Textatelier
BLOG vom: 19.05.2011

England: Zu den Festtagen der seichten Zeilenschinder

Autor: Emil Baschnonga, Aphoristiker und Schriftsteller, London
 
Die Sommerflaute in den Nachrichten hat in England begonnen. Zuerst war es die königliche Hochzeit, jetzt ist es der Besuch der Königin in Irland, der in den Medien triumphiert.
 
Obendrein frisst die Londoner Olympiade Bandwürmer von Zeilen: Der Vorverkauf der Eintrittskarten hat jetzt schon ein Gerangel ausgelöst, wiewohl der Anlass erst nächstes Jahr stattfindet. 10,8 Mio. Karten seien verfügbar. Erst am 24.06.2011 erfährt das Publikum, ob die bestellten Karten gesichert sind oder nicht. Der Kartenbetrag wird sofort von der Kreditkarte abgezapft: ein perfides Kartenspiel. Ein Wiederverkauf der bestellten Karten ist nicht erlaubt. Viele Leute haben impulsiv zu viele Karten für die verschiedenen Anlässe bestellt und geraten in die finanzielle Klemme, weil sie ihr Budget weit überzogen haben.
 
Der Massensport, vor allem der Fussballrummel, wird ebenfalls von den Medien breitgewalzt und zwar auf Kosten wissenswerter und zuverlässiger Nachrichten aus Afghanistan, Libyen, Ägypten und anderswo, wie etwa derzeit auch aus Yemen. Der Kuhhandel um Fussballspieler läuft auf Hochtouren, verbunden mit allerlei Skandalen in und ausserhalb der Fussballstadien.
 
Apropos Skandale: Dominique Strauss-Kahn, Präsident des IMF (International Monetary Fund) wird des Vergewaltigungsversuchs eines Zimmermädchens im Sofitel Hotel in New York bezichtigt. Er verliess das Hotel fluchtartig, wird berichtet, und wurde kurz vor seinem Abflug nach Paris verhaftet. Seine Kaution von $ 1 Mio. wurde abgelehnt. Eine Zelle statt eines Hotelzimmers wurde ihm eingeräumt (siehe Blog vom 18.05.2011: „ IWF: Das Zimmermädchen und der berühmte Chef-Banker).
 
Entr’acte (Zwischenakt) dank Blaise Pascals „Pensées“
Wie entkommt man dieser elenden Sommerflaute? In meinem Fall stand mir Blaise Pascal im rechten Augenblick zur Seite. Dieser französische Mathematiker und Philosoph (1623‒1662) starb mit 39 Jahren. Diese kurze Spanne Zeit reichte ihm aus, das üble Getriebe auf dieser Welt zu erkennen und in seinen sogenannten „Fragmenten“, eigentlich Aphorismen mit wissenschaftlicher Akribie, zu fassen.
 
Nichts hat sich seither geändert. Pascal ist folglich zeitgemäss geblieben. Der Untertitel seiner „Pensées – „sur la Religion“ hat mich bisher davon abgehalten, mich ihm zu nähern. Doch der Zusatz „et sur quelques autres sujects“ (und einige andere Themen) hat mir endlich den Zugang zu seinem Werk erschlossen.
 
Ich pflücke hier einige seiner erstmals 1670 erschienenen „Fragmente“ (von mir frei verdeutscht) aus der integralen Ausgabe von J. Delmas et Cie.,1960 veröffentlicht, heraus:
 
La tyrannie consiste au désir de domination, universel et hors de son ordre. (Die Tyrannei fusst auf dem Drang zur Herrschaft, universal und ausserhalb der Ordnung.)
 
Mien, tien – ce chien est à moi. C’est ma place au soleil: voilà le commencement et l’image de l’usurpation de toute la terre.(Mein und dein – dieser Hund gehört mir. Das ist mein Platz unter der Sonne: Hier sind der Beginn und das Bild der ungerechtfertigten Besitzergreifung der ganzen Welt.)
 
Il est dangereux de dire au peuple que les lois ne sont pas justes, car il n’y obéit qu’à cause qu’il les crois justes. (Es ist gefährlich, dem Volk zu sagen, dass die Gesetze nicht gerecht sind, denn es gehorcht ihnen nur, weil es glaubt, sie seien gerecht.)
 
Les hommes sont si nécessairement fous, que ce serait être fou, par un autre tour de folie, de n’être fou. (Die Menschen sind so notwendig verrückt, dass es verrückt wäre, durch eine andere Art von Verrücktheit nicht verrückt zu sein.)
 
L’homme n’agit point par la raison, qui fait son être. (Der Mensch handelt keineswegs mit Vernunft, die sein Dasein ausmacht.)
 
Contrariétés. Sagesse infinie et folie de religion. (Gegensätzliches.
Unendliche Sittsamkeit und der religiöse Wahn.)
 
Je mets en fait que si tous les hommes savaient ce qu’ils les uns des autres disent, il n’y aurait pas quatre amis dans le monde. (Ich stütze mich auf die Tatsache: Wüssten die Leute, was sie einander nachsagen, gäbe es keine 4 Freunde auf der Welt.)
*
Und hier ist sein von mir bevorzugtes „pensée“: Le coeur a ses raisons que la raison ne connaît point. (Das Herz hat seine Vernunft, welche die Vernunft nicht kennt.)
 
Ade Sommerflaute! Her mit den Sommersprossen, über Gedanken gesprenkelt!
 
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