‑ und bleibt haften. Und damit erfüllt er den Zweck jedes Werbeauftritts.
Verwendete Quelle: http://de.wikipedia.org/wiki
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